Das Ende der Welt (German Edition)
vorbei ist.«
»Wenn ich die Bombe nicht aus dem Fenster geworfen hätte, dann wärst du jetzt tot und dein Vater auch«, schimpfte ich und ließ sie stehen. Du kannst sehen, wo du bleibst, dachte ich und marschierte los. Wieso schleppe ich sie mit? Sie ist eine Last und hält mich nur auf. Und immer wieder behandelt sie mich wie einen Idioten. Wäre sie doch bei ihren Freunden in der U-Bahn geblieben. Zu denen passt sie viel besser. Was verbindet uns denn? Wenn diese Geschichte jemals endet, wird sowieso jeder wieder in seine Welt zurückkehren.
Erst als ich das Dorf hinter mir gelassen hatte, sah ich mich nach Leela um, doch sie war mir nicht gefolgt. Ich wartete eine Weile ab und rief mehrmals ihren Namen. Als ich keine Antwort bekam, ging ich zurück, fand aber keine Spur.
»Leela«, rief ich. »Ich habe keine Lust auf Spielchen. Ich lasse dich hier zurück.«
Ich drehte mich langsam um die eigene Achse, von Leela war nichts zu sehen. Ich begann mir Sorgen zu machen.
Hoffentlich ist sie nicht in eine andere Richtung gegangen, dachte ich.
Ich rief wieder ihren Namen, aber ohne Erfolg. Während ich überlegte, wo ich sie suchen sollte, hörte ich aus einem der Häuser einen unterdrückten Schrei.
»Ich gehe jetzt. Ich habe die Nase voll«, rief ich und verließ das Dorf, um mich – als ich außer Sichtweite war – in einem Bogen wieder anzuschleichen.
Hinter dem Haus zog sich ein überwucherter Garten bis zur Terrasse hin. Ich duckte mich hinter die Büsche und sah hinein. Keine drei Meter von mir entfernt saß eine Frau auf einem zerschlissenen Sofa, kaute nervös auf ihren Fingernägeln und sah zu einem Mann, der am Fenster stand und die Straße beobachtete.
»Er ist weg«, hörte ich seine Stimme.
Erst jetzt entdeckte ich Leela, die gefesselt und geknebelt in einem alten Sessel saß und mich mit aufgerissenen Augen ansah. Der Mann ging zu der Frau, zerbrochenes Glas knirschte unter seinen Schuhen. »Wir sind gleich weg«, sagte er beruhigend und strich ihr über das Haar. Jetzt entdeckte ich das Schlachterbeil mit der schartigen Klinge in seiner Hand.
»Wann kommt denn endlich der Wagen?«, sagte die Frau nervös. »Wir müssten längst weg sein.«
Der Mann wiegte den Kopf. »Schwer zu sagen. Sie müssen an den Armeeposten vorbei. Und die sind momentan überall.«
Sie unterhielten sich jetzt so leise, dass ich sie nicht mehr verstehen konnte. Ich schlich seitlich am Haus entlang bis vor zur Straße und warf Steine auf das gegenüberliegende Gebäude. Krachend landeten sie im Schutt, Glas klirrte.
Der Mann stürmte vor die Tür, das Beil in der Faust.
»Bleib du drin und pass auf die Kleine auf«, rief er der Frau zu und eilte geduckt über die Straße, als würde ein starker Wind wehen. Ich rannte zurück nach hinten und stieg durch die Terrassentür ins Haus. Die Frau sprang mit einem Schrei vom Sofa und stürzte auf mich los. Ihre Hände mit den spitzen Nägeln hatte sie wie Klauen gekrümmt. Sie sah aus wie ein boshaftes Tier.
Ehe sie mich angreifen konnte, schlug ich ihr die Rechte ans Kinn. Sie taumelte ein wenig zur Seite, als würde sie einen Tanz aufführen, und fiel dann mit einem leichten Seufzer zu Boden.
Ich befreite Leela von ihren Fesseln. Sie riss sich den Knebel weg, holte tief Luft und fluchte: »Verdammt! Diese Arschlöcher!«
»Pst«, machte ich. »Der Mann ist noch in der Nähe.«
Wir flüchteten über den schorfigen Acker hinter dem Haus. Als ich einen Blick zurückwarf, sah ich den Mann hinter uns herrennen, das Beil hoch erhoben.
Als Leela stolperte, kam unser Verfolger gefährlich nah. »Renn weiter«, schrie ich Leela zu und blieb stehen. Der Mann stoppte ebenfalls. »Na, Kleiner, willst du mit mir kämpfen?«, fragte er höhnisch und warf das Beil von einer Hand in die andere. Ich schnappte mir blitzschnell ein paar dicke Erdklumpen und schleuderte sie auf den Mann. Einer traf ihn an der Stirn, wo sofort die Haut blutend aufplatzte, ein anderer zwischen den Beinen, worauf er wimmernd in die Knie sank und die Hände in den Schritt presste.
»Los weiter!«, rief ich Leela zu.
»Verdammte Brut, fahrt zur Hölle!«, schrie der Mann hinter uns her. Wir tauchten im nahen Wald unter und rannten noch eine Weile, bis ich sicher war, dass er uns nicht verfolgte.
»Was wollten die von mir?«, keuchte Leela. Da ich ihr nachträglich keine Angst machen wollte, zuckte ich mit den Schultern. »Entführer«, log ich. »Die dachten, dass es Lösegeld für dich geben
Weitere Kostenlose Bücher