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Das Ende der Privatsphäre: Der Weg in die Überwachungsgesellschaft

Das Ende der Privatsphäre: Der Weg in die Überwachungsgesellschaft

Titel: Das Ende der Privatsphäre: Der Weg in die Überwachungsgesellschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Schaar
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Datenverarbeitungssystemen und -programmen und datenverarbeitende Stellen ihr Datenschutzkonzept sowie ihre technischen Einrichtungen durch unabhängige und zugelassene Gutachter prüfen und bewerten lassen sowie das Ergebnis der Prüfung veröffentlichen.«
     
    Diese Bestimmung kann jedoch erst in Kraft treten, wenn die »näheren Anforderungen an die Prüfung und Bewertung, das Verfahren sowie die Auswahl und Zulassung der Gutachter« durch ein besonderes Gesetz geregelt sind. Dieses »Auditgesetz« gibt es immer noch nicht, und das Bundesministerium des Innern hat über Jahre hinweg jegliche ernsthafte Gesetzgebungsaktivität in dieser Hinsicht unterlassen.
    Seit einigen Jahren beschreiten die meisten US-amerikanischen Bundesstaaten einen anderen Weg, um datenschutzkonformes Verhalten wirtschaftlich durchzusetzen. Dort müssen Unternehmen den Betroffenen mitteilen, wenn ihre Daten – etwa durch Hacking-Attacken – kompromittiert wurden. Diese Informationsverpflichtung motiviert die Unternehmen zu erheblichen Anstrengungen, Datenschutzverletzungen vorzubeugen. Auch in Deutschland könnte ein entsprechender Ansatz die traditionellen europäischen Verfahren zur Gewährleistung des Datenschutzes – Verbot, Erlaubnis und Kontrolle – ergänzen.
    Bei alledem darf aber nicht übersehen werden, dass es auch bei der Informationsverarbeitung Marktversagen gibt, also der Markt eben nicht in allen Bereichen die wünschenswerten Ergebnisse bringt. Deshalb kann auch eine marktorientierte Strategie nur aufgehen, wenn der Staat seinen Schutzpflichten nachkommt und entsprechende Vorgaben gegenüber der datenverarbeitenden Wirtschaft konsequent durchsetzt. Dies ist in den letzten Jahren leider nur sehr unvollkommen geschehen.
    Wenn der Staat hier weiter in Untätigkeit verharrt, werden sich die negativen Seiten der Datenverarbeitung noch verstärken. Davon betroffen werden vor allem diejenigen Menschen sein, die ohnehin weniger Chancen haben, ihre Interessen durchzusetzen. Dies gilt hinsichtlich verschiedener Aspekte, von der regional, altersmäßig und sozial ungleichen Versorgung mit Zugangs- und Nutzungsmöglichkeiten bei elektronischen Diensten (»digitale Spaltung«) bis hin zur Diskreditierung und Ausgrenzung einzelner Personen oder ganzer sozialer Gruppen. So ist es vielleicht noch nicht erschreckend, dass man in bestimmten Stadtteilen eine Versandhausbestellung nur noch gegen Vorkasse erhält. Aber dabei wird es nicht bleiben: Handyverträge werden von einigen Anbietern bereits jetzt nicht mehr abgeschlossen, wenn man die »falsche« Adresse hat – also in einem schlecht beleumundeten Stadtviertel lebt -, und es ist zu befürchten, dass private Versorgungsunternehmen – etwa Strom- und Gasanbieter – nur noch gegen Vorkasse liefern werden, wenn der Kunde einen schlechten Scoring-Wert hat. Wie bei der visuellen Rundumüberwachung ist uns Großbritannien auch hier um einige Jahre voraus, denn dort sind »Prepaid«-Modelle für sozial Schwache bereits weitgehend Realität. Die deutsche Politik muss sich die Frage stellen, ob dieser Weg wirklich weiter beschritten werden soll.

4.1 Geheimste Wünsche aufgedeckt – Werbung und Marketing
     
    »Bald wissen wir alles über die Kunden. Was Kunden kaufen, wann sie es kaufen und wo, was sie in ihrer Freizeit tun, wie sie leben – all das wird in wenigen Jahren offenliegen. Die Technologien dafür sind da, in den nächsten Jahren werden sie gebündelt und damit einen Strom von unbekannter Breite erzeugen: Rechnen Sie mit einer exponentiellen Vermehrung des Wissens über Ihre Kunden – und machen Sie sich das zunutze, bevor es Ihre Wettbewerber tun.« 49
    Personenbezogene Daten sind von zunehmender wirtschaftlicher Bedeutung. Immer mehr Geschäftsprozesse werden mittels personenbezogener Daten gesteuert, und unter dem Motto »Know Your Customer« streben Unternehmen nach umfassender Kenntnis der Lebensumstände, Vorlieben und der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit ihrer aktuellen und potenziellen Kunden. Moderne Marketingstrategien basieren darauf, den Massenmarkt wieder zu individualisieren, also aus der großen Zahl der Marktteilnehmer die jeweils interessantesten herauszufischen und sie individuell anzusprechen. Dieses individualisierte Marketing bietet zugleich die Basis für personalisierte Dienste, die sich entsprechend den persönlichen Wünschen des Kunden ausgestalten lassen.
    So wirbt ein größeres Marketingunternehmen mit den Möglichkeiten, die sich aus dem

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