Das Ende des Zufalls - Wie Big Data uns und unser Leben vorhersagbar macht (German Edition)
darüber nachdachte, wie er noch besser und schneller Informationen in seinen Smart Data Feedback Loop einbringen kann, um den Gegner zu schlagen, hätte das Ding wahrscheinlich auch geliebt.
Für unser Thema ist diese Entwicklung deshalb signifikant, weil es ein weiterer Puzzle-Stein in einem Netzwerk an Datensensoren ist, das unser Leben vermessbar, berechenbar und vorhersehbar macht. Heute lässt Google noch seine „Streetview“-Autos mit Kameras durch die Städte fahren, um Daten zu sammeln – morgen können wir diesen Job übernehmen oder zumindest dazu beitragen. Streetview aus einer neuen Perspektive!
Das Faszinierende an den Datenbrillen sind die unglaublichen Möglichkeiten, die sich aus dieser „Augmented Reality“ (AR) genannten Technologie ergeben: Ein Gärtner bekommt genau die richtigen Informationen zu der Pflanze, auf die er gerade schaut. Und zwar nicht nur allgemein, sondern spezifisch, von den Sensoren, die diese Pflanze ständig überwachen. Ein Gastwirt sieht, welche Allergien ein Gast hat, weil dieser sie in sein Profil gestellt hat, und kann mit seinen Menüangeboten darauf reagieren. Alle Dienstleistungen der personifizierenden Algorithmen werden visualisiert und auch mit Gesichtserkennungsmechanismen verbunden. Faszinierend und erschreckend zugleich. Sie kommen in einen Raum und wissen, über den Monitor in Ihrer Brille eingespielt, in der Sekunde, wer wer ist. Und bekommen auch gleich alles, was über diese Person digital abrufbar ist. Rechtsanwälte lesen einen Vertrag und sehen dazu eingespielt eine Analyse der möglichen Risiken jedes Paragrafen inklusive der bisherigen Judikatur. Manches davon mag vielleicht noch etwas weiter weg klingen, aber all das ist mit heutigen Technologien bereits realisierbar. Der Anwendungsfantasie sind keine Grenzen gesetzt.
Allen Beteiligten ist klar, dass damit eine Menge an datenschutzrechtlichen Fragen verbunden ist, aber schon scharren auch weitere Teilnehmer in den Startlöchern. Microsoft etwa hat beim US-Patentamt Schutzrechte für eine Datenbrille angemeldet, die stark an das Google-Projekt erinnert, auch wenn sie deutlich weniger Funktionen haben soll. Das Patent wurde am 20. Mai 2011 eingereicht und am 22. November 2012 veröffentlicht. 57 Die Firma Vuzix möchte Google zeitlich noch überholen und bereits Mitte 2013 mit ihrer Datenbrille mit eingebauter Kamera und vier Gigabyte Speicher auf dem Markt sein. Das Motto der Vuzix-Brille, die sowohl mit Android Phones als auch mit dem iPhone kompatibel sein soll: View the Future! 58 Auch die Brillenmarke Oakly hat bereits eine Skibrille mit Headup-Display, in dem man auf der Piste zusätzliche Informationen eingeblendet bekommt.
Eine App sagt mehr als tausend Worte
Sam Ling, Gründer von Alohar Mobile, verblüffte mit seiner App „Placeme“ selbst ausgebuffte Fach-Blogger. Die App nutzt alle Sensoren, die in unseren Smartphones vorhanden sind, und erstellt daraus ein komplettes Bewegungsprofil. Jeder Ort, den wir besucht haben, jede Route, die wir gehen, laufen oder fahren, kommt ins persönliche Archiv und kann so mit anderen Daten verknüpft werden. Auch wenn die App zunächst eher eine Spielerei zu sein scheint, zeigt sie doch klar, wie Apps die von den Smartphone-Sensoren erfassbaren Daten darstellen können. 59
Für heftige Proteste sorgte 2012 die App „Girls around me“. Sie verwendete Daten aus Facebook und Foursquare, um Männern zu zeigen, wo sich in der Nähe gerade Frauen aufhalten. Ihre Profile wurden mit Fotos auf einer Karte dargestellt und so präsentiert, als ob die Frauen nur darauf warten würden, von Männern kontaktiert zu werden. Nach einem kurzen, aber heftigen Shitstorm wurde die App zurückgezogen. Nach wie vor gibt es aber unzählige Apps, die Daten für ganz andere Zwecke nutzen, als für die sie eigentlich gegeben wurden.
Die Fans der Quantified-Self-Bewegung werden jubeln, ein weiteres Feld der Amateurbeobachtung ist eröffnet: Mit einer neuen App der US-Firma Lapka, deren Prototyp bei der letzten Consumer Electronic Show in Las Vegas gezeigt wurde, kann man durch zusätzliche Sensoren den Nitratpegel von Lebensmitteln, radioaktive Strahlung der Umgebung, elektromagnetische Wellen und andere Umweltfaktoren messen und via App analysieren. Ob die Umweltstation in der Westentasche für den Besitzer sinnvoll ist, bleibt dahingestellt, Tatsache ist, dass hier weitere Kanäle der Datengenerierung entstehen, die in Zukunft in unterschiedlichste
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