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Das Ende ist mein Anfang - Ein Vater ein Sohn und die grosse Reise des Lebens

Titel: Das Ende ist mein Anfang - Ein Vater ein Sohn und die grosse Reise des Lebens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tiziano Terzani
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Reiswaffeln, die aus Reisbrei zubereitet und auf weißen Tüchern in der Sonne getrocknet werden - lecker, aber mit den um Ananasherzen gewickelten Garnelen natürlich nicht zu vergleichen! Du musstest einfach Zuneigung zu diesen Leuten entwickeln, du konntest gar nicht anders.
    Jede Nacht schliefen wir in einem anderen Dorf, unter den Mückennetzen, die wir mitgebracht hatten. Eine Stille! Wunderschön, diese Nächte im Mekongdelta!
    Nach ein paar Tagen meinten sie, nun würde es allmählich gefährlich, es habe sich herumgesprochen, dass wir dort waren, man habe unsere Autos gefunden und es sei besser, wir führen ab. Also ging es den ganzen Weg wieder zurück. Irgendwann sagten die Vietcong, die uns mit ihren Gewehren begleitet hatten: „Nun müsst ihr alleine weiter gehen.“Wieder tauchte das zehnjährige Mädchen auf und führte uns über die Dämme bis zur Straße. Unsere Autos standen noch da, und so fuhren wir nach Saigon zurück - die ersten drei Journalisten, die bei den Vietcong gewesen waren!
    Wir hatten alles gesehen, fotografiert, mit ihnen gesprochen. Später, als ich 1975 noch einmal nach Saigon kam, waren diese Fotos für mich wichtig. Da ich fürchtete, die Nordvietnamesen könnten mich umbringen, steckte ich mir eines dieser Fotos in die Unterhose, auch wenn das hieß, dasselbe Risiko einzugehen, falls ich Thieus Südvietnamesen in die Hände fiel!
    Der Kuckuck ruft noch einmal.
    Es war eine schöne Erfahrung. Zu den „Anderen“zu gehen! Wie sind sie? Was wollen sie? Wie leben sie? Solche Abenteuer öffneten dir Fenster, verstehst du? Fenster auf eine Welt, die keiner von uns kannte. Denn wie ich schon sagte, die einzigen Vietcong oder Roten Khmer, die wir bis dahin gesehen hatten, lagen als Leichen in den Straßengräben. Diese hingegen waren quicklebendig: der politische Kommissar mit seiner funkelnden Pistole, der Militärkommandant, der Chef der Flugabwehr, der Leiter der Theatertruppe, diejenigen, die nachts die Boote mit Lichtern bestückten … Es war eine gut funktionierende Gesellschaft.
    Nur dass ich schon damals fürchterliche Schwierigkeiten mit dem Schreiben hatte, war wirklich ein Drama. Soll ich dir was Lustiges erzählen? Als wir von der Reise wiederkamen, erschien Jean-Claude nach drei Stunden geschniegelt und gebügelt an meiner Tür und fragte, ob ich mit zum Essen käme. Und ich hatte noch keine einzige Zeile geschrieben! Und auch am nächsten und übernächsten Tag bekam ich nicht einen Satz aufs Papier. Drei Tage lang blieb ich im Sarong auf dem Zimmer, starrte auf die Flagge, die die Vietcong uns geschenkt hatten, und versuchte, einen Anfang für meine Geschichte zu finden.
    FOLCO: Und Jean-Claude war schon fertig?
    TIZIANO: Er hatte schon vier Artikel geschrieben! Nach drei Stunden war der erste fertig, die Einleitung, und an den Tagen danach schrieb er noch vier oder fünf weitere. Ich war verzweifelt. Da hatte ich nun diesen enormen Scoop und außerdem den Abgabetermin für den SPIEGEL, ich musste einfach schreiben - und konnte nicht! Ich weiß noch genau, wie ich schließlich brennend vor Scham den ersten Satz formulierte: „Es sind nicht die Fahnen, es ist nicht irgendein x-beliebiges äußeres Anzeichen, nein, es sind die glücklichen Gesichter der Menschen, an denen du merkst, dass du eine Grenze überquert hast…“
    Ein beschissener Anfang, was?
    Er lacht.

SINGAPUR

    FOLCO: Und wir waren während deiner Abenteuer in Indochina in Singapur.
    TIZIANO: Ja, ich pendelte immer hin und her. Zwei oder drei Wochen Vietnam, eine oder zwei Wochen bei euch. Dort schrieb ich dann Artikel über das Leben in Indonesien, über Malaysia oder über Singapur, das geographisch sehr günstig lag, fünfundvierzig Flugminuten von Saigon, wenn ich mich recht erinnere.
    FOLCO: Und wieso kamst du immer wieder nach Singapur?
    TIZIANO: Wegen euch! Ich hatte euch dort untergebracht, weil das sicherer war. Es wäre mir nicht im Traum eingefallen, euch nach Saigon zu holen, wo täglich Bomben explodierten. Nein, euch ging es besser in dem schönen, ruhigen Haus in Singapur, unserem ersten Haus in Asien, fast auf dem Äquator. Kannst du dich noch an die Ventilatoren mit den großen Flügeln erinnern, die sich immer drehten? Und im Erdgeschoss gab es zur besseren Durchlüftung keine Scheiben, sondern nur Fensterläden. Was haben wir in Asien für schöne Häuser gehabt! Später sind sie alle abgerissen worden. Auch daran sieht man, wie der Orient sich verändert hat.
    Schon nach wenigen

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