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Das Ende der Welt (German Edition)

Das Ende der Welt (German Edition)

Titel: Das Ende der Welt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Höra
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wofür das war?«, fragte er drohend. Ich konnte es mir denken.
    »Leela ist etwas ganz Besonderes«, sagte er. »Und wenn du sie noch einmal aus den Augen lässt, ersäufe ich dich im Fluss.«
    Dann packte er mich am Kragen und schleifte mich auf meinen Posten vor Leelas Tür. »Wage ja nicht, dich hier wegzubewegen«, schärfte er mir noch ein, ehe er verschwand.
    Meine Magengrube dröhnte, und ich hing wie ein ausgewrungener Lappen auf meinem Hocker, als sich zaghaft die Tür öffnete und Leela erschien.
    »Was war denn das für ein Lärm?«, fragte sie nicht unfreundlich.
    Gerade wollte ich ihr antworten, da verdüsterte sich ihr Gesicht. »Du bist ja schon wieder betrunken?«, sagte sie angewidert und knallte die Tür hinter sich zu. Ich atmete tief durch, doch es wurde nicht besser.
    Für den Rest des Tages bekam ich sie nicht mehr zu sehen, dafür tauchte am späten Nachmittag Wolf mit meinem Essen und einer Neuigkeit auf. »Amandus hat hohen Besuch.«
    Ich wurde hellhörig. »Was meinst du?«, fragte ich.
    Er zuckte mit den Schultern. »Sie tun alle ganz geheimnisvoll. Amandus hat sich mit den Besuchern in seinem Arbeitszimmer eingeschlossen.«
    Sobald Wolf wieder verschwunden war, eilte ich zu Amandus’ Arbeitszimmer, das mit der um die Ecke des Flurs liegenden Schreibstube durch eine Tür verbunden und um diese Zeit leer war. Erst einmal musste ich jedoch an den Wachen vor Amandus’ Tür vorbei. Ich grüßte sie im Vorbeigehen und murmelte etwas von einem Botengang für Leela, worauf sie mich nicht weiter beachteten. Vor der Schreibstube blieb ich einen Moment lauschend stehen, bevor ich langsam die Tür öffnete und hineinschlüpfte. Durch die Verbindungstür waren leise Stimmen aus Amandus’ Zimmer zu hören. Ich presste mein Ohr gegen das Holz und hörte die Stimmen laut und deutlich, als sei ich mit im Raum.
    »Gut, dann sind wir uns einig«, sagte Amandus gerade.
    »Wir werden die Friedensverträge gleich nach der Verlobung meiner Tochter unterzeichnen.«
    »Einverstanden!«, sagte eine Stimme mit fremdländischem Akzent. Stühle wurden gerückt.
    »Im Interesse unserer Völker werden wir …«, sagte ein dritter Mann, dann klappte eine Tür und verschluckte den Rest des Satzes. Mein Herz pochte so wild, dass ich mir einbildete, jeder im Haus müsste es hören können. Bislang hatte ich nicht recht glauben wollen, dass Amandus ein Verräter war, jetzt wusste ich es besser. Er hatte uns an unsere Feinde ausgeliefert. Ich musste so schnell wie möglich Sönn und Cato Bericht erstatten.
    Anstatt auf meinen Posten zurückzukehren, verließ ich das Haus durch ein Fenster im Erdgeschoss und rannte den ganzen Weg zur Kaserne, wo ich dem Wachhabenden atemlos klarzumachen versuchte, dass ich Sönn sprechen müsse. Der Mann – ein altgedienter Soldat – wies mich zurecht: »Du kannst hier nicht einfach so angestürmt kommen und Kapitän Sönn verlangen.«
    »Es ist wichtig«, schrie ich. »Sönn wird dich in die Mangel nehmen, wenn du mich nicht durchlässt.«
    »Verdammte Jugend«, brummelte er. »Bildet sich ein, die ganze Welt würde sich um sie drehen.« Er kurbelte schwerfällig an der Sprechanlage und fragte nach Sönn.
    Der Kerl ekelte mich an, seine Dummheit, seine Langsamkeit. Du begreifst nicht, was auf dem Spiel steht, alter Mann, dachte ich. So wie du will ich nie werden. Lieber jung sterben, im Kampf, und zur Legende werden wie die Kameraden, deren Geschichten wir uns erzählten.
    Doch wie sollte das funktionieren, wenn ich schon an diesem lahmarschigen Alten scheiterte. Ich horchte in mich hinein und konnte förmlich Sönns Stimme hören: »Wenn ihr auf euch allein gestellt seid, seid ihr euer eigener Befehlshaber.«
    Also lief ich los, kletterte über die Absperrung und rannte geduckt über den Hof.
    »Stehen bleiben!«, schrie der Alte hinter mir her, doch da hatte ich schon das erste Gebäude erreicht. Sirenen jaulten los, während ich die Treppen hinaufhastete und immer wieder Sönns Namen rief. Türen flogen auf, erschrockene Gesichter starrten mich an. Dann erwischten mich zwei bullige Wachleute, die mir fast die Knochen brachen und mich mit auf den Rücken gedrehten Armen in einen Raum schleppten und an einen Stuhl ketteten. »Ich muss sofort Sönn sprechen. Es ist wichtig«, schrie ich, doch sie glotzten mich nur an. »Ihr habt zusammen so viel Verstand wie ein ausgeblasenes Ei. Sönn wird euch in die Minen schicken«, drohte ich ihnen, doch die beiden standen nur da wie Statuen. Erst

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