Das Ende der Männer: und der Aufstieg der Frauen (German Edition)
erinnert sich Sabrina. »Es war fast, als ob sie eine andere Farbe bekommen hätten. Ihre Stimme wurde scharf und fast hässlich. ›Hören Sie auf, meine Zeit zu verschwenden‹, sagte sie zu dem jungen Mann. ›Wir haben das schon besprochen.‹« Dann wandte sie sich mir zu, wurde wieder ganz weich und plauderte weiter!«
In letzter Zeit macht sich Sabrina immer wieder Gedanken über diesen abrupten Persönlichkeitswechsel und über die Gefahren, die damit verbunden sind, wenn man so flexibel und geschmeidig ist, dass man sich gar nicht mehr auf etwas Festes und Berechenbares einlässt. Wer in Sekundenschnelle von zickig auf verführerisch umschalten und sein erotisches Kapital wie eine Schauspielerin auf der Bühne an- und ausknipsen kann, »weiß vielleicht nicht mehr, wann er mit dem Schauspielern aufhören muss. Und das kann nicht gut für eine Beziehung sein.« Wegen dieser Erkenntnis entschied sie sich, dass sie doch nicht mehr genau wie ihre Mentorin sein wollte, wenn das bedeutete, dass sie mit vierzig immer noch alleine wäre.
Theoretisch ist eine 27- oder 28-jährige Frau ohne Kinder heute in einer optimalen Situation. Sie ist, im Durchschnitt, besser ausgebildet als die Männer in ihrer Umgebung, und sie verdient mehr Geld. Sie ist weniger eingeschränkt durch sexuelle Tabus als zu irgendeinem anderen Zeitpunkt der Geschichte. Niemand aus ihrer Schicht verurteilt sie, weil sie noch keine Mutter ist; tatsächlich würde sie vielleicht sogar bedauert, wenn sie eine wäre. Im Jahr 2011 untersuchte der Psychologe Roy Baumeister, ob eine größere Gleichheit der Geschlechter mit weniger restriktiven Sexualnormen einhergeht. Die in 36 Ländern vorgenommene Studie bewies, dass dies der Fall war. Mehr Sex bedeutet ein feministischer gesinntes Land. Oder wie es die Autoren der 2010 erschienenen Studie Sex at Dawn: The Prehistoric Origins of Modern Sexuality formulierten: »Gesellschaften, in denen Frauen ein hohes Maß an Autonomie und Autorität genießen, sind tendenziell viel frauenfreundlicher, entspannter, toleranter und enorm sexy.« Mehr Macht! Mehr Sex! Was könnte besser sein? Hört sich an wie eine fleischgewordene Fantasie von Erica Jong! Ein neues Amazonenreich auf weichem Schaumstoff statt auf dem Dschungelboden!
Und dennoch sind die Memoiren solcher extrem erfolgreichen Single-Frauen keineswegs triumphal. Am Ende kommen sie zum selben Schluss wie Sabrina: »Mit siebenundzwanzig plus sind wir nicht wirklich alt, aber sagt das verdammt noch mal unseren Uterussen (oder Uterunen oder Uteri)«, schreibt Helena Andrews in Bitch Is the New Black. »Sagt es unseren Müttern, die so dringend Enkel wollen, dass sie jeden Hauch von dreckigen Windeln in der Nachtluft riechen können … Sagt es unseren Herzen, die es so müde sind, gebrochen zu werden, dass sie lieber gebrochen bleiben, als für einen neuen, noch schlimmeren Bruch geheilt zu werden. Ich sage euch, es ist hart – irgendwie.«
Warum ist es so hart, wenn es so gut sein sollte? Es ist nicht die übliche Geschichte von Frauen, die Männern ausgeliefert sind. Heutzutage wird das Problem auf dem Beziehungsmarkt nicht mehr durch die uralte Schwäche der Frauen verursacht, sondern durch ihre neue Dominanz. In einer Welt, in der die Frauen besser ausgebildet sind als die Männer und schon in den Zwanzigern mehr verdienen als sie, wird die Partnersuche kompliziert. Die Männer sind in zwei Gruppen gespalten: die (kleinere) der von den Frauen so genannten Player und die (viel größere) der Loser. Und die Frauen kämpfen um die knappe Beute. Player sind sehr gefragt und schwer zu kriegen. Verlierer sind nicht so begehrt. Aber weder die einen noch die anderen haben es eilig, eine Familie zu gründen.
Auf dem Beziehungsmarkt wirkt erotisches Kapital ein wenig anders als im Geschäftsleben. Die Sexualität einer Frau hat einen sozialen Wert, und sie tauscht sie gegen andere Dinge, die sie haben will. Früher war dieser Tausch ziemlich offensichtlich. Frauen tauschten Sex gegen Sicherheit und Geld und vielleicht sogar gegen sozialen und politischen Einfluss. Weil sie auf andere Weise kaum Zugang zu diesen Dingen bekamen, war es wichtig, den Preis für Sex so hoch zu halten, dass sie etwas zum Handeln hatten. Heute brauchen die Frauen die Männer nicht mehr als Garanten von finanzieller Sicherheit und sozialem Einfluss. Sie können diese Dinge selbst erreichen. Also haben sie keinen starken Anreiz mehr, den Preis für Sex hoch zu halten. Deshalb ist Sex
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