Das Ende ist mein Anfang - Ein Vater ein Sohn und die grosse Reise des Lebens
in die ihre - da ist es doch unmöglich zu gewinnen! Und dieses hochintelligente, teuflische Schlitzohr von Kissinger begreift das plötzlich. Also sagt er 1973 zum amerikanischen Präsidenten: „Am besten, wir behaupten, wir hätten gesiegt, und ziehen ab!“Es folgen das Abkommen von Paris und der Waffenstillstand, und dann nichts wie weg! Die Amerikaner verschwinden aus Saigon, überlassen den Süden des Landes den Südvietnamesen und leiten so die „Vietnamisierung“des Krieges ein.
FOLCO: Die Südvietnamesen haben noch zwei Jahre allein gegen die Kommunisten gekämpft?
TIZIANO: Ja, mit Hilfe der Amerikaner, die das Land weiter von oben bombardierten. Schön, was? Aus drei Kilometern Höhe - bumm! - brachten sie die Leute um.
Kissinger kommt nach Saigon und die Amerikaner stellen eine Marionettenregierung unter Thieu auf die Beine, die foltert, tötet, alles macht, was sie will, um die Kommunisten auszumerzen. Die Amerikaner geben ihnen Waffen und Geld, nur amerikanische Bodensoldaten, GIs, auf die geschossen wird, gibt es keine mehr. Geschossen wird jetzt auf Südvietnamesen.
1975, als das Spiel sich offensichtlich dem Ende zuneigt, geht Thieu in die Zentralbank in Saigon, befiehlt, ihm alles vorhandene Gold auszuhändigen, lässt es in sein Flugzeug laden und fliegt davon. Den Rest seines Lebens hat er dann ungestört und seelenruhig in London verbracht. Dass sein Land in einem totalen Chaos versank, war ihm doch egal.
FOLCO: Wie, er hat sogar die Staatskasse mitgehen lassen? Dass die es aber auch immer schaffen, ungeschoren davonzukommen!
TIZIANO: Thieu war eine widerwärtige Figur. Was die Amerikaner damals mit ihm durchgezogen haben, probieren sie heute im Irak schon wieder. Du wirst sehen: Sie werden versuchen, im Irak eine Militärdiktatur einzusetzen, werden den Schergen Saddams die Folterungen und den ganzen Rest überlassen, sich selbst möglichst raushalten und nur dann militärisch eingreifen, wenn es unbedingt nötig ist.
Aus dem Wald erschallt der Ruf eines Kuckucks.
FOLCO: Und wie waren die kommunistischen Guerillas, die Vietcong? Bist du ihnen jemals begegnet?
TIZIANO: Ja. Wir wussten, dass die Vietcong mit dem Waffenstillstand’73 beinahe bis Saigon vorgerückt waren und große Teile des Mekongdeltas besetzt hatten. Mit Abbas, einem Fotografen, und Jean-Claude Pomonti von Le Monde fuhr ich in der Hoffnung los, welche zu treffen. Es wurde ein richtiges Abenteuer. Mit unseren Jeeps - einem mit französischer Flagge und einem mit italienischer - stellten wir uns eines Abends auf eine Lichtung und warteten, dass jemand zu uns käme, denn die Vietcong von uns aus aufzusuchen, war unmöglich. Endlich tauchte ein alter Mann auf, und Jean-Claude, der gut Vietnamesisch sprach, sagte: „Wir sind Journalisten, wir wollen die Vietcong treffen.“Und er antwortete auf Englisch: „ Me no vc!“ FOLCO: Aber er war einer, oder?
TIZIANO: Klar. Als Erstes sagten sie aber immer: „Ich bin kein Vietcong, mit denen hab ich nichts zu tun!“Doch am Ende gab er ganz genaue Anweisungen für eine Zusammenkunft: Am Kilometer sowieso der großen Straße nach Süden sollten wir in einen Feldweg einbiegen, drei Kilometer weiterfahren, das Auto irgendwo im Schatten verstecken und dabei stets auf der Hut sein, dass die Soldaten der Regierungstruppen uns nicht schnappten oder abschossen und dass ihre Flugzeuge uns nicht bombardierten; schließlich sollten wir einen kleinen Staudamm entlanggehen.
Wir taten, was er gesagt hatte. Es war helllichter Tag und plötzlich kam ein etwa zehnjähriges Mädchen zwischen den Palmen hervor und bedeutete uns, ihr über die kleinen Dämme zwischen den Reisfeldern zu folgen. Da begriffen wir, dass die Verabredung geklappt hatte. Sie brachte uns in ein Dorf und wir wurden begeistert empfangen. „Die internationale Presse!“, und so weiter.
FOLCO: Haben sich die Vietcong gefreut, die Presse dazuhaben?
TIZIANO: Und wie! Schließlich hatten sie den Krieg mit Hilfe der Presse gewonnen! Wir blieben, glaube ich, vier oder fünf Tage dort. Wahnsinn! Mit kleinen, leise plätschernden Pirogen glitten wir die abgelegensten Seitenarme des Mekong entlang, durch den zirpenden, quakenden Dschungel voller Mangroven und Krokodile. Wir fuhren von Dorf zu Dorf, und restlos alle waren treue Anhänger der Vietcong. Kinder, blutjunge Frauen mit Gewehren in der Hand! Unser Begleiter hatte einen Sack Reis für uns dabei, denn wir waren ihre Gäste, und so aßen wir diese schönen, runden
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