Das Ende der Unschuld: Roman (German Edition)
Auto setzt, und konnte es kaum glauben, als sie das getan hat.
Das war schon ein Ding, sie da zu sehen, direkt neben sich.
Er versuchte, sie zu küssen. Immer wieder. Am Ende hat sie es zugelassen, und er hat sie sogar angefasst, eine Minute, zwei Minuten. Ich stelle mir vor, wie er nach ihr grapscht, nach Dustys sauberer, keuscher Reinheit. Würde sie für ihn auftauen, loslassen?
Nein, nein, das konnte alles nicht sein. Ich weiß nicht, warum, aber ich konnte mir das nicht vorstellen. Dustys Augen glasig vor Verlangen, vor Hingabe. Ich konnte es mir einfach nicht vorstellen, nicht so.
»Es war, als hätte sie mir eine Chance gegeben«, sagt er. »Um mal zu sehen, was ich daraus mache.«
Er sieht mich an, traurig und hilflos. »Aber ich wusste nicht, was … ich habe nicht … ich habe versucht …«
Ich stelle es mir so vor: er gibt sich entsetzliche Mühe, sein Mund auf ihr, an ihrer Wange, ihrem Mundwinkel, ihrem Hals. Wie er versucht, sie in Stimmung zu bringen, dieses Verlangen zu teilen, ihr zu zeigen, was es bedeutet, und was es anrichten kann.
Wie konnte er bloß denken, er könnte das tun? Wie konnte er glauben, er könnte sie anfassen, er hätte genug Fingerspitzengefühl in diesen unbeholfenen Grapschhänden?
Bobby sieht zu dem Fenster hoch, an meinem halb aufgelösten Pferdeschwanz vorbei, und ihm bricht die Stimme.
»Ich hätte nie gedacht, dass sie rauskommt.«
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14.
D en Kopf voller Gedanken an Bobby Thornhills Sehnsüchte schleiche ich mich durch die Verandatür ins Haus. Es ist stockdunkel in der Küche, ich rutsche mit meinen nackten Füßen fast auf dem Linoleum aus und stolpere, spüre etwas Weiches, als würde ich in einen Berg Wäsche fallen, es ist aber keine Wäsche, und dann blitzen auf einmal Brillengläser auf, und es ist Dr. Aiken, das Hemd aus der Hose, der mich auffängt, in unserer Küche.
Ich kann mit der Hand vorm Mund gerade noch einen Schrei unterdrücken.
»Lizzie«, flüstert er ziemlich laut, und hält meine zitternden Arme fest, damit ich nicht umfalle.
»Ich kenne Sie gar nicht«, sage ich. Ich kann seine Augen hinter den blitzenden Brillengläsern nicht erkennen.
»Ich bin ein Freund von deiner Mutter. Ich wollte gerade gehen.«
Da wird das Flurlicht eingeschaltet, und meine Mutter kommt um die Ecke und bindet sich den Morgenmantel zu.
»Lizzie«, zischt sie und sieht erst zur offenen Verandatür, dann auf meine grasverschmierten Füße.
»Lizzie, was hast du da draußen zu suchen?« Sie packt mich grob am Handgelenk. »Warst du draußen? Ganz alleine, nach allem, was passiert ist?«
Dieser eiserne Griff um mein Handgelenk, was glaubt sie eigentlich, ich hebe das Kinn und kann mich nicht beherrschen. »Ich kann ja wohl machen, was ich will«, brülle ich, »tust du doch auch.«
Unvermittelt gibt sie mir eine Ohrfeige, und sie brennt.
»Diane«, sagt Dr. Aiken und streckt die Hand aus, »sie war gar nicht draußen. Ich habe die Tür aufgemacht. Sie muss mich gehört haben und ist heruntergekommen. Wir haben uns beide erschreckt.«
Ich sehe ihn an, meine Wange brennt, ich sehe ihn an, höre, wie er mir die blütenweiße Haut rettet, aber ich sehe nur das Licht auf seiner Brille blitzen und sage nichts.
Beim Frühstück würde meine Mutter mir am liebsten über die Wange streicheln, das sehe ich ihr an. Ted ist schon los zu seinem Ferienjob auf dem Golfplatz, und so sind wir nur zu zweit. Wir haben nicht weiter darüber geredet, und ich habe tief und fest geschlafen und bin davon aufgewacht, dass sie telefonierte, in einem anklagenden Flüstern, einmal wurde sie lauter und sagte: »Ich weiß nicht, was ich sagen soll. Ich weiß nicht, was ich sagen soll.«
Ich kratze ungerührt das Schwarze von meinem Toast. Sie versucht, ein Gespräch anzufangen. Ihre Sätze klingen gezwungen, beschämt, und eigentlich sagt sie gar nichts.
Sie wirkt unsicher, und ihre Hände zittern, und die ganze Kribbeligkeit, die sie nach seinen Besuchen sonst immer ausstrahlt, ist weg. Sie ist weg, das sieht man ihr an. Sie klopft mit den Knöcheln auf die Zeitung und seufzt, wischt mit einem Lappen hier und dort ein wenig herum und macht sich geräuschvoll in der ganzen Küche zu schaffen.
Und geht endlich auch zur Arbeit.
Ich spaziere durchs Haus, bleibe in der Tür zum Zimmer meiner Mutter stehen. Ich gehe nicht hinein, ich kann einfach nicht, aber ich sehe, dass das Bett nicht gemacht ist, und ich kann die Restwärme in den Decken fast spüren.
Denkt sie, dass ihr
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