Das Ende der Sterne wie Big Hig sie kannte
nannte ihn den Roten Riesen. Ich brauche einen Gabelschlüssel, sagte er, Viertelzoll. Kannst du deinen Hintern bewegen und mir einen aus dem Roten Riesen holen? Bitte. Das Scharren kam aus dem Schrank, der von der Wand abgerückt stand. Bangleys Stahlkappenstiefel ragte dahinter heraus. Daneben lag sein Granatwerfer, der, an dem er gearbeitet hatte.
Er war von verkrustetem, geronnenem Blut bedeckt. Als hätte jemand einen Eimer davon über seiner unteren Körperhälfte ausgekippt. Seine Augen waren fast zugeschwollen, weiße Überreste aus getrocknetem Schaum oder Erbrochenem zogen sich von seinem Mund über sein Gesicht, das auf einem Arm ruhte. Sein linkes Bein war in einem seltsamen Winkel verdreht. Er lag auf seinem Lieblingsgewehr, dem M 4 , die blutverschmierte linke Hand am Abzug.
Ein Krächzen kam über seine aufgesprungenen Lippen. Die Worte nur ein Hauch von einem Flüstern.
Verdammter Hig.
Mehr nicht. Und dann hob er die Hand, steif wie eine Klaue, und berührte meinen Bart.
*
Es stand auf der Kippe, zwei Wochen lang. Noch länger. Wenn er sterben würde, dann an Blutverlust und Austrocknung. Aber er starb nicht. Der zähe alte Mistkerl. Cima wollte ihn möglichst wenig bewegen. Bettete ihn aufs Sofa. Sie versorgte und schiente sein durch einen Oberschenkeldurchschuss gebrochenes Bein. Sie säuberte und vernähte das Loch in seiner Seite, wo eine Rippe gebrochen und der Magen nur knapp verfehlt worden war. Nachmittags wurde es im Hangar heiß, aber bei geöffneten Toren war es erträglich, außerdem wehte der Wind durch das Loch in der Westwand. Erst nach vier Tagen erkannte er mein Gesicht wieder, für Sekunden. Den Rest der Zeit verbrachte er in einer Art Koma. Cima flößte ihm mit einer Bratenspritze Wasser und Sprite ein. Am sechsten Tag war sie gerade dabei zu spritzen, als er die Augen aufschlug und sie entgeistert anstarrte.
Mrs. Hig, sagte er.
Sie erzählte, dass sie zu lachen anfing. Etwas in seinem Gesicht, im Gesicht eines Halbtoten. Sie sagte, es wäre eine Herausforderung gewesen, eine Aufforderung zum Widerspruch, voll Selbstbewusstsein und Humor.
Für Sie immer noch: Dr. Hig, sagte sie. Sie sagte, er habe den Blickkontakt eine ganze Weile halten können, knapp genickt, bevor er wieder eingeschlafen sei.
*
Pops entspannte sich täglich mehr. Ich nahm ihn im Biest mit und zeigte ihm meine Patrouillenstrecke. Ich wies ihn auf die Besonderheiten der Landschaft hin wie ein Fremdenführer. Ich fand ein zweites Headset und erklärte, während wir flogen. Der Turm, der Fluss, die Entfernungen, die er selbst einschätzen konnte. Die steile Uferböschung, die unseren Burggraben bildete, die einzige Furt, die Schlafböschung. Der Fünfzigkilometerradius, in dem ich die Straßen kontrollierte. Die Familien.
Als wir sie überflogen, kamen sie aus dem Garten gerannt, aus den Häusern und Schuppen, ein zittriges, lumpiges Willkommen, ein frohes Winken. Die Kinder hopsten auf und ab. Ich zählte sie: sieben. Eines fehlte, ich wusste nicht, welches. Ich zog eine Schleife, winkte, hielt den Zeigefinger hoch: Komme gleich wieder.
Cima sagte, Bangley müsse eigentlich auf eine Intensivstation und rund um die Uhr bewacht werden. Wir wechselten uns ab. Da war etwas an ihr, sie hatte so eine Art. Während der Woche am Flughafen war es gewachsen und aufgeblüht, es hatte in der Schlucht Winterschlaf gehalten, und nun in der Sonne kam es heraus, und es schien sich sehr wohl zu fühlen hier. Es war schwer zu erklären.
In der Rolle der Ärztin fand sie zu ihrer Souveränität zurück, strahlte eine mühelose Kompetenz aus, die kein Überlegen brauchte, eine aus eigener Kraft erworbene Nützlichkeit, die sie in meinen Augen größer wirken ließ. Ich weiß auch nicht, hochgewachsener, breitschultriger, wie ein Planet mit gesteigerter Schwerkraft. Aber das erklärt es nur teilweise. Beobachten Sie mal, wenn jemand sein Fachgebiet betritt; er wird augenblicklich ein Stückchen größer. Ich liebe das. Aber es war auch noch was anderes. Bei der Ankunft auf diesem halb zerstörten Flughafen in der Prärie, der so anders war als jeder Ort, an dem sie bislang gelebt hatte, ganz sicher anders als New York, als die Gebirge und Hochebenen ihrer Kindheit – bei unserer Ankunft war es, als hätte sie sich lange Zeit auf diesen Moment vorbereitet. Sozusagen unbewusst. Ich weiß auch nicht. So kam es mir vor. Als ob ein Teil von ihr sich entspannen würde, als ob sie sich häuten würde. Eine alte Hülle
Weitere Kostenlose Bücher