Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Ende der Welt (German Edition)

Das Ende der Welt (German Edition)

Titel: Das Ende der Welt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Höra
Vom Netzwerk:
Schornsteinen quoll schwarzer Rauch, der auf den Gebäuden schmierige Flecken hinterließ. Roger hatte uns erklärt, was sie dort herstellten, aber ich hatte nicht genau zugehört.
    Roger hatte uns erzählt, dass der Besitzer nur hin und wieder da war, um nach dem Rechten zu sehen, und dass sein Verwalter, ein Mann namens Maras, die Fabrik beaufsichtigte.
    Als die Arbeiter verschwunden waren, näherten wir uns der Fabrik. Zwei Wachleute sahen uns misstrauisch entgegen. Ihr riesiger Schäferhund bellte und riss an seiner Kette, als er uns sah.
    »Aus!«, schrie einer und schlug dem Tier mit einem Riemen quer über die Schnauze. Der Hund winselte und legte sich auf die Erde. »Was wollt ihr?«, knurrte der Mann und nahm seinen Knüppel drohend in beide Hände.
    »Wir wollen zu Maras«, sagte ich.
    »Seid ihr angemeldet?«
    »Nein«, sagte ich. »Wir wollen ihn sprechen.«
    Die beiden Männer lachten.
    »Was glaubst du, Vierauge? Dass jedes dahergelaufene Lumpenpack Maras sprechen darf?« Sie lachten böse.
    »Verschwindet, sonst hetze ich den Hund auf euch.«
    Ich ballte die Fäuste und atmete tief durch.
    »Wenn ihr uns nicht zu Maras lasst, könntet ihr Ärger bekommen«, mischte sich Leela ein.
    Die beiden Hohlköpfe sahen sie überrascht an.
    »Warum?«, knurrte einer.
    »Weil er uns braucht«, sagte Leela, als wäre es das Normalste auf der Welt.
    »Wir sind Flüchtlinge und suchen Arbeit. Wenn er uns gebrauchen kann und ihr uns einfach wegschickt, könntet ihr jede Menge Ärger kriegen. Und wenn er uns nicht gebrauchen kann, könnt ihr immer noch euren Hund auf uns hetzen.« Sie lächelte die beiden entwaffnend an. Wieder einmal musste ich mich über Leelas Dreistigkeit wundern, doch ihre Worte wirkten. Die beiden wanden sich zwar noch ein bisschen, doch dann sagte der eine: »Gut, wir bringen euch zu ihm. Aber wenn er euch nicht haben will, gibt’s was auf die Fresse.«
    »Und nicht zu knapp«, fügte der andere hinzu.
    Sie brachten uns in ein kleines Backsteinhäuschen. »Los, rein mit euch«, brummte der eine und schubste mich vorwärts. Als ich mich beschwerte, drohte er mir mit seinem Knüppel.
    Wir mussten auf einer Bank in einem engen Flur warten, von dem mehrere Türen abzweigten. Während der eine Wachmann in einem Zimmer verschwand, ließ uns der andere nicht aus den Augen. Kurz darauf schaute ein älterer Mann heraus und musterte uns stumm. Ich wusste sofort, dass es Maras war. Er erinnerte mich an einen schrumpeligen Apfel. In sein Gesicht waren tiefe Furchen gekerbt. Maras hatte eisengraues Haar, das glatt wie ein Helm auf seinem Kopf lag, und einen grauen Vollbart, der mit schwarzen Streifen durchzogen war. Seine buschigen Augenbrauen bewegten sich auf und ab, als wären sie lebendig. Er winkte uns in sein Büro.
    Als wir vor ihm standen, sagte er seufzend, als wären wir unartige Kinder: »Was soll ich nur mit euch tun? Ständig kommen solche armen Schweine wie ihr und wollen Arbeit.«
    Maras wirkte harmlos, aber da lauerte etwas Hinterhältiges unter der freundlichen Oberfläche. Auf dem Tisch standen Reste eines Essens, wir mussten ihn beim Frühstück gestört haben. Mir lief das Wasser im Mund zusammen.
    »Ihr seid also Flüchtlinge?«, fragte Maras und betonte jedes Wort, als würde er es bezweifeln. Wir bejahten, und Leela erzählte, dass wir nach einem Überfall auf unsere Siedlung geflohen wären, weil wir dachten, im Westen sei es sicherer.
    »In der Tat«, sagte Maras grinsend. »Hier gibt es keine Kämpfe.« Er machte eine Pause und sah aus dem Fenster. »Papiere habt ihr also keine«, sagte er, mehr zu sich selbst. Wir nickten erneut.
    »Aha!« Maras lehnte sich zufrieden in seinem Stuhl zurück, als hätte er etwas Wichtiges herausgefunden.
    »Und als was habt ihr dort gearbeitet?«
    Ich gab mich als ehemaliger Wachmann und Leela sich als Schreibkraft aus.
    »Hm«, machte Maras und kämmte sich mit den Fingern durch den Bart. »Du siehst doch kaum was mit deiner Brille. Was hast du denn bewacht? Blinde?« Er lachte lauthals, und auch seine beiden Schergen stimmten mit ein.
    »Wie auch immer, einen Wachmann kann ich nicht gebrauchen«, sagte er bedauernd und verzog das Gesicht, als täte es ihm leid.
    »Und eine Schreibkraft …«, er hob die Hände, »… auch nicht.«
    Wir rechneten damit, jeden Moment wieder vor dem Tor zu stehen, da sagte er: »Aber ich kann einen Hilfsarbeiter gebrauchen und eine Wäscherin.«
    Leela und ich sahen uns an. »Wir nehmen jede Arbeit an«, sagte

Weitere Kostenlose Bücher