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Das Ende der Weltwirtschaft und ihre Zukunft

Das Ende der Weltwirtschaft und ihre Zukunft

Titel: Das Ende der Weltwirtschaft und ihre Zukunft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nouriel Roubini , Stephen Mihm
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ging.
    Das Fazit: Ohne eine direkte oder indirekte Aufsicht durch die Aktionäre haben die Händler und Banker jeden Anlass, verrückte
     Geschäfte zu machen, die ihnen kurzfristige Gewinne und Bonuszahlungen bescheren (etwa die Anhäufung von CDOs in den Bilanzen
     einer Bank). 3 Wenn die Bank hochgeht, haben die Händler und Banker ihr Geld längst für schnelle Autos und Villen am Meer ausgegeben. Heute
     ist es leichter, sich Geld von dem Milliardenbetrüger Bernie Madoff zurückzuholen als einen Bonus von einem Händler.
    In einer perfekten Welt wären sich die Aktionäre und ihre Vertreter dieser Problematik bewusst und würden ein Vergütungssystem
     entwickeln, das Händler davon abhält, allzu sehr auf Fremdkapital und Risiko zu setzen. Die Interessen der Händler und Aktionäre
     kämen zur Deckung, und alle würden sich für das langfristige Wohl der Bank einsetzen. Man könnte zum Beispiel Händler in Form
     von Aktien des Finanzunternehmens entlohnen. Diese Aktien müssten mit einer Sperrfrist versehen werden, das heißt, sie dürften
     erst nach einem festgelegten Zeitraum verkauft |251| werden. Auf diese Weise hätten Händler ein Interesse am langfristigen Wohl des Unternehmens.
    Doch ganz so einfach ist es leider nicht. Im Fall von Bear Stearns und Lehman Brothers hielten Mitarbeiter über 30 Prozent
     der Aktien. Dennoch verfolgten beide Unternehmen selbstmörderische Strategien. Das wirft die beunruhigende Frage auf, ob das
     Problem nicht möglicherweise über eine Hand voll verantwortungsloser Händler hinausgeht, die gegen die Interessen der Aktionäre
     handeln. Dahinter steht eine bittere Wahrheit: Es gibt Zeiten, in denen Aktionäre und Händler bei der Zerstörung des Unternehmens
     gemeinsame Sache machen.
    Mitunter sehen es die Aktionäre sehr gern, wenn Händler mit Fremdkapital jonglieren und große Risiken eingehen. Sie lassen
     sie gewähren, weil sie persönlich nicht allzu viel zu verlieren haben. Ihnen gehört zwar ein Teil des Bankenkapitals, doch
     das ist keine große Sache. Sie würden ungern ihr letztes Hemd verlieren, aber sie drücken gern ein Auge zu, wenn sich die
     Händler auf Glücksspiele einlassen. Tatsächlich ist das meiste Geld, mit dem die Händler spekulieren, geliehenes Geld, das
     anderen gehört. Zahlt sich das Börsenroulette aus, gewinnen auch die Aktionäre. Verlieren die Händler, zahlen diejenigen die
     Zeche, die dumm genug waren, der Bank Geld zu leihen – und, nicht zu vergessen, der Staat. Der Schaden für die Aktionäre hält
     sich in Grenzen.
    Das gilt in guten wie in schlechten Zeiten. In Boomzeiten stehen die Banken unter dem Druck, astronomische Renditen zu erzielen,
     um die Pensionsfonds, Vermögensverwalter und andere Investoren zufriedenzustellen. Selbst wenn Manager und Aktionäre bestimmte
     Strategien für riskant halten, wissen sie genau, dass ihre Kunden zu anderen Banken abwandern, wenn diese höhere Renditen
     versprechen. Diesen Umstand brachte Charles Prince, ehemaliger CEO der Citigroup, treffend auf den Punkt, als er kurz vor
     der Krise feststellte: »Solange die Musik spielt, muss man auch tanzen.« 4
    Doch selbst wenn es schon abwärts geht, lassen Händler und Aktionäre nicht immer die Finger von riskanten Geschäften. Stattdessen |252| sind sie mitunter bereit, in einer »Alles oder Nichts«-Strategie alles aufs Spiel zu setzen, um das sinkende Schiff zu retten. 5 Das klappt zwar manchmal, ändert jedoch nichts an der Kultur des verantwortungslosen Risikoverhaltens. Es wird im Gegenteil
     noch befeuert durch die Annahme, dass der Staat schon einspringen wird, wenn alles den Bach hinuntergeht – eine Überzeugung,
     die zwar in der jüngsten Krise in Einzelfällen auf die Probe gestellt wurde, die sich aber immer wieder bewahrheitet hat.
    An diesem Punkt wäre es durchaus verzeihlich, wenn der eine oder andere Leser das Finanzsystem am liebsten in Brand stecken
     möchte. Wenn die Aktionäre von Finanzunternehmen anständig und am langfristigen Wohl der Firma interessiert sind, haben sie
     keine Möglichkeit, die Händler zu kontrollieren. Sind sie es nicht, weil für sie nicht genug auf dem Spiel steht oder sie
     schlicht auf hohe Gewinne aus sind, dann unternehmen sie ebenfalls nichts, um die Händler zu stoppen. So oder so sind Finanzunternehmen
     in der Lage, durch ihr Verhalten das globale Finanzsystem aus den Angeln zu heben.
    Was ist dagegen zu tun? Für ein derart komplexes Problem gibt es keine Patentrezepte. 6 Es

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