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Das Ende der Weltwirtschaft und ihre Zukunft

Das Ende der Weltwirtschaft und ihre Zukunft

Titel: Das Ende der Weltwirtschaft und ihre Zukunft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nouriel Roubini , Stephen Mihm
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amerikanischen Finanzministerium, von
     den G7-Staaten, von der britischen Finanzaufsichtsbehörde Financial Services Authority (FSA) und anderen politischen Organen
     aus Großbritannien, von der Bank für internationalen Zahlungsausgleich, vom Internationalen Währungsfonds – ganz zu schweigen
     von den zahllosen Anregungen von Think Tanks, Arbeitsgruppen und Universitäten.
    Statt über die spezifischen Vorzüge der einzelnen Initiativen zu diskutieren, wäre es sinnvoller, die grundlegenden Schwächen
     und Verzerrungen aufzuzeigen, die das Finanzwesen weltweit belasten, und pragmatische Lösungen zu entwickeln. Die Betonung
     liegt dabei auf dem Wort »grundlegend«. Es liegt vieles im Argen, doch nicht alle Probleme sind existenzgefährdend. Viele
     sind lediglich das Ergebnis einer tieferen Fäulnis.
    Leider ist grundlegend nicht immer gleichbedeutend mit einfach. Einige der Themen, die wir im Folgenden behandeln, wie Derivate
     oder Eigenkapitalanforderungen, mögen vielen abstrus erscheinen. Das stimmt, doch wenn wir zu den Wurzeln des Problems vordringen
     wollen, müssen wir uns auch mit diesen exotischen Konzepten beschäftigen. Wie die Krise gezeigt hat, steckt der Teufel im
     Detail, und die folgenden Ausführungen sollen dem Leser ein echtes Verständnis der komplexen, aber entscheidenden Themen vermitteln,
     die wir angehen müssen, wenn wir künftige Krisen vermeiden wollen.
     
     
    |249| Das rote Tuch der Managementgehälter
     
    Sobald es um die Gehälter der Banker an der Wall Street geht, weicht ruhige Überlegung oft spontaner Wut. Aber so gerne wir
     sofort mit Fackeln und Mistgabeln losziehen wollen – es ist sicherlich ratsamer, unsere Möglichkeiten sachlich zu betrachten.
    Entgegen der landläufigen Meinung ist das größte Problem bei der Vergütung nämlich weniger die Höhe als die Strukturierung
     und die Form dieser Zahlungen. Die Forschung zur Unternehmensführung belegt, dass jedes Unternehmensumfeld anfällig ist für
     das Phänomen des sogenannten Prinzipal-Agent-Problems, das wir in Kapitel 3 angesprochen haben. Erinnern wir uns: Dieser Fachbegriff
     bezeichnet den Umstand, dass moderne Unternehmen nicht von den Aktionären (also den Prinzipalen) geführt werden, sondern von
     Managern (den Agenten). Diese beiden Gruppen haben unterschiedliche Interessen: Die Aktionäre wollen langfristig die Renditen
     ihrer Unternehmensanteile maximieren, die Manager dagegen kurzfristig ihre Bezüge, Prämien und andere Vergütungen.
    Die Welt wäre wohl in Ordnung, wenn die Aktionäre die Manager überwachen könnten. Das ist in jedem Unternehmen schwierig,
     aber in den Banken und anderen Finanzunternehmen geradezu unmöglich. Das liegt vereinfacht ausgedrückt daran, dass Händler
     und Banker weit mehr vom Geschäft verstehen als die Aktionäre, in deren Auftrag sie handeln. Jeder Händler macht seine Gewinne
     und Verluste und verfolgt auf dem Markt seine eigenen Gewinnstrategien. Für Außenstehende wie Aktionäre oder Verwaltungsräte
     ist es kaum nachvollziehbar, was sich in einer einzelnen dieser kleinen Zellen abspielt, geschweige denn in mehreren Tausend,
     wie im Falle einer Großbank oder eines Finanzkonzerns. Dieses Dilemma wird in Unternehmensführungskreisen als das »Problem
     der asymmetrischen Informationsverteilung« bezeichnet. Will heißen: Eine Partei weiß mehr als die andere.
    Ein weiteres Problem ist der gefürchtete Interessenkonflikt der »Doppelagenten«. In vielen Finanzunternehmen sind die Aktionäre |250| (Prinzipale) in ein eigenes Prinzipal-Agent-Problem verstrickt. Ihre Beteiligungen laufen über große institutionelle Investoren
     wie etwa Pensionsfonds. Die Manager dieser Fonds sind ihre Agenten. Wenn sich die Aktionäre schon schwer damit tun, den Händlern
     auf die Finger zu schauen, so tun sie sich noch schwerer damit, das Vorgehen ihrer bevollmächtigten Vertreter zu verfolgen.
     Schlimmer noch, es sind häufig eben diese institutionellen Investoren und nicht die eigentlichen Aktionäre, die am Ende im
     Verwaltungsrat von Unternehmen sitzen.
    Wen das an ein Spiegelkabinett erinnert, der liegt gar nicht so falsch. Das gesamte Finanzsystem war – und ist – förmlich
     mit solchen Problemen gespickt, bei denen eine Gruppe Zuständigkeiten an eine andere Gruppe delegiert, welche diese wiederum
     auf eine weitere Gruppe überträgt. Kein Wunder also, dass niemand wusste – oder sich dafür interessierte –, was wirklich auf
     dem Parkett vor sich

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