Das Ende der Männer: und der Aufstieg der Frauen (German Edition)
arme alleinerziehende Mütter gibt.
Bei den Eliten jedoch bewirkt die wachsende wirtschaftliche Macht der Frau genau das Gegenteil. Seit den 1970er Jahren ist es bei Personen mit Hochschulabschluss viel wahrscheinlicher, dass sie ihre Ehe als »glücklich« oder »sehr glücklich« bewerten; Scheidungen sind nur noch halb so häufig, und uneheliche Geburten kommen so gut wie gar nicht mehr vor. Die Ehe ist in Amerika zu einem weiteren Privileg der Oberschicht geworden, geschlossene Wohnanlage der zwischenmenschlichen Beziehungen oder »Privatspielplatz derjenigen, die ohnehin schon mit Reichtum gesegnet sind«, wie es der Soziologe Brad Wilcox formuliert, der an der University of Virginia das National Marriage Project leitet.
Wie kam es zu dieser Entwicklung? Mit der Zerschlagung des alten Modells, das in vieler Hinsicht auf der wirtschaftlichen Überlegenheit des Mannes beruhte. In Lucys Ära hatte eine Frau noch keine andere Wahl, als einen Mann aus einer höheren Schicht zu heiraten; anders konnte sie nicht aufsteigen. Sylvia Plath liefert in Die Glasglocke ein denkwürdiges Porträt dieser privilegierten Männerjägerinnen: »Sie hingen einfach in New York herum und warteten darauf, dass irgendein Karrieremann sie heiratete«, und sie »machten dabei einen schrecklich gelangweilten Eindruck«. Weiter schreibt Plath: »Solche Mädchen machen mich krank.« Heute, da Frauen selbst Karriere machen können, haben sie das Warten und die Langeweile und die Ausstrahlung von Abhängigkeit nicht mehr nötig, die eine frei denkende Frau krank machen. Sie brauchen nicht mehr einen Mann, um vorwärtszukommen, also können sie sich einen suchen, mit dem sie wirklich zusammen sein wollen. Und ist das nicht ohnehin eine reinere Form von Liebe?
Als ich mich Ende der 1990er Jahre verlobte, hatte ich eine vage Vorstellung von einer gleichberechtigten Ehe im Kopf. Ich hatte eines Nachmittags beobachtet, wie mein künftiger Ehemann für seine Eltern auf eine sehr kompetente Art ein paar finanzielle Dinge erledigte, und weiß noch, dass ich erleichtert war, diese unangenehme Aufgabe ihm aufladen zu können. Ich hatte auch gesehen, wie er mit den Kindern von Freunden spielte; auch das hatte ihm offenbar gefallen. Wir waren beide Journalisten und hatten etwa gleich viel Erfolg im Beruf, und ich nahm an, dass das so bleiben würde.
Dies war an sich schon eine ziemlich radikale Vision der Ehe. Meine Mutter hatte nur sporadisch gearbeitet, als ich ein Kind war, und erst eine eigene Karriere angefangen, als ich aufs College ging. Und mein Vater hatte wie die meisten Väter, die ich kannte, jeden Tag gearbeitet. Trotzdem nahm ich an, dass mein Mann und ich beide arbeiten, beide die Kinder aufziehen und schließlich beide in einen glücklichen Ruhestand gehen würden. Ich bin keine besonders genaue Planerin, aber wenn Sie mich nach einem genauen Verhältnis zwischen uns gefragt hätten, hätte ich gesagt, was die meisten Frauen meiner Generation im Sinn hatten: fifty-fifty, mit seinen tröstlichen Beiklängen von Harmonie zwischen Yin und Yang und feministisch inspirierter Gleichberechtigung.
Das neue Ehemodell der Elite macht sogar diese einfache Gleichung obsolet. Das vorherrschende Arrangement von heute ist eine Gleichung, die sich ständig verschiebt: 60 zu 40 oder 80 zu 20 oder 90 zu 10. Ich bezeichne dieses Modell, in dem jede Seite der Gleichung jederzeit von einem der beiden Partner eingenommen werden kann, als »Ehe mit wechselnden Rollen«. Ein Mann kann arbeiten, um seine Frau während des Studiums zu unterstützen, und dann kann sie übernehmen und als erstklassige Anwältin die Brötchen verdienen. Eine Frau kann ihrem Mann mit der Karriere voraus sein und dann beschließen, kürzerzutreten und für die Kinder zu sorgen. Laut der Ehehistorikerin Stephanie Coontz funktionieren diese neuen bürgerlichen Ehen, weil in ihnen »die Geschlechterrollen sehr viel weniger rigide sind«. Beide Ehepartner können für jeden beliebigen Zeitraum der Ehe die Rolle des Ernährers übernehmen.
In den 15 Jahren meiner Ehe habe ich immer mehr Familien kennengelernt, in denen die Frau wenigstens eine Zeitlang die Rolle des Haupternährers gespielt hat. Einigen Ehepaaren fällt dieser Rollentausch offenbar ganz leicht, etwa wenn die Frau der geborene Workaholic und der Mann zum Beispiel ein begeisterter Hobbytrainer im Sportverein ist oder die Kinder gern von der Schule abholt. Eine Frau in unserem Kindergarten kann gar nicht aufhören, mit
Weitere Kostenlose Bücher