Das Ende der Männer: und der Aufstieg der Frauen (German Edition)
während er durch die Stadt streift und sein altes Selbst als Bohemien wiederbelebt.
»Begreifst du nicht, was ich sagen will? … Es ist dein Wesen, das hier unter die Räder kommt. Es ist das, was du bist und was bei dieser Art von Leben immer wieder unterdrückt wird …
Du bist das Kostbarste und Wundervollste, was es auf dieser Welt gibt. Du bist ein Mann.«
Doch die Welt war noch nicht bereit für diese neue Definition des von seinen familiären Pflichten befreiten Mannes. April stellt fest, dass sie schwanger ist, und der Plan wird von einem ganzen Chor männlicher Bedenkenträger vereitelt, die über eine solche Geschlechterrevolte hell empört sind. Franks Nachbar: »Was für eine schwachsinnige Idee ist das, von wegen sie will für den Lebensunterhalt aufkommen? Ich meine, welcher Mann wäre fähig, so etwas zu akzeptieren?« Sein Kollege: »Ich kann nicht glauben, dass du einfach so in Straßencafés rumlungerst, während deine Gnädigste in der Botschaft oder wo immer zugange ist.« Und derselbe Nachbar stellte sich vor, dass die hübsche April Wheeler »in dem Jahrzehnt, in dem sie für ihre Familie die Brötchen verdient hatte, dick und plump geworden war«.
Weder in den 1960er noch in den 1970er Jahren wurde eine friedliche Lösung für die Ängste des männlichen Familienernährers aus der Oberschicht gefunden. Stattdessen fiel die Ehe den hemmungslosen, sexuell aufgeladenen Geschlechterkriegen jener Ära zum Opfer. Das damals neue Herrenmagazin Playboy empfahl den Männern, den häuslichen Raum wieder ihren eigenen Bedürfnissen dienstbar zu machen: Legen Sie eine stimmungsvolle Musik auf, und laden Sie eine Frau ein – für eine Nacht, nicht als ständige Mitbewohnerin. Für Frauen wurde inzwischen die Ehe mit all ihren Begleiterscheinungen zum Feind, zu der Barriere, die ihnen Erfüllung und Fortschritt verwehrte. Das Schlimmste, was eine Frau sein konnte, war eine von ihrem patriarchalischen Ehemann versklavte Hausfrau. »Prostituierte verkaufen ihren Körper nicht, sie vermieten ihn«, schrieb die feministische Aktivistin Flo Kennedy in ihrem Buch Color me Flo. Das Statement wurde von der feministischen Zeitschrift Ms. aufgegriffen: »Hausfrauen verkaufen ihren Körper, wenn sie heiraten«, hieß es dort. In einer Podiumsdiskussion, die in dem Dokumentarfilm Town Bloody Hall dokumentiert ist, machten sich Germaine Greer und ihre feministischen Anhängerinnen über eine Kultur lustig, in der der Mann glaubt, dass »Frauen von einem blitzsauberen Boden einen Orgasmus kriegen«. Die Veranstaltung endete damit, dass drei Frauen übereinander herfielen und auf der Bühne herumknutschten. Die Aktion sollte vielleicht Norman Mailer ärgern und erregen, der ebenfalls mit auf dem Podium saß, oder es handelte sich wirklich um einen historischen Moment der Lesbenbewegung. Auf jeden Fall aber lautete die Botschaft, dass die traditionelle Ehe auf den Müllhaufen der Geschichte gehörte.
In den späten 1960er Jahren begann die US -amerikanische Scheidungsrate zu steigen und explodierte dann förmlich in den 1970er und frühen 1980er Jahren, als praktisch alle amerikanischen Bundesstaaten das Schuldprinzip abschafften. Sie erreichte 1981 mit 5,3 Scheidungen auf 1000 Personen ihren Höhepunkt. In dieser Ära bin ich aufgewachsen, und die Auflösung und Neubildung von Paaren gehörte zur Musik meiner Kindheit. Meine beste Freundin Brandi wohnte ein paar Straßen weiter im höchsten Gebäude meines Mittelschichtviertels in Queens. Zu dem Gebäude gehörte ein Swimmingpool, an dem sich die Geschiedenen aus dem Viertel trafen. Brandis Mutter war einen Sommer lang eine nachlässig gekleidete Mama mit ungepflegter Frisur und im nächsten Sommer eine Sexbombe mit schwarzen Haaren und einem Bikini, die auch noch plötzlich Raven hieß. Roberts Vater tauchte eines Tages ohne Ehefrau, aber mit glänzenden Nägeln und einem Sportwagen auf. Im folgenden Sommer kam er mit Raven. Ich wusste nicht, was für traumatische Ereignisse sich unter der Oberfläche abspielten. Meine Eltern waren genauso alt wie die Scheidungseltern meiner Klassenkameraden, aber sie waren aus Israel immigriert, also funktionierten sie eher im Modus der 1950er Jahre. Für mich hatte der ganze Scheidungstrubel den Glanz, dass er amerikanisch war; vielleicht bin ich eifersüchtig gewesen.
Was blieb, als die Scheidungsflut ihren Höhepunkt überschritten hatte, war die von Soziologen so genannte »Divorce Divide« (»Scheidungslücke«). Die
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