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Das Ende der Weltwirtschaft und ihre Zukunft

Das Ende der Weltwirtschaft und ihre Zukunft

Titel: Das Ende der Weltwirtschaft und ihre Zukunft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nouriel Roubini , Stephen Mihm
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spezialisierter Finanzinstitute
     ist eindeutig besser geeignet, um auch die Bedürfnisse des größten und komplexesten Wirtschaftsunternehmens zu erfüllen.
    Gehen wir spaßeshalber davon aus, dass Riesenkonzerne wie die Citigroup, ING und andere Megabanken ihre Dienstleistungen tatsächlich
     geringfügig effizienter erbringen können als kleinere Unternehmen. Selbst wenn dies stimmen würde (was es nicht tut), würde
     sich die Frage stellen, ob diese kleinen Effizienzsteigerungen so wertvoll sind, dass man deshalb das globale Finanzsystem
     jenen Großkonzernen ausliefern sollte, deren Zusammenbruch verheerende Folgen haben kann. Nach dieser Logik müsste man gigantische
     Atomkraftwerke errichten, die hundertmal so groß sind wie Tschernobyl, um geringe Größenvorteile geltend zu machen. Das geht
     so lange gut, bis es zur Kernschmelze kommt.
    Es gibt einen weiteren Grund, über die Zerschlagung der Finanzkonzerne nachzudenken. Viele gäbe es nämlich längst nicht mehr,
     wenn die Regierung sie nicht so großzügig unterstützt hätte. Nehmen wir die Citigroup. 21 Im Laufe der letzten 80 Jahre hat sich diese Bank wiederholt viel zu weit aus dem Fenster gelehnt und in den Abgrund geblickt,
     um sich nur dank der Nachsicht, Unterstützung und Rettung durch die Regierung wieder zu erholen. Das war wohl vier Mal der
     Fall: während der Weltwirtschaftskrise, nach Ausfällen mexikanischer Verbindlichkeiten Anfang der achtziger Jahre, nach dem
     Einbruch im gewerblichen Immobiliensektor zehn Jahre |304| später und schließlich in der jüngsten Finanzkrise. Eine Bank, die so viel Hilfe benötigt, dürfte es eigentlich nicht geben.
     Zwar ist sie derzeit dabei, sich aufzuteilen, doch die entstehenden Konzerne könnten wieder zu groß für einen Bankrott sein.
    Doch die Citigroup ist bei Weitem nicht der einzige Kandidat für eine Zerschlagung. Selbst »gesunde« Unternehmen wie Goldman
     Sachs stellen allein durch ihren Fortbestand eine Bedrohung dar. Den Worten von CEO Lloyd Blankfein ist das allerdings nicht
     zu entnehmen. Er verteidigte 2010 die Rekordboni für die Manager mit der Feststellung: »Wir sind sehr wichtig. Wir tragen
     zum Wachstum von Unternehmen bei, indem wir ihnen helfen, sich Kapital zu beschaffen. Unternehmen, die wachsen, sorgen für
     Wohlstand. Das wiederum gibt Menschen Arbeit, die mehr Wachstum und mehr Wohlstand erwirtschaften. Wir erfüllen eine soziale
     Aufgabe.« Als wäre das noch nicht genug der Bescheidenheit, behauptete er gar, Goldman vollbringe »Gottes Werk«. 22
    Ach, bitte nicht. Wie andere Investmentbanken blickt auch Goldman Sachs auf eine lange Geschichte waghalsiger Wetten und überhöhten
     Fremdkapitaleinsatzes zurück. 23 Das Unternehmen stand im Mittelpunkt des Investment-Trust-Debakels, das 1929 die Weltwirtschaftskrise einläutete. Es lernte
     aus diesem Fehler und verfolgte in den folgenden Jahrzehnten eine kluge Strategie, die nicht auf kurzfristigen Profit abhob
     und seinen immer reicher werdenden Teilhabern stattdessen langfristige Erträge bescherte.
    Die Wende kam in den achtziger Jahren, als Goldman wie andere Investmentbanken an die Börse ging. Das war ein schicksalhafter
     Schritt. Damit stellte sich Goldman Sachs von einem Ertragsmodell, in dem die Teilhaber ihr eigenes Geld riskierten, auf eines
     um, in dem die Aktionäre wenig Möglichkeiten oder Anreize hatten, zu überwachen, was in dem renommierten Unternehmen vor sich
     ging. Von da an trug Goldman aktiv zur Entstehung vieler Spekulationsblasen bei, von Hightech-Aktien über private Immobilien
     bis hin zum Erdöl. Nachdem die Börsenaufsicht in den Vereinigten |305| Staaten die Beschränkung des Fremdkapitaleinsatzes für Investmentbanken aufgehoben hatte, erreichte dieser bei Goldman historische
     Höchststände. Das brachte das Unternehmen in eine äußerst prekäre Situation, als die Krise die Wall Street erreichte. Unter
     Börsianern wurde Goldman Sachs scherzhaft als Hedge-Fonds bezeichnet, und zwar als der am stärksten verschuldete von allen.
    Wie seine Konkurrenten steckte auch Goldman bis zum Hals im riskanten Verbriefungsgeschäft. Zwar sah die Firma die Subprimekrise
     früher kommen als andere, doch ihr Überleben verdankt sie wohl kaum dem Sachverstand ihrer Händler. Am Ende überstand sie
     das Debakel nur, weil ihr die amerikanische Regierung wieder und wieder unter die Arme griff. Wie andere Investmentbanken
     profitierte auch Goldman Sachs von der Rettungsaktion für die

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