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Das Ende ist mein Anfang - Ein Vater ein Sohn und die grosse Reise des Lebens

Titel: Das Ende ist mein Anfang - Ein Vater ein Sohn und die grosse Reise des Lebens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tiziano Terzani
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flächendeckenden Bombardement erlebt hatte und an die Bauern da unten in den Dörfern dachte oder meinetwegen auch an die Soldaten, die sich mit den Händen Erdlöcher gegraben, Palmzweige darüber gedeckt und sich darin verborgen hatten, konnte sich einfach nicht auf die Seite der anderen stellen, die aus einer Höhe von mehreren Kilometern auf Knopfdruck Bomben oder - was noch schlimmer war - Napalm abwarfen. Diese Bombardements der B-52 waren entsetzlich, die totale Vernichtung.
    Außerdem wurde der Konflikt auf dem Territorium der Vietnamesen ausgetragen - ein altes Problem, das stets von Neuem entsteht, auch jetzt wieder im Irak. Die Vietnamesen waren in ihrer Heimat, die anderen lebten Tausende von Kilometern weit weg und kamen in ein Land, mit dem sie nichts verband, dessen Geschichte und Kultur ihnen vollkommen unbekannt war. Und wozu? Um „den Kommunismus“zu bekämpfen, der war ihr Feind! Da sie sich mit China nicht anlegen konnten - immerhin waren die Chinesen fast eine Milliarde -, hatten sie es mit Korea versucht, wo es ein bisschen weniger Menschen waren, aber richtig glatt war das nicht gelaufen und so hofften sie, dem Kommunismus nun in Vietnam einen ordentlichen Schlag zu versetzen. Nur dass es am Ende mit einer tiefen Demütigung für die Amerikaner endete, die ihnen noch heute zu schaffen macht.
    FOLCO: Es war vielleicht die schlimmste, die sie je erlitten haben.
    TIZIANO: Ja, es war eine schwere Niederlage, wirklich. Eine halbe Million Soldaten - und trotzdem haben sie es nicht geschafft. Obwohl sie in der südvietnamesischen Marionettenregierung einen Verbündeten hatten. Natürlich gab es Leute, die von den Amerikanern profitierten und die auch bereit waren, für sie ihr Leben zu riskieren. Aber die Bevölkerung - das wurde einem klar, sobald man die Hauptstadt Saigon verließ - konnte nicht für die Amerikaner mit all ihren Panzern und Flugzeugen sein. Man brauchte sich nur diese abgemagerten Männer anzusehen, die nichts als eine Handvoll Reis pro Tag zu essen hatten und sich von den B-52 massakrieren ließen. Natürlich stand die Bevölkerung auf ihrer Seite, das war doch klar.
    Wollen wir eine kleine Pause machen und in Ruhe eine Banane essen?
    Ich reiche ihm die Obstschale.
    Aber dieser Krieg hatte auch etwas Faszinierendes. Denk nur, was es für diese amerikanischen GIs aus Iowa oder sonstwo bedeutete, auf einmal mitten in einer Welt zu sein, wo es Mädchen in Hülle und Fülle gab, die du dir für eine ganze Woche mieten konntest, wenn du von der Front kamst! Neugier, Perversion, Begeisterung! Viele verliebten sich. Viele haben diese Mädchen auch geheiratet und dann nach Amerika mitgenommen.
    In Saigon lebte es sich geradezu luxuriös: französische Boutiquen, exquisite Restaurants. Meine Herren! Abends speiste man in Lokalen mit vergitterten Türen, damit keiner reinkommen konnte, um eine Handgranate zu werfen. Dieses Essen, Folco! Himmlisch! Diese unvergesslichen Crevettes , um einen Ananasstrunk gewickelte Garnelen. Es gab alles: Fisch, Bier, Frauen - diese hocheleganten Mädchen im ao dai -, aufgeblasene Militärs, die in ihren Jeeps mit bewaffneter Eskorte davonjagten. FOLCO: Im Irak heute ist es bestimmt lange nicht so romantisch. TIZIANO: Stimmt, das ist etwas völlig anderes. Da gibt es das alles nicht. Und vor allem gibt es keinerlei Kontakt zur Zivilbevölkerung, denn im Irak wirst du gehasst. Die Vietnamesen hingegen waren Ausländer gewöhnt. Die französischen Kolonialherren, die Japaner … mit wem waren die nicht alles im Bett gewesen!
    Für mich waren diese Erfahrungen unglaublich aufregend. Innerlich war ich nie ernsthaft beteiligt, ich bin immer wieder nach Hause zu dem Pflock zurückgekommen, an den ich mich gebunden fühlte, aber zwischendurch habe ich nichts ausgelassen. Ich kannte alle Bordelle Saigons. Eins in der Nähe des Flughafens - es hieß Le Chien Qui Baise, der fickende Hund - war mit lauter Wassermatratzen ausgestattet. Manchmal war da die Hölle los, wenn die Amerikaner, die die vietnamesischen Mädchen besprangen, betrunken waren, wütend auf die Matratzen losballerten und das ganze Wasser herausfloss. Am nächsten Tag kam dann jemand mit Gummiflicken und reparierte sie wieder. Und dann diese Ströme von Bier! Die Amis hatten Riesenvorräte an Budweiser, die sie überallhin mitnahmen.
    Und immer wieder ging an diesen Orten dann plötzlich eine Granate hoch - bumm!
    FOLCO: Die Vietnamesen wollten sich einfach nicht geschlagen geben.
    TIZIANO: Ja, das

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