Das Ende der Welt (German Edition)
als Sönn erschien und sie rausschickte, wurden sie lebendig.
Ich atmete auf und erwartete, dass Sönn meine Fesseln lösen würde, doch stattdessen schlug er mir mit dem Handrücken hart ins Gesicht und herrschte mich an: »Was hast du dir dabei gedacht, hier rumzuschreien? Die Sache ist streng geheim und du benimmst dich wie ein Anfänger.«
»Ich …«, begann ich und brach ab, weil ich mich schämte. Sönn hatte recht.
»Also, was gibt es?«, fragte er nun ruhiger, während er mir die Fesseln abnahm.
Ich rieb mir die Wange und erstattete Sönn einen kurzen Bericht, wobei er unruhig im Zimmer hin und her lief.
»Gut!«, sagte er knapp, als ich geendet hatte, und winkte mir, ihm zu folgen. »Wir werden zu Cato gehen, und du wirst ihm erzählen, was du gehört hast.«
Auf dem Weg zum Tor ließ er Prüm rufen, der auch gleich erschien und mich ausdruckslos ansah, als wäre ich ein Stein. Wieso muss der jetzt mit, fragte ich mich, aber Sönn würde schon wissen, warum.
Ein Jeep brachte uns zu dem von MG-Schützen bewachten Senatsgebäude, dessen Mauern rissig und von Schimmel überwuchert waren. Sönn ließ uns bei Cato melden, dann warteten wir im Sicherheitsbereich.
Ich sah mich um. Senatoren eilten durch die weiten Flure oder standen in kleinen Gruppen zusammen und redeten lautstark. Senatsdiener schoben Aktenwagen durch die Gänge. Dazwischen schwerbewaffnete Soldaten, Handwerker mit Farbeimern, Sekretäre, die Aktenberge auf ihren Armen balancierten. Selbst in dieser geschäftigen Umgebung fiel Cato auf, als er uns freudestrahlend entgegenkam. Er hob die Arme und rief fröhlich: »Was habt ihr mitgebracht, Kinder?«
Ich wollte ihm am liebsten alles sofort erzählen, aber Sönn brachte mich zum Schweigen.
»Vielleicht gehen wir in mein Büro«, schlug Cato vor.
Auf dem Weg dahin wurden wir immer wieder aufgehalten. Senatoren klopften ihm auf die Schulter oder sprachen ihn an. Cato strahlte und bedachte jeden mit ein paar Worten. Ich platzte fast vor Stolz, so vertraut mit ihm zu sein.
Prüm musste draußen auf der Bank vor Catos Büro warten, während ich drinnen meine Geschichte erzählen durfte, die ich ein bisschen ausschmückte und gefährlicher machte. Cato saß vor mir auf dem Schreibtisch und ließ ein Bein in der Luft baumeln.
Ich redete hastig, und als ich geendet hatte, rief er: »Donnerwetter! So ein Teufelskerl.«
Es hätte nicht viel gefehlt und ich wäre vor lauter Stolz aus dem Fenster geschwebt.
»Habe ich dir nicht gesagt, dass Kjell der richtige Mann für diese Aufgabe ist?«, wandte er sich begeistert an Sönn und ließ sich von mir immer wieder die Einzelheiten erzählen.
»Wir müssen sofort handeln«, unterbrach uns Sönn und schickte mich raus. Ich war enttäuscht, schließlich war ich es, der den Verrat aufgedeckt hatte. Ich hatte gehofft, Sönn und Cato würden mich in ihre Pläne einweihen, da ich doch ihr wichtigster Mann in Amandus’ Haus war.
Prüm grinste mich blöde an, als ich mich neben ihn setzte. Ich beachtete ihn nicht und hing meinen Gedanken nach. Ich war wütend, nicht nur auf Amandus, auch auf mich selbst. Wie hatte ich mich so von ihm täuschen lassen können? Dabei hätte ich es wissen müssen. Alle verstellen sich, vor allem die Älteren.
Ein paar junge Sekretärinnen gingen schwatzend vorüber und lenkten mich ab. Prüm spuckte aus. »Du bist zu lange bei Amandus«, sagte er verächtlich. »Stehst schon auf ihre Weiber.«
»Tue ich nicht«, sagte ich und war kurz davor, Prüm von Amandus’ Verrat zu erzählen.
»Vor allem die Senatsbürger sind rückgratlose Schwätzer, denen man nicht trauen kann«, sagte ich stattdessen.
Prüm lächelte. »Aber diese Leela hat’s dir angetan, stimmt’s?«
»Ich kann dieses verwöhnte Kind nicht ausstehen«, rief ich. »Ich hoffe, der verdammte Donard prügelt sie jeden Tag ordentlich durch.«
Prüm lächelte ungerührt weiter. Am liebsten hätte ich ihm sein blödes Grinsen aus dem Gesicht geschlagen.
Ausgerechnet Leela! Gut, sie hat wache Augen, dachte ich. Leuchtend und neugierig, ganz anders als die Mädchen, die ich kannte.
»Sie ist pures Gift«, sagte ich zu Prüm. »Auch wenn sie hübsch ist, sie ist vorlaut und eigenwillig, außerdem …« Ich brach ab, denn in diesem Moment kamen Sönn und Cato heraus.
»Wir haben Reger benachrichtigt«, sagte Sönn zu mir. »Er glaubt, dass du einen dringenden Sonderauftrag für uns ausführen musstest. Schließlich bist du immer noch ein Schwarzer Jäger.« Er
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