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Das Ende der Weltwirtschaft und ihre Zukunft

Das Ende der Weltwirtschaft und ihre Zukunft

Titel: Das Ende der Weltwirtschaft und ihre Zukunft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nouriel Roubini , Stephen Mihm
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nicht durch wirtschaftliche Grundwerte angetrieben |36| wurde), doch bei späteren Blasen steht die zerstörerische Wirkung außer Zweifel. 12 Eine der berüchtigteren löste die Mississippi Company von John Law aus, ein weitverzweigtes Spekulationsimperium, das zu
     Beginn des 18. Jahrhunderts die französische Wirtschaft beherrschte. Auf dem Höhepunkt im Jahr 1719 kontrollierte Laws Unternehmen
     mehrere Handelsgesellschaften, die königliche Münzprägeanstalt, die Nationalbank, die französischen Staatsschulden und obendrein
     einen großen Teil des nordamerikanischen Kontinents. 13
    Die Briten wurden in etwa zur selben Zeit ebenfalls vom Blasenvirus infiziert und wollten sich das Geschäft nicht entgehen
     lassen. Im Mittelpunkt stand ein Unternehmen namens South Sea Company, das auf dem Höhepunkt seiner Macht erheblichen Einfluss
     auf die britische Staatsverschuldung ausübte. 14 Die Spekulation mit den Aktien der Gesellschaft blähte die sogenannte South Sea Bubble auf und löste einen Run auf Aktien
     aller Art aus, darunter auch zahlreiche Papiere von betrügerischen Unternehmungen. Nachdem der Kurs der Aktien um 1 000 Prozent
     gestiegen war, kam der Tag der Abrechnung: Die Börse brach zusammen, die Wirtschaft war ein Scherbenhaufen, und eine Generation
     lang machten die britischen Anleger einen weiten Bogen um den Finanzmarkt. Etwa zur gleichen Zeit wurde Frankreich von einer
     weit verheerenderen Krise heimgesucht, als John Laws Unternehmen mit lautem Knall in sich zusammenfiel und die Entwicklung
     der Finanzinstitutionen auf Jahrzehnte hinaus beeinträchtigte.
    Diese Ereignisse, die in jedem Geschichtsbuch über Spekulationen, Paniken und Wirtschaftskrisen vorkommen, sind zwar durchaus
     wichtig, doch sie lösten noch keine globale Finanzkrise aus. Anders die Panik des Jahres 1825, deren Auswirkungen in der ganzen
     Welt zu spüren waren. 15 Sie begann in Großbritannien und hatte alle Zutaten einer klassischen Krise: leicht verfügbares Geld (dank der Bank von England),
     eine Anlagenspekulation (Unternehmens- und Staatsanleihen des »Schwellenlandes« Peru, das kurz zuvor seine Unabhängigkeit
     erlangt hatte) und verbreiteter Betrug |37| (leichtgläubige Anleger stürzten sich unter anderem auf die Anleihen eines fiktiven Staates namens »Republik Poyais«).
    Als die Blase schließlich platzte, waren zahlreiche Banken und Unternehmen in Großbritannien zahlungsunfähig. Der englische
     Ökonom Walter Bagehot schrieb: »Es war eine Zeit der panischen und fast unvorstellbaren Gewalt; niemand wusste, wem er noch
     vertrauen konnte; die Kreditvergabe wurde fast vollständig eingefroren, und das Land stand kurz vor einem Rückfall in den
     Tauschhandel«. 16 Bagehot war einer der ersten Autoren, der die Einführung einer Zentralbank forderte, die im Falle einer Panik oder eines
     Runs als »lender of last resort«, als letztinstanzlicher Kreditgeber auftreten solle. Er beklagte: »Die Regierung wurde um
     Hilfe gebeten, doch sie weigerte sich, einzuschreiten.« Die Finanzkrise griff rasch auf ganz Europa über, und die verschreckten
     Anleger zogen ihr Geld aus Lateinamerika zurück. Bis 1828 war mit Ausnahme von Brasilien der gesamte Kontinent zahlungsunfähig.
     Es sollten drei Jahrzehnte vergehen, ehe das Geld wieder in früherem Umfang in die Region floss.
    Die Panik des Jahres 1857 war nicht weniger global. 17 Der Boom begann in den Vereinigten Staaten mit einer Spekulation um Sklaven, Eisenbahngesellschaften, Wertpapiere und Land.
     Die Blase platzte, und panisch versuchten die Banken in New York, den Kredithahn zuzudrehen und ihre Positionen zu stützen,
     doch ohne Erfolg: Gläubiger präsentierten ihre Schuldscheine und räumten in einem klassischen Run die Gold- und Silberreserven
     der Banken ab. Etwa einen Monat später traf die Panik London, und die Bank von England musste mit ansehen, wie sich ihre Tresore
     mit derselben Geschwindigkeit leerten. Von der Insel weitete sich die Panik auf das übrige Europa aus und griff von dort auf
     Indien, China, die Karibik, Südafrika und Lateinamerika über. Volkswirtschaften in aller Welt wurden in Mitleidenschaft gezogen,
     und mit der Krise endete eine der längsten Phasen des Wirtschaftswachstums in der modernen Geschichte. 18
    Der vermutlich dramatischste Zusammenbruch des 19. Jahrhunderts |38| war jedoch die Krise des Jahres 1873. 19 Wieder legten europäische Investoren ihr Geld in spekulativen Unternehmungen wie US- und lateinamerikanischen

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