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Das Ende der Männer: und der Aufstieg der Frauen (German Edition)

Das Ende der Männer: und der Aufstieg der Frauen (German Edition)

Titel: Das Ende der Männer: und der Aufstieg der Frauen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hanna Rosin
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sie sich unterwerfen.
    Von allen Tagen im Jahr sollte der Sonntag mit dem Super-Bowl-Finale der National Football League der Tag sein, an dem das Macho-Ideal in Film und Fernsehen am meisten gefeiert wird. Die Männer in den Werbespots während der Übertragung sollten Bälle werfen und mit Motorrädern rasen und überhaupt alles tun, was Männer gerne tun würden, wenn sie nicht von Frauen daran gehindert würden. Stattdessen kam 2010 ein Werbespot heraus, der für mich ein perfekter Ausdruck des modernen Zustands der Geschlechterbeziehungen ist: Vier Männer starren in die Kamera, sie lächeln nicht, und sie bewegen sich nicht, wenn man von einem gelegentlichen Blinzeln absieht. Sie sehen aus, als wären sie mit Psychopharmaka ruhiggestellt und könnten sich kaum noch aufrecht halten. Ihre Lippen bewegen sich nicht, aber eine Stimme im Off erklärt ihr bitteres Schicksal: Sie sind durch die Forderungen nervtötender Arbeitgeber, rabiater Umweltfaschisten und ihrer eigenen Frauen domestiziert worden. Besonders durch die der Frauen: »Ich mache die Klobrille herunter, ich trenne den Müll, ich trage deinen Lippenbalsam.« Das letzte Versprechen wird mit einer winzigen Spur von Empörung vorgebracht, der einzige Hinweis auf die Wut des Unterdrückten auf seine Domina. Dann erscheint plötzlich ein Fantasiebild: Ein Dodge Charger rast mit kernigem Motorengeräusch auf die Kamera zu, und kantige Großbuchstaben verkünden MAN ’S LAST STAND (»Das letzte Gefecht des Mannes«). Doch das Motto ist nicht überzeugend. Nach all der männlichen Stummheit und Passivität kann es eigentlich nur eine Frau sein, die – mit glänzenden Lippen – am Steuer des monströsen Gefährts sitzt.
    David Godsall meint, dass er sich »der neuen Weltordnung ziemlich gut anpasst«. Der Neunundzwanzigjährige aus Vancouver ist einer von den Typen im Blauen Anton, die »in dieser neuen Volkswirtschaft nur noch gedemütigt und gefickt werden«, weil sie sich nicht umstellen und aufs College gehen und einen neuen Beruf lernen können. David hat einen Magisterabschluss und einen Job als Redakteur eines Stadtmagazins von Vancouver. Er besitzt eine Wohnung, die er mit seiner festen Freundin teilt, und eine Küche voll schicker Haushaltsgeräte. Er hat ein Auto in der Garage und ist stolzer Besitzer eines Bullmastiffs. Doch die ständige Anhäufung von Annehmlichkeiten hat bei ihm nur zu der Erkenntnis geführt, dass er sich schrecklich unbehaglich fühlt.
    Im Augenblick verdient seine Freundin Clare mehr als er. Nicht sehr viel mehr, nur etwa 15 000 Dollar im Jahr. Außerdem muss sie nach dem Studium ganz schön hohe Kredite abzahlen, während er über ein bescheidenes Familienerbe verfügt. Auch ist ihm sehr bewusst, dass sich die Balance durchaus in die andere Richtung verschieben könnte, sobald sie eine Familie gründen und Kinder bekommen. Trotzdem ist der Unterschied so groß, dass er ihn beunruhigend findet. Er schrieb mir Folgendes: »Als eine Generation gebildeter urbaner Männer, die nie eine Welt kannten, in der sie nicht von ihren weiblichen Standesgenossen in fast jeder denkbaren Kategorie übertroffen wurden, befinden wir uns mitten in einem langen, unsicheren Prozess, in dem eine neue Männlichkeit ausgehandelt wird. Geld spielt bei diesem Prozess ganz unvermeidlich eine Rolle, selbst bei denen von uns, die sich über den Erfolg ihrer Partnerin wirklich freuen.«
    Vorstellungen wie die vom »Familienoberhaupt« oder von der »väterlichen Autorität« sind David absolut gleichgültig. Er findet den Begriff »Brotverdiener« komisch und meint, die Vorstellung von einem einzigen »Ernährer« höre sich sehr nach »Morning Train« von Sheena Easton an. Clare ist eine begeisterte Feministin der zweiten Welle, die ganz ernsthaft in jedem Büro die Zahl der weiblichen leitenden Angestellten zählt, und David ist damit völlig einverstanden. Er findet, dass mächtige weiße Leithengste im Anzug wie Jack Donaghy in der Serie 30 Rock oder der Boss in der Serie Das Büro als Menschen nur unter vielen Schichten von Ironie und Selbstparodie existieren. Und doch kann er sich offenbar nicht gestatten, einfach auf die andere Seite zu wechseln, wo Geschlechterrollen austauschbar sind und es nicht darauf ankommt, wer die Hosen anhat. Wenn er nachmittags auf dem Spielplatz an einem glücklichen Vater vorbeikommt, schaudert es ihn. »Ja, er verursacht mir Unbehagen«, gesteht David. »Es spielt keine Rolle, wie linksliberal-progressiv wir (als

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