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Das Ende der Welt (German Edition)

Das Ende der Welt (German Edition)

Titel: Das Ende der Welt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Höra
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Senatorinnentöchter, die ständig miteinander flüsterten und anschließend grundlos lachten. Alle außer Leela waren dick geschminkt und trugen Sonnensymbole auf ihren Kleidern.
    Als es losging, schärfte Leela uns Wachen ein: »Ich will, dass ihr Abstand haltet und unauffällig seid. Ihr seid so peinlich, und ich will nicht, dass jeder denkt, ihr würdet zu mir gehören.«
    Sie verriet uns nicht, wohin es ging, nur ein »Ihr werdet schon sehen« war ihr zu entlocken. Wir folgten den Mädchen, doch nach ein paar Metern blieb Leela stehen, stemmte die Hände in die Hüften und sah uns tadelnd an.
    »Ihr kapiert es nicht, oder?«
    Leelas Freundinnen kicherten erwartungsvoll.
    »Das nennt ihr unauffällig? Jeder sieht doch, dass ihr uns verfolgt, ihr Trottel.«
    Sie hakte sich bei einer Freundin ein und marschierte weiter. Wir blickten uns an und eilten hinterher. Hin und wieder drehte sich Leela zu uns um, dann sahen wir in alle möglichen Richtungen und taten, als würden wir ganz zufällig hinter den Mädchen herlaufen. Die machten sich einen Spaß daraus und riefen, wir würden sie grundlos verfolgen und was wir denn von ihnen wollten. Ein paar Zefs blieben stehen und sahen uns böse nach. Im Gewühl auf der Prachtstraße wurde es immer schwieriger, die Mädchen im Auge zu behalten, aber mittlerweile konnte ich mir denken, wohin sie wollte: »Trigger Starr!«, sagte ich zu den Kameraden und zeigte auf ein Plakat, auf dem eine Frau in einem Kampfanzug, mit vor der Brust gekreuzten Sprengstoffgürteln, kurz geschorenem Haar und einer Sonnenmaske vor dem Gesicht abgebildet war.
    Oran stöhnte: »Verdammt, muss das sein? Ich dachte, das wurde wegen Terrorwarnungen abgesagt.«
    »Sie haben Angst vor Ausschreitungen ihrer Anhänger«, antwortete ich.
    Wir Soldaten hassten Trigger Starr. Sie war die berühmteste und berüchtigtste Sängerin des Landes. Sie sang gegen Krieg und Gewalt und vor allem gegen die Armee.
    Nicht wenige von uns hätten sie am liebsten von der Bühne geschossen. Doch hätte ihr Tod einen Aufstand bedeutet. Sie hatte zu viele Anhänger. Dabei war Trigger keine normale Frau. Sie tanzte mit abgehackten Bewegungen wie eine Sterbende und fuchtelte dabei mit einer Kalaschnikow herum. Das Merkwürdigste aber war das Geheimnis, das sie um ihr Gesicht machte. Niemand hatte sie je ohne ihre Maske gesehen. Angeblich sollte sie unsere Sehnsucht nach der Sonne symbolisieren, aber nicht wenige meinten, dass Trigger Starrs Gesicht von Säure zerfressen war als Folge eines Anschlages. Wie auch immer, sie war die reine Pest.
    Jetzt war mitten auf der Prachtstraße eine gigantische Bühne aufgebaut, vor der sich die Zefs drängelten. Bald verloren wir Leela und ihre Freundinnen aus den Augen. In dem Gewühl verschwanden sie wie Frösche in einem Tümpel. Oran schubste eine Schwangere weg, die ihm die Sicht versperrte.
    »Wir müssen näher an die Bühne«, schlug ich vor, »da werden sie irgendwo sein.« Wir kämpften uns durch die Menschen, wobei wir jede Menge Hiebe austeilten. Ich sah mich um und entdeckte Leela und die anderen auf einer der roh gezimmerten Tribünen, die für die Senatsbürger vorbehalten war. Gerade als wir uns zu ihnen durchdrängeln wollten, erloschen die Lichter, und es wurde schlagartig finster. Ich tastete nach meiner Pistole, da explodierte auf der Bühne ein greller Blitz, und es krachte, als hätte sich jemand in die Luft gesprengt. Wie aus dem Nichts erschien Trigger Starr, und ein stampfender, monotoner Rhythmus, der mich an Maschinengewehrfeuer erinnerte, brach los.
    Trigger Starr stand reglos inmitten dieses aufgewühlten Meeres aus Licht und Tönen und beobachtete ihr Publikum. Die abgehackte Musik wurde immer lauter, ich spürte jeden Ton in meiner Magengrube. Als Trigger anfing zu singen, verstand ich kaum ein Wort. Es war eher ein Gurgeln, Flüstern, Schnüffeln, Krächzen. Nach dem ersten Lied begann sie, die Armee zu beleidigen und Cato als Kriegstreiber darzustellen. Oran brüllte los, wie auch andere Kameraden, und drohte Trigger mit den Fäusten. Da erschien ein Trupp Soldaten auf der Bühne. Wir jubelten, nahmen wir doch an, dass sie Trigger festnehmen wollten. Doch plötzlich drehten sich die Uniformierten auf der Bühne um und zeigten uns ihre nackten Ärsche. Es waren Trigger Starrs Tänzer. Das Publikum fing an sich zu prügeln. Gegenstände flogen durch die Luft, Schüsse fielen, Leute schrien und krabbelten übereinander, wie Schaben in einer Kartoffelkiste. Ich

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