Das Ende der Welt (German Edition)
Beutel hoch.
Leela und ich sahen uns an. Wir trauten ihr nicht, aber andererseits, warum sollte sie sich die Mühe machen, uns etwas zu essen zu bringen? Sie hätte uns einfach an Maras verraten können.
Bertha holte ein paar Köstlichkeiten wie gebackene Kartoffeln und frittierte Maulwurfsschwänze aus ihrem Beutel, über die wir uns sofort hermachten, während sie ein paar Kerzen anzündete.
»Ich weiß, wer ihr wirklich seid«, sagte Bertha. Mir blieb der Bissen im Hals stecken.
»Roger hat mir alles erzählt. Und er hat mir auch erzählt, wie es wirklich war und dass Cato das alles nur erfunden hat, um an die Macht zu kommen und uns alle zu unterdrücken.« Sie schluchzte auf. »Dieser gemeine Mensch! Er hat uns getäuscht.«
Sie stampfte mit einem Bein im Wasser auf, wobei sie uns mit Wasser bespritzte. »Ihr Armen«, sagte sie mit weinerlicher Stimme und schniefte ein wenig. »Was müsst ihr gelitten haben.«
Leela und ich nickten und stritten uns dabei um den letzten Maulwurfsschwanz.
»Ich bin froh, die Wahrheit zu kennen. Von nun an«, erklärte Bertha feierlich, »werde ich euch helfen, und wenn es mich das Leben kosten sollte.«
In diesem Augenblick hörten wir Roger leise unsere Namen rufen. Als er Bertha in unserer Mitte sah, strahlte er über das ganze Gesicht und fasste sie um die Hüfte.
»Bertha hat gesagt, ich soll ihr alles erzählen, damit nichts zwischen uns steht, wenn wir heiraten.«
»So, jetzt muss ich zurück. Ich muss euch doch weitersuchen«, kicherte Bertha. Sie drückte Roger einen Kuss auf die Wange, warf ihm einen süßlichen Blick zu und verschwand mit stampfenden Schritten durch das Wasser.
»Bist du verrückt, es ihr zu erzählen«, schimpfte Leela, als Bertha verschwunden war.
Roger kratzte sich am Kopf. »Sie hat es irgendwie geahnt«, sagte er lahm.
»Das war eine ziemlich dumme Idee«, warf ich ein.
Roger sah von einem zum anderen. »Aber sie wird nichts verraten. Wirklich nicht«, sagte er.
Wir machten mit ihm aus, dass er uns vor Morgengrauen abholen würde, um uns einen wenig benutzten Pfad durch den Wald zu zeigen.
»Wir müssen ein Ziel haben«, sagte Leela, als wir allein waren. »Es gibt kein Zurück.«
Leela hatte recht. Bislang hatten wir uns vorgemacht, in ein paar Tagen wäre der Spuk vorbei und wir könnten nach Berlin gehen und alles aufklären. Doch es waren bereits Wochen vergangen. Cato war noch immer an der Macht, und es sah nicht so aus, als würde sich das in nächster Zeit ändern.
»Wolf hat doch von diesen Inseln im Norden gesprochen«, sagte Leela. »Da, wo man die Sonne sehen kann.«
Ich stellte mir in diesem stinkenden, finsteren Loch die Sonne vor. Rund und prall. Ich konnte sie fast fühlen.
»Aber wie sollen wir dahin kommen?«, fragte Leela. »Die Grenzen werden gut bewacht, das weiß ich von meinem Vater.«
»Mit Schleppern«, sagte ich.
»Was sind Schlepper?«, wollte sie wissen.
»Schlepper schmuggeln Menschen außer Landes.«
»Dann lass uns zu einem Schlepper gehen, und der bringt uns dann in den Norden.«
»So einfach ist das nicht«, knurrte ich. »Glaubst du vielleicht, die haben ein Kontor, wo man hingehen kann? Die sitzen in den Flüchtlingslagern und geben sich nicht einfach zu erkennen. Außerdem muss man dafür bezahlen. Und dann wäre da noch das Allerschlimmste.«
»Was?«, fragte Leela atemlos.
»Selbst wenn du sie gefunden und ihnen eine Menge Geld bezahlt hast, ist es nicht sicher, ob sie dich wirklich rausbringen oder dir an der nächsten Ecke die Kehle durchschneiden.«
»Hm«, machte Leela und schwieg eine Weile.
»Haben sie dir das bei der Armee beigebracht?«
»Was?«, fragte ich.
»Niemandem zu trauen.«
»Du kennst die Welt da draußen nicht, so wie ich sie kenne«, schimpfte ich.
»Du musst es ja wissen«, sagte Leela und rückte ein Stück von mir weg.
Sie hatte ja recht. Ich traute wirklich niemandem. Aber was hatte es mir auch eingebracht? Sönn hatte mich verraten, genau wie Cato. Zudem hatte mich die Armee gelehrt, dass die Erde ein schlechter Ort war. Bewohnt von einem bösartigen Wesen namens Mensch. Ich sah zu Leela, die mit angezogenen Knien dasaß und den Kopf auf die Arme gelegt hatte.
Traute ich ihr, fragte ich mich und musste nicht lange überlegen. Die Antwort war: Ja!
»Und wenn wir auf eigene Faust versuchen, uns zu den Inseln durchzuschlagen?«, fragte sie.
»Vergiss es«, sagte ich. »Du musst Hunderte Kilometer durch Sumpfgebiet. Da finden nur erfahrene Leute
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