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Das Ende der Weltwirtschaft und ihre Zukunft

Das Ende der Weltwirtschaft und ihre Zukunft

Titel: Das Ende der Weltwirtschaft und ihre Zukunft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nouriel Roubini , Stephen Mihm
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ziehen. Das meiste davon landete nicht bei den Aktionären, sondern bei den Mitarbeitern der Banken.
    Das krebsartige Wuchern der Finanzbranche verursachte zudem erhebliche gesellschaftliche Kosten, da innovative und kreative |257| Köpfe aus der Produktion und anderen traditionellen Branchen an die Wall Street abwanderten. Tatsächlich hat der Finanzsektor
     nach Ermittlungen unseres Kollegen Thomas Phillipon seit den siebziger Jahren eine stetig wachsende Zahl hochqualifizierter
     Arbeitnehmer angezogen. Während die Bezüge explodierten, fanden immer mehr Absolventen von Eliteuniversitäten den Weg an die
     Wall Street. Tatsächlich wollten im Jahr 2007 ganze 58 Prozent der männlichen Harvard-Absolventen in der Finanz- und Beratungsbranche
     anfangen. Die Folge davon ist, dass es in den Vereinigten Staaten zu viele Finanztechniker gibt, aber nicht genug Maschinenbauingenieure
     oder Informatiker.
    Es ist sicherlich kein Zufall, dass ein vergleichbares Wachstum im Finanzsektor in den Vereinigten Staaten zuletzt in den
     Jahren vor 1929 zu verzeichnen war. In den dreißiger Jahren setzte ein Rückgang der im Finanzsektor gezahlten Gehälter ein
     – eine Folge der Regulierungsmaßnahmen, die aus dem Bankwesen ein langweiliges, wenn auch respektableres Geschäft machten.
     Eine Reform der bestehenden krankhaften Vergütungsstruktur ist ein notwendiger erster Schritt dahin, das Bankgeschäft wieder
     etwas langweiliger zu gestalten.
     
     
    Wie man eine bessere Wurst macht
     
    Die Vergütung ist längst nicht das einzige Problem, das nach Reformen schreit. Das ausgeklügelte Verbriefungssystem, das zur
     Entstehung der jüngsten Krise beitrug, muss ebenfalls überarbeitet werden. 11 Dabei handelte es sich um die sogenannte KVV-Strategie (Kreieren, Verbriefen, Verkaufen, das in Kapitel 3 beschriebene
Originate-and-Distribute-Model
) der Verbriefung, bei dem eine potenziell riskante Anlage – beispielsweise Schrotthypotheken – mit anderen ähnlichen Anlagen
     zusammengelegt und in Wertpapiere verwandelt wird. Diese werden wiederum an Investoren verkauft, die das Risiko besser verkraften
     können und wagemutiger sind.
    |258| Das System hatte eine offensichtliche Schwachstelle: Für alle Beteiligten schwand der Anreiz, die Kreditwürdigkeit der Kreditnehmer
     zu überprüfen. Die einzelnen Teilnehmer der Verbriefungskette strichen vielmehr ihre Gebühren ein und gaben die Risiken ganz
     oder teilweise an andere weiter. Alle waren Komplizen: die Hypothekenmakler, die das ursprüngliche Darlehen ausgaben; die
     Immobiliensachverständigen, die allen Grund hatten, ihre Schätzungen überhöht anzusetzen; die Bank, die die Hypothek verbriefte
     und daraus hypothekenbesicherte Wertpapiere machte; die Investmentbank, die diese Papiere in CDOs und esoterischere Anlagen
     umverpackte; die Ratingagenturen, die großzügig die begehrte Note AAA vergaben und schließlich die Wertpapierversicherer,
     die diese Giftpapiere versicherten.
    Eine Lösung des Problems muss die verschiedenen Akteure zu einem größeren Risikobewusstsein zwingen. Das heißt, jeder Beteiligte
     muss irgendwie dazu gebracht werden, auf die Qualität der zugrundeliegenden Darlehen zu achten. Man könnte zum Beispiel die
     Vermittler – die verbriefende Bank und die Investmentbanken – dazu zwingen, einen Teil der betreffenden Wertpapiere selbst
     zu behalten. Dieser Zwang sollte die Vermittler dazu bringen, die Kreditwürdigkeit der ursprünglichen Kreditnehmer gründlicher
     zu überprüfen (oder zumindest Druck auf die Hypothekenmakler auszuüben, die das erste Glied in der Kette darstellen).
    Es gibt eine Reihe von Vorschlägen zur Umsetzung dieser Vorstellung. Einige wurden in internationalen Gremien wie Arbeitsgruppen
     der G20 erdacht. Andere entstanden in den Vereinigten Staaten, wie ein Gesetz mit dem Namen »Credit Risk Retention Act«, das
     im Dezember 2009 vom Repräsentantenhaus verabschiedet wurde. 12 Beide Initiativen haben ein Ziel: Alle Banken, die an der Ausgabe jeglicher Art von forderungsbesicherten Wertpapieren beteiligt
     sind, würden dazu gezwungen, 5 Prozent dieser Papiere zu behalten. Eine Senatsinitiative fordert sogar, diesen Anteil auf
     10 Prozent zu erhöhen. In jedem Fall soll den Banken sinnvollerweise untersagt werden, die durch den Rückbehalt |259| dieser Wertpapiere eingegangenen Risiken abzusichern oder zu übertragen.
    Leider könnten sich die verbleibenden Risiken in dieser Größenordnung als unzureichend

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