Das Ende der Welt (German Edition)
benommen liegen. Ich zog mein Messer und hielt es ihm an die Kehle.
»Verschwindet!«, befahl ich seinen Leuten. »Wenn ihr uns folgt, bringe ich ihn um.«
»Tut, was er sagt«, rief Donard mit zittriger Stimme. »Ich kenne ihn, er ist zu allem fähig.«
Langsam zogen sie sich zurück, und als sie außer Sichtweite waren, setzten wir unsere Flucht mit Donard fort.
»Leela«, sagte er, während wir durch das Unterholz liefen. »Ich bin gekommen, um dich zu befreien.«
Sie sah ihn kalt an.
»Wie kannst du nur diesem Verräter helfen?«, fuhr er fort. »Er hat dich entführt.«
»Ihr habt meinen Vater eingesperrt«, sagte Leela zitternd vor Wut.
Donard sah sie bestürzt an. »Es ist nur zu seinem Besten, Leela. Wenn Frieden im Land herrscht, wird alles wieder, wie es war.«
»Hat Cato das versprochen?«
Donard nickte eifrig.
»Er hat euch getäuscht«, sagte Leela traurig.
»Er ist ein Ehrenmann«, rief Donard überzeugt.
»Dieser Terrorist da«, er zeigte auf mich, »der hat dich getäuscht. Er wollte uns alle umbringen.«
»Du kapierst gar nichts, du Dummkopf«, schluchzte Leela. Sie sah aus, als würde sie sich auf Donard stürzen wollen.
»Cato hat sich das alles ausgedacht, um die Macht an sich zu reißen«, sagte Leela.
Donard schüttelte den Kopf. Seine Welt geriet nicht ins Wanken so wie meine. »Komm mit mir zurück«, sagte Donard bittend. »Es wird sich alles aufklären. Dein Vater ist in großer Sorge. Er weiß nicht, ob du noch lebst.«
Leela weinte jetzt hemmungslos.
In der Ferne waren Schüsse zu hören. Anscheinend hatten die Soldaten ein Wildschwein aufgeschreckt und in ihrem Eifer mit uns verwechselt.
»Cato wird Leela töten«, sagte ich zu Donard. »Sie weiß zu viel.«
Er sah mich abfällig an. »Hör doch auf mit deinen Lügen. Jeder weiß, dass du einer von Burgers Terroristen bist.«
Graues Licht drang zaghaft durch die Baumkronen.
Donards Nase war geschwollen, und die Haut um seine Wangenknochen fing an, in allen Regenbogenfarben zu schillern.
Mit einer schnellen Bewegung riss Leela mir plötzlich das Messer aus der Hand und stürzte sich auf Donard.
»Das muss ein Ende haben«, rief sie.
»Tu es nicht«, schrie ich. Aber Leela war schneller. Mit einer fließenden Bewegung schlug sie Donard den Messergriff an die Schläfe. Lautlos sackte er zusammen.
»Verdammt!«, rief ich. »Ich dachte …«
Leela sah mich fragend an. »Was denn?«
»Ach nichts«, winkte ich ab und nahm ihr das Messer ab.
Ich hoffte nur, Donards Kameraden würden ihn finden, bevor die Wölfe es taten.
28
Wir beschlossen, uns zu der alten Grenzstadt Bremen durchzuschlagen. In der Nähe gab es ein Flüchtlingslager, und dort würden wir Schlepper finden, die uns zu den Inseln bringen könnten.
Nachdem wir eine Weile durch den morastigen Wald geirrt waren, hatte ich den Eindruck, dass wir im Kreis gelaufen waren. Ich hatte mich an den Wolken orientiert, aber immer wieder versperrte das dichte Blätterdach mir die Sicht. Leela trottete hinter mir her. Sie wirkte traurig und nachdenklich.
»Und jetzt?«, fragte sie, als ich ratlos stehen blieb. »Hast du die Orientierung verloren? Das scheint ja eine Regel in deinem Leben zu werden.«
»Wie meinst du das?«, wollte ich wissen, worauf sie mir keine Antwort gab. Doch mittlerweile hatte ich gelernt, dass alle ihre Äußerungen einen Hintergedanken hatten.
»Traust du mir nicht?«, fragte ich.
»Warum sollte ich nicht«, gab sie schnippisch zurück. »Das ist doch eine bestens organisierte Entführung.«
Wenn sie in dieser Stimmung war, war es sinnlos, mit ihr zu reden. Ich zog meinen Gürtel aus der Schlaufe, fummelte den Dorn raus und feilte ihn mit einem Stein spitz. Anschließend suchte ich eine Pfütze, fettete den Dorn mit meinem Ohrenschmalz ein und legte ihn behutsam aufs Wasser. Vorher hatte ich ihn an Leelas Haaren gerieben und damit magnetisiert. Worauf sie gesagt hatte: »Oh, ihr habt bei der Armee Zaubern gelernt. Musst du auch noch um ein Feuer tanzen oder ein Tier opfern?«
Ich beachtete sie nicht weiter und beobachtete stattdessen den Dorn, der sich allmählich auf Norden und Süden einpendelte.
»Das funktioniert ja tatsächlich«, sagte Leela. »Da haben sie dir bei der Armee wirklich mal etwas Sinnvolles beigebracht.«
Leela konnte es nicht zugeben, unrecht zu haben, und wenn, dann musste sie es mit ihrem Spott zukleistern, so dass es nicht wirklich als Entschuldigung taugte. Ich sah sie verärgert an.
»Schon gut, schon
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