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Das Ende der Weltwirtschaft und ihre Zukunft

Das Ende der Weltwirtschaft und ihre Zukunft

Titel: Das Ende der Weltwirtschaft und ihre Zukunft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nouriel Roubini , Stephen Mihm
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gibt allerdings ein paar sehr einfache und vernünftige Ansätze, mit denen sich das Problem bei der Wurzel packen lässt.
     Ansatzpunkt dafür ist die Vergütung, die dem Problem zugrunde liegt und die deshalb auch im Mittelpunkt der Lösung stehen
     sollte.
    Wenn Mitarbeiter von Finanzunternehmen unter anderem in Form von Aktien vergütet werden, sollten sie diese länger behalten
     müssen als derzeit üblich. Heute ist die Verkaufssperre oft auf wenige Jahre begrenzt. Sinnvoller wäre es, wenn Mitarbeiter
     die Aktien erst im Ruhestand oder zumindest erst nach deutlich mehr als zehn Jahren verkaufen dürften.
    Das wäre ein geeigneter, wenn auch kleiner erster Schritt. Das ungleich größere Problem ist die sogenannte »Bonuskultur« der
     Wall Street, die Mitarbeiter zwar dafür belohnt, wenn sich ihre Wetten auszahlen, sie aber nicht dafür bestraft, wenn diese
     Wetten |253| nach hinten losgehen. Dieses System hat eine Risikokultur geschaffen, die kurzfristig zu überhöhten »Alphaerträgen« führt,
     doch langfristige Folgen nur unzureichend einkalkuliert.
    Dieser Missstand ließe sich beispielsweise durch die Einrichtung von Prämienpools beheben, die nicht auf der Grundlage kurzfristiger
     Erträge berechnet werden, sondern auf einem längeren Zeithorizont, beispielsweise von drei Jahren, basieren. Ein Unternehmen
     würde seine Mitarbeiter also nicht für besonders geschickte Wetten honorieren, sondern die Leistung über mehrere Jahre ermitteln.
     Nehmen wir einmal an, dass ein Händler in einem Jahr mit riskanten Geschäften sagenhafte Erträge erwirtschaftet, im nächsten
     Jahr aber Verluste in ähnlicher Höhe. Im heutigen System erhält dieser Händler im ersten Jahr eine satte Prämie und im zweiten
     keine. Vor einem längeren Zeithorizont würden die Verluste die Gewinne ausgleichen, und der betreffende Händler ginge leer
     aus.
    Der Wirtschaftswissenschaftler Raghuram Rajan hat eine ähnliche Variante vorgeschlagen. Demnach sollten Händler für hohe Erträge
     zwar belohnt werden, die Prämien jedoch über mehrere Jahre auf ein Sperrkonto fließen. Erzielt ein Händler in den Folgejahren
     Verluste, werden diese von seinem Prämienkonto abgezogen. Nach diesem »Bonus-Malus-System« können Prämien – je nachdem, wie
     sich die Hochs und Tiefs der langfristigen Leistung eines Händlers entwickeln – auch zurückgeholt werden. Je länger die Bonuszahlungen
     auf Sperrkonten ruhen, umso wahrscheinlicher ist es, dass sich ein Händler gut überlegen wird, welche Risiken er auf Kosten
     seiner langfristigen Bezüge eingeht. 7
    Ein solches System funktioniert am besten auf individueller Ebene. Bonuszahlungen werden jedoch leider oft auf der Ebene des
     Gesamtunternehmens berechnet, sodass alle am Erlös beteiligt sind, wenn sich eine Wette auszahlt. Banker und Händler bekommen
     die Folgen falscher Entscheidungen nicht mehr unmittelbar zu spüren, da diese vom gesamten Pool getragen werden. Doch auch
     die Rückholung kollektiver Prämien könnte die Händler zu größerer Vorsicht veranlassen.
    |254| Es gibt aber eine noch raffiniertere Lösung. Warum sollte man Banker und Händler überhaupt mit Geld oder Aktien honorieren?
     Warum nicht in der Währung, in der sie ihre Geschäfte tätigen, also den esoterischen Wertpapieren, die sie in ihren Giftküchen
     zusammenrühren? Die Händler würden zwar Bonuszahlungen erhalten, aber nur in Form von Anteilen an den CDOs, die sie erfunden
     haben. Wenn Händler also Giftpapiere ausgeben, werden sie auch damit bezahlt. Händler, die wissen, dass ihre faulen Eier in
     ihren eigenen Bonuskörbchen landen, könnten dadurch veranlasst werden, bei der Strukturierung von Wertpapieren mehr Umsicht
     walten zu lassen.
    Eine Spielart dieses Konzepts wird bereits praktiziert. Ende 2008 kündigte Credit Suisse an, sie würde toxische Anlagen im
     Wert von rund fünf Milliarden US-Dollar aus der Bilanz nehmen und in einen Sonderfonds umbuchen. Aus diesem Fonds wollte die
     Bank künftig die Prämien ihrer Mitarbeiter bezahlen. Die übliche Vergütung in Form von Aktien wurde also durch Anteile an
     diesem Fonds ersetzt. Das führte zu Protesten, denn schließlich hatten viele Mitarbeiter nichts mit den faulen Wetten zu tun. 8 So unvollkommen diese Lösung auch ist, sie ist doch ein guter Anfang.
    Bei der Vergütung wäre auch eine Kombination der verschiedenen Vorschläge denkbar. Statt Banker und Händler etwa rückwirkend
     mit den Konsequenzen ihrer

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