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Das Ende der Welt (German Edition)

Das Ende der Welt (German Edition)

Titel: Das Ende der Welt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Höra
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da weitergehen? Darauf wussten wir keine Antwort.
    »Cato wird sich nicht lange halten«, sagte ich.
    »Aha«, sagte Roger zweifelnd und brachte es auf den Punkt. Ich wusste gar nichts! Ich wusste nur, dass mein Leben in eine Schieflage geraten war und die Bahn immer rutschiger wurde.
    »Ihr könnt hierbleiben!«, sagte Roger. »Aber ich kann euch nicht lange durchfüttern. Ich bekomme doch nur eine Ration Lebensmittel zugeteilt. Ich kann zwar im Laden anschreiben lassen, aber das muss ich alles bezahlen. Habt ihr denn Geld?«
    Wir schüttelten die Köpfe.
    »Ihr könnt euch natürlich von Schnecken oder Maulwürfen ernähren, aber dazu müsst ihr rausgehen, und dann sehen euch die anderen.«
    »Können wir nicht in der Fabrik arbeiten?«, schlug Leela vor. Roger lachte. Ich sah sie erstaunt an.
    »Wir sehen doch schon aus wie Zefs«, fuhr Leela unbeirrt fort.
    »Vergiss es«, sagte ich. »Selbst wenn uns niemand erkennen würde, wir haben keine Erlaubnis, keine Papiere. Man kann nicht einfach in die Fabrik gehen und nach Arbeit fragen.«
    »Das stimmt«, sagte Roger. »Die Fabrik und die Siedlung gehören dem Herrn Direktor und der entscheidet, wer bei ihm arbeiten und wohnen darf. Und wenn man in eine andere Fabrik wechseln will, dann muss der Direktor das erlauben und man braucht ein Schreiben vom neuen Direktor und der zahlt eine Ablösesumme an den alten Direktor. Vorher muss man aber den Verwalter bezahlen, damit man überhaupt zum Direktor vorgelassen wird.«
    Mir schwirrte der Kopf von Rogers Gefasel.
    »Aber es muss doch einen Weg geben«, beharrte Leela.
    Roger saß in Gedanken versunken da, obwohl ich bezweifelte, dass er überhaupt in der Lage war, ernsthaft nachzudenken. Doch nach einer Weile sagte er: »Es gibt vielleicht eine Möglichkeit. Ihr müsst beim Verwalter behaupten, dass ihr aus dem Grenzgebiet stammt und dass eure Siedlung von feindlichen Soldaten überfallen wurde. Solche Flüchtlinge tauchen hier manchmal auf. Die haben alles verloren und auch keine Papiere mehr. Und wenn der Verwalter Arbeiter braucht, dann drückt er ein Auge zu und nimmt sie auf. Und gerade in der vergangenen Woche ist eine Familie abgehauen.«
    »Das klingt gut«, sagte Leela. »Wir müssen uns andere Namen zulegen«, sprudelte sie los. »Wir sind Bruder und Schwester und kommen aus den östlichen Provinzen.«
    »Und die Soldaten haben eure Familie totgeschlagen«, schlug Roger begeistert vor. »Eure Mutter, euren Vater, euren Bruder, eure Schwester, euren Hund, eure …«
    »Ist gut, es reicht«, riefen Leela und ich im Chor.
    »Du könntest dich als Junge verkleiden«, schlug Roger Leela ernsthaft vor.
    »Und Kjell als Mädchen«, sagte sie, worauf beide lachten.
    »Wie wäre es, wenn du dich als Mädchen verkleiden würdest«, schlug ich Leela vor. Darüber lachte sie nicht mehr.
    »Du könntest dir ein Bein hochbinden und so tun als wärst du einbeinig«, sagte Roger zu mir.
    »Oder ich schneide mir den Kopf ab«, schlug ich vor. »Dann erkennt mich wenigstens keiner.«
    »Aber dann wärst du ja tot«, rief Roger entrüstet.

21
    Am nächsten Morgen, als Roger arbeiten gegangen war, durchstöberte Leela die Schränke. Alles, was sie zutage förderte, waren Rogers löchrige Sachen. »Es gibt hier nichts Persönliches«, sagte sie enttäuscht.
    »Was sollen die Zefs auch damit? Soldaten besitzen auch nichts Persönliches.«
    »Nur das hier«, sagte sie und legte eine klobige Brille mit dicken Gläsern auf den Tisch. »Setz die mal auf«, forderte sie mich auf.
    »Wozu?«, fragte ich. »Damit du was zu lachen hast?«
    »Quatsch!«, erwiderte sie. »Zur Tarnung.«
    Ich drehte die Brille hin und her.
    »Die ist bestimmt von Rogers Vater«, sagte Leela.
    Ich schmiss sie auf den Tisch. »Ich setz doch nicht die Brille eines Toten auf. Mach du das doch.«
    »Wenn es dich beruhigt«, sagte sie und setzte sich das Gestell auf die Nase.
    »Du könntest dich jetzt eigentlich als meine Mutter ausgeben«, schlug ich vor.
    Zur Strafe setzte sie mir die Brille auf, und sofort verschwamm die Welt dahinter. Nach einer Weile bekam ich Kopfschmerzen, und meine Augen tränten.
    »Ich kann da nicht durchgucken«, beklagte ich mich. »Wie soll ich damit arbeiten? Ich würde überall gegenrennen.«
    »Du wirst dich dran gewöhnen«, sagte Leela achselzuckend und drückte mir meine speckige Zefmütze auf den Kopf. »Perfekt«, sagte sie, nachdem sie ihr Werk begutachtet hatte.
    Dann langweilten wir uns und spielten ein Kinderspiel, das wir

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