Das Ende der Welt (German Edition)
durch.«
»Hm!«, machte Leela wieder.
»Lass uns ein wenig schlafen«, schlug ich vor. »Wir werden unsere Kräfte brauchen.«
Irgendwann schreckte ich hoch, weil mir etwas Schleimiges über das Gesicht kroch. Angewidert wischte ich es weg und hörte es leise ins Wasser plumpsen.
Neben Burger bin ich der meistgesuchte Mensch in diesem Land, und früher oder später werden sie uns schnappen, grübelte ich. Bislang haben wir einfach Glück gehabt. Wir werden nach Norden ziehen, zu den freien Inseln. Und da werden wir die Sonne sehen.
27
»Ihr müsst noch einen oder zwei Tage warten, dann brechen die Soldaten die Suche nach euch ab. Das ist sicherer«, beschwor uns Roger, nachdem er uns mit Essen und neuen Kerzen versorgt hatte. Wir stöhnten. Die Aussicht, noch länger in diesem Loch festzusitzen, gefiel uns gar nicht. Aber er hatte recht.
Nachdem wir zwei Tage ungeduldig gewartet hatten, vertröstete uns Roger auf einen weiteren. »Sie suchen immer noch nach euch«, sagte er. »Es ist jetzt zu gefährlich.«
Am Morgen des vierten Tages war es endlich so weit.
Roger hatte einen Rucksack mit Essen, Decken, Kerzen und Streichhölzern für uns gepackt. Wir schlichen die Treppe hinauf und kauerten uns auf die erste Stufe, um zu sehen, ob die Luft rein war. Es war noch dunkel, die Luft roch feucht und frisch. Leela und ich atmeten nach der Zeit im muffigen Keller tief durch.
In der Siedlung war niemand zu sehen, nicht mal Soldaten. »Da hinüber«, sagte Roger und dirigierte uns hinter einen großen Ginsterstrauch.
»Wir müssen noch einen Augenblick hier warten«, flüsterte er.
»Worauf denn?«, flüsterte ich zurück.
Roger druckste herum. »Bertha will sich noch von euch verabschieden.«
Wir erschraken. »Warum das denn?«, riefen Leela und ich wie aus einem Mund.
»Sie will euch Glück wünschen«, sagte Roger. »Sie macht sich Sorgen um euch.«
»Sag ihr, danke für alles«, sagte Leela. »Aber wir haben keine Zeit dafür.«
»Sie besteht darauf«, beharrte Roger. »Wenn sie sich nicht verabschieden kann, ist sie beleidigt.«
Ich seufzte. »Also gut.«
»Lass uns abhauen«, beschwor mich Leela, als Roger gegangen war, um Bertha zu holen. »Ich habe kein gutes Gefühl.«
»Ich auch nicht«, sagte ich, doch gerade als wir uns davonmachen wollten, erschien Roger mit Bertha.
»Ihr Armen«, rief Bertha und drückte uns an ihren mächtigen Busen.
»Ja, ja«, sagten wir unruhig. »Wir müssen jetzt los.«
»Moment noch«, widersprach Bertha und spähte zum Gemeindehaus, während sie uns weiterhin umarmt hielt. Gerade als ich mich vorsichtig aus ihrer Umarmung lösen wollte, sah ich einen Jeep den Weg in die Siedlung heranpreschen.
Leela und ich erstarrten: Auf dem Beifahrersitz saß Donard. Er schrie uns etwas zu, das wir auf die Entfernung nicht verstanden.
Bertha nutzte unsere Verwirrung und krallte sich in meine Haare.
»Ich habe ihn. Ich habe den Verbrecher gefangen«, kreischte sie und trat mit ihren Arbeitsschuhen nach mir. Leela schlug auf Bertha ein und versuchte, ihr mit dem Finger ins Auge zu stechen.
Roger stand aufgeregt daneben, rührte jedoch keinen Finger. Jetzt wurde mir alles klar. Er und Bertha hatten uns verraten. Sie hatten uns nur deshalb immer wieder vertröstet, um Donard genug Zeit zu geben, die Siedlung zu erreichen.
»Du Verräter!«, schrie ich und versetzte Roger einen Haken.
»Ich hatte keine Wahl, Bertha wollte mich sonst nicht heiraten«, rief er und umklammerte meine Hüfte.
Endlich gelang es mir, beide wegzuschubsen. Aufheulend landeten sie in den Ginsterdornen.
Mittlerweile hatte uns der Jeep erreicht. Er stoppte, und Donard sprang in hohem Bogen heraus. Aus einem Gebäude stürmte Maras mit ein paar Soldaten hervor.
»Ich kriege die Belohnung, nicht Maras!«, schrie Bertha, die sich aus den Dornen befreit hatte und Donard entgegenlief. »Ich habe die Terroristen gefangen.«
»Nein, ich!«, rief Maras, der uns fast erreicht hatte. »Ich habe ihn zuerst gehabt.«
Leela und ich nutzten das Durcheinander und rannten in den Wald, wobei wir Sträucher und Äste mit den Armen zur Seite schlugen, uns unter tief hängenden Lianen wegduckten und über moosige Wurzeln kletterten. Donard, Maras und ein Trupp Soldaten waren uns dicht auf den Fersen. Die Zeit im Keller hatte uns geschwächt. Ich musste etwas unternehmen. Abrupt wirbelte ich herum und schlug Donard, der mich fast erreicht hatte, meine Faust ins Gesicht. Er fiel um wie ein Stein und blieb einen Moment
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