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Das Ende der Welt (German Edition)

Das Ende der Welt (German Edition)

Titel: Das Ende der Welt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Höra
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gut«, meinte sie. »Ich sage nichts mehr.«
    Nachdem wir eine Weile weitermarschiert waren, legten wir eine Rast ein. Weil unsere Kleider durch den ständigen Nieselregen sowieso nass waren, streckten wir uns einfach auf dem feuchten Boden aus. Leela sah in den Himmel, sah zu mir, sah wieder in den Himmel und wieder zu mir.
    »Ist was?«, wollte ich wissen.
    »Du dampfst«, sagte sie und zeigte auf meine Brust, von der eine feine Nebelsäule aufstieg.
    »Weil ich schwitze und die Luft kalt ist«, sagte ich.
    »Du siehst aus wie der Nebelgott«, rief Leela lachend.
    Ich bewarf sie mit Kastanien, worauf sie sich mit einer Fuhre Laub rächte, die in meinem Mund landete. Spuckend stürzte ich mich auf sie, aber sie war schneller. Wir jagten uns dabei um die Bäume, bis wir lachend zu Boden fielen. Plötzlich und ohne dass ich darüber nachdachte, strich ich Leela eine widerspenstige Strähne aus der Stirn. Sie sah mich überrascht an. »Und jetzt?«, fragte sie leise.
    Ich sah auf meine Hand, als würde dort die Antwort stehen.
    »Wir müssen los«, sagte ich verwirrt und stand auf. »Je schneller wir vorwärtskommen, desto besser.«
    »Gut«, sagte Leela nur. Wir sahen uns nicht an, als wir wortlos weitermarschierten. Was war das eben, grübelte ich und konnte mir das Gefühl in meinem Bauch nicht erklären. Es war angenehm, aber auch fremd. Und ein bisschen schämte ich mich vor Leela. Ich beobachtete sie. Sie war mir so vertraut geworden, und plötzlich konnte ich mir gar nicht mehr vorstellen, ohne sie zu sein. Ich schüttelte den Kopf und zwang mich, an etwas anderes zu denken, wir waren schließlich auf der Flucht und nicht auf einem Ausflug. Es dauerte den ganzen Tag, bis Leela und ich uns wieder in die Augen sehen konnten.

29
    Die giftgelben Tentakel der Sonne versuchten durch die Wolken zu brechen. Aber vergebens. Jedes Mal kurz vor Einbruch der Dunkelheit gab die Sonne noch mal alles, als wollte sie am Ende des Tages zeigen, dass sie noch da war.
    Wir mussten schnell einen Unterschlupf für die Nacht finden, bevor es dunkel war wie in einem Tintenfass.
    »Da!«, sagte ich und zeigte auf einen dieser riesigen Stahlmasten, der mit einem Flügel fast die Wolken berührte.
    Leela sah mich an, als hätte ich den Verstand verloren.
    »Wie sollen wir denn da hochkommen, etwa fliegen?«
    »Innen gibt es eine Treppe«, gab ich zurück und hoffte, dass die Tür nicht versperrt war. Zu unserem Glück stand sie weit offen. Drinnen pfiff ein eisiger Wind, es war stockdunkel, und ich fühlte mich, als wäre ich ein zum Tode Verurteilter, dem der Henker gerade den Sack über den Kopf gezogen hatte.
    Leela an der Hand, tastete ich mich zu der metallenen Wendeltreppe vor und stieg langsam hoch.
    »Was ist das für ein Turm? Und warum hat er drei Flügel?«, fragte Leela leise, als hätte sie Angst, die Gespenster der Vergangenheit könnten uns hören.
    »Davon gibt es viele«, antwortete ich. »Sie stehen überall rum, und keiner weiß, wozu sie mal gut waren.«
    »Aber sie müssen doch einen Zweck gehabt haben«, beharrte sie.
    »Sönn hat gesagt, dass es Wachtürme der Armee waren«, erklärte ich ihr.
    »Aber wozu dann die Flügel?«
    »Keine Ahnung. Manche drehen sich sogar noch im Wind. Vielleicht dienten sie zur Abschreckung oder wegen der Vögel. Was weiß ich«, sagte ich ärgerlich. Warum musste sie immer alles so genau wissen?
    »Wegen der Vögel?«, fragte Leela ungläubig und stieg hinter mir her, wobei unsere Schritte in der engen Röhre widerhallten. Oben angekommen, standen wir in einem engen Raum, der fast ganz von einer mannshohen Maschine ausgefüllt war.
    Durch das zerbrochene Fenster drang noch ein Rest Licht, gerade genug, dass wir die Umrisse erkennen konnten.
    »Wozu das wohl gedient hat?«, fragte Leela und ließ ihre Hand über die Maschine gleiten.
    »Das war eine Waffe. Mit den Dingern konnte man Elektrostrahlen abfeuern«, erklärte ich ihr.
    Leela legte einen Schalter um. »Lass das«, herrschte ich sie an. »Vielleicht strahlt die Maschine noch.«
    »Hmh!«, machte sie ungläubig.
    Draußen war es schlagartig dunkel geworden, als hätte der Himmel den Vorhang zugezogen. Wir legten uns Rücken an Rücken auf den eisernen Boden, um uns zu wärmen. Hin und wieder wehte der kalte Wind einen Schwall stinkender Luft rein.
    »Was ist das für ein Gestank?«, fragte Leela angeekelt.
    »In der Nähe ist ein Müllberg«, sagte ich und erzählte ihr von den Kreaturen, die auf diesen Bergen lebten. Eher Tier

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