Das Ende der Männer: und der Aufstieg der Frauen (German Edition)
hilflos fühle.« Sie schwor sich, dass sie »nie wieder dieses elende kriechende Etwas« sein würde. Wie sie das machte? Sie ging auf eine gewisse Distanz zu ihrer Sexualität. Sex war etwas, das getrennt von ihr war, »etwas, von dem ich Abstand nehmen und das ich in eine Schachtel stecken konnte, damit es mich nie wieder überwältigte. Es hört sich an wie: ›Ich habe verdammt viel zu tun, also kann ich mir keine Besessenheit leisten.‹«
Von da an achtete sie auf jede Verwundbarkeit und merzte sie aus. »Wir haben Sex, Oxytocin wird ausgeschüttet, es entsteht eine Bindung, bla, bla, bla.« Vielleicht kommt es aber auch daher, wie sie erzogen wurde: von einer japanischen Mutter, die sie davon überzeugte, dass sie »eine angenehme Gesellschaft« sein musste und nicht zu viel reden durfte, wenn sie mit Männern zusammen war. »Du hast immer diese kleine Stimme im Kopf, die sagt: ›Das ist nicht damenhaft. Das ist nicht normal. Brave Mädchen tun das nicht, brave Mädchen bitten nicht um eine Gehaltserhöhung.‹ Aber dann tut es plötzlich einen Schlag. PENG ! Schlag es kaputt. ›Ein braves Mädchen fragt einen Mann nicht, ob er mit ihr ausgeht.‹ PENG ! Mach dich frei davon. Und dann ist es weg.«
Nach der katastrophalen Verlobung mit dem Mann, der aussah wie Timberlake, ging Sabrina auf Nummer sicher. Sie suchte sich einen Mann, bei dem es sexuell weniger funkte, aber das Verhältnis freundschaftlicher war, und nach einem Jahr verlobten sie sich. Eines Tages, mit achtundzwanzig, saßen sie nebeneinander im Flugzeug, als es in massive Turbulenzen geriet. Als das Flugzeug durchgeschüttelt wurde, sagte sie sich: »Ich lebe nicht das Leben, das ich leben will. Ich bin nicht mit dem Mann zusammen, mit dem ich zusammen sein will. Ich bin mit einem Mann verlobt, mit dem ich nicht verlobt sein will.« Sie arbeitete damals schon seit mehreren Jahren für Banken, war auf der ganzen Welt herumgereist und schon Dutzende Male in Turbulenzen geraten. Diesmal jedoch waren sie so stark, dass sie Todesangst bekam. Und sie dachte an das schöne Leben, das sie mit ihrem Verlobten haben würde. Sie stellte sich vor, wie sie in einem Haus in Darien, Connecticut, in der Küche stand und kochte, während zu ihren Füßen Kinder herumkrabbelten, und sie hatte das Gefühl, dass ein Flugzeugabsturz vielleicht besser wäre. Das Flugzeug landete unversehrt, und kurz darauf löste Sabrina zum zweiten Mal ihre Verlobung. Wer zweimal vor dem Altar flieht, wird auf dem Heiratsmarkt zum Äquivalent einer Person, die eine Nahtoderfahrung gehabt und das Licht am Ende des Tunnels gesehen hat. Mit anderen Worten, sie hat die innere Freiheit, die Jagd nach dem Einen aufzugeben, und wenn ihr danach ist, kann sie einem hübschen Jungen nachts um elf selbst eine SMS schreiben, dass er sich zum Teufel scheren soll.
Aber stimmt das auch? Als ich Sabrina ein paar Tage später wieder traf, war sie in einer anderen Stimmung und dachte mehr daran, was sie vom Leben wollte. Der Freund aus der wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät (den ich bei der Party getroffen hatte) hatte einen Durchbruch bei ihr bewirkt. Er hatte vor dem Wirtschaftsstudium fast zehn Jahre in Thailand gelebt, und dieser Teil seiner sexuellen Geschichte hatte Sabrina in der Beziehung Angst gemacht. In Thailand war in ihrer Vorstellung Sex so allgegenwärtig, »also ob man zu Burger King geht. ›Einen Blowjob bitte und eine Eiermassage zum Nachtisch.‹« Nach der Trennung hatte sie sich gefragt, inwiefern seine Einstellung zu Sex etwas mit ihrer zu tun hatte und ob eine bestimmte Art von billigem Sex die Fähigkeit zu echter Intimität zerstört.
Ihre zweite Inspiration kam von einer älteren Frau in einer Investmentbank, wo sie einmal gearbeitet hatte, und die sie als ihre Mentorin betrachtete. Sie und die Frau saßen eines Nachmittags in einer Pause zwischen den Börsengeschäften in der Bank zusammen vor dem Computer, suchten nach Handtaschen und plauderten über ihre Familien – die Familien, aus denen sie stammten, denn die Frau war noch nicht verheiratet, obwohl sie schon in den Vierzigern war. Sabrina vergötterte diese Frau, eine ungemein erfolgreiche Traderin, die vor erotischem Kapital strotzte. »Sie ist elegant und charmant und hat eine weiche, volle Stimme«, sagt Sabrina. Als die beiden am Computer saßen, kam ein junger Trader herüber und stellte eine Frage über ein Wertpapier, das in der Bank bereits besprochen worden war. »Ihre Augen wurden ganz hart«,
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