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Das Ende der Weltwirtschaft und ihre Zukunft

Das Ende der Weltwirtschaft und ihre Zukunft

Titel: Das Ende der Weltwirtschaft und ihre Zukunft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nouriel Roubini , Stephen Mihm
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Belieben Geld zu drucken. Das Ergebnis war ein Anstieg der Inflation und der Preise für Konsumgüter,
     und zwar noch vor dem Yom-Kippur-Krieg und der nachfolgenden Ölkrise des Jahres 1973. Die sogenannte »Stagflation«, die fatale
     Kombination aus Stagnation und Inflation, war ein Resultat der Ölpreisschocks der Jahre 1973 und 1979 (Letzterer wurde durch
     die iranische Revolution ausgelöst) und der verfehlten Geldpolitik in ihrem Gefolge. Erst Paul Volcker, der neue Vorsitzende
     der Federal Reserve, korrigierte diesen Kurs. Er trieb die Leitzinsen in schwindelerregende Höhen und führte das Land Anfang
     der achtziger Jahre in eine schwere Rezession. Die Schockbehandlung zeigte Wirkung, sie beendete die Inflation und läutete
     ein Jahrzehnt des Wachstums ein.
    Aber wo viel Licht ist, ist auch Schatten: Volckers Politik war ein entscheidender Auslöser der lateinamerikanischen Schuldenkrise
     der achtziger Jahre. 27 In den siebziger Jahren hatten viele lateinamerikanische Regierungen eine massive Wirtschaftsentwicklung forciert, die über
     ausländisches Kapital finanziert wurde. Die daraus resultierenden Haushalts- und Leistungsbilanzdefizite wurden über Kredite
     finanziert, die vor allem von amerikanischen und westeuropäischen Banken gestellt wurden. Die Zinsen dieser Auslandskredite
     waren an den Referenzzinssatz London Interbank Offered Rate (LIBOR) gekoppelt. Als Volcker die Leitzinsen nach oben schraubte,
     schoss auch der LIBOR in die Höhe, und die lateinamerikanischen Schuldner waren nicht mehr in der Lage, ihre Schulden |43| zu bedienen. Schlimmer noch: Da die Währungen dieser Länder verfielen, stieg der Realwert dieser Schulden sogar noch.
    In der Folge stellte eine Reihe von Regierungen die Zahlungen ein, allen voran Mexiko im Jahr 1982. Es folgten Brasilien,
     Argentinien und andere Nationen. Damit begann ein wirtschaftlicher Zusammenbruch, in dessen Folge die mexikanischen Banken
     verstaatlicht wurden und eine vernichtende Rezession einsetzte. Andere lateinamerikanische Staaten folgten nach. In vielerlei
     Hinsicht waren diese Zahlungsausfälle eine Wiederholung früherer Krisen, in deren Verlauf sich Ereignisse in den führenden
     Industrienationen verheerend auf weniger entwickelte Nationen auswirkten.
    Die lateinamerikanische Schuldenkrise hatte weitreichende Konsequenzen: Ein Jahrzehnt des Wachstums war verloren, politische
     Instabilität und gesellschaftliche Unruhen machten sich breit. Erst Ende der achtziger Jahre, als die Schulden angepasst und
     in Schuldverschreibungen (die sogenannten »Brady-Bonds«) umgewandelt wurden, ging es mit der Region wieder aufwärts. Auch
     viele Banken in den Vereinigten Staaten und Europa erholten sich nur mühsam. Nur ein Jahrzehnt der weitreichenden Regulierung
     und des internationalen Krisenmanagements unter der Führung der Vereinigten Staaten und des Internationalen Währungsfonds
     verhinderte einen Konkurs dieser Banken.
     
     
    Der lange Aufschwung
     
    Mitte der achtziger Jahre hatte Volcker das Gespenst der Inflation gebannt, und Notenbanker in aller Welt bekannten sich wieder
     zur Inflationsbekämpfung. Gleichzeitig schlug der Konjunkturzyklus der führenden Industrienationen deutlich weniger nach oben
     oder unten aus: Phasen des Abschwungs waren weniger gravierend, und Perioden des Aufschwungs hielten länger an. Die Vereinigten
     Staaten standen mehrfach am Rande einer Finanzkrise, doch die Auswirkungen blieben gering: Der Börsencrash des Jahres |44| 1987 mündete nicht in eine Rezession, und die Flaute der Jahre 1990 und 1991 war nach acht Monaten bereits wieder zu Ende.
     Die Zeit des »langen Aufschwungs« war angebrochen: eine Ära der geringen Inflation, der großen Wachstumsraten und der geringen
     Konjunkturabschwächungen. 28
    Über die Ursachen des langen Aufschwungs wurde viel gerätselt. Einige Wirtschaftswissenschaftler waren der Ansicht, im Klima
     der wirtschafts- und finanzpolitischen Deregulierung und der technologischen Innovation sei ein flexibleres Wirtschaftssystem
     entstanden, das die Auf- und Abschwünge des Konjunkturzyklus besser verkraftete. Andere meinten, die zunehmende Globalisierung
     und der Freihandel – vor allem der Aufstieg Chinas und anderer Schwellenländer, die in der Lage waren, immer billiger zu produzieren
     – halte die Inflation im Zaum und beschleunige gleichzeitig das Wachstum. Wieder andere betonten den Bedeutungsverlust der
     Gewerkschaften, der dafür sorgte, dass die

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