Das Ende meiner Sucht
auch bei nicht stoffgebundenen Süchten sowie bei verschiedenen Drogensüchten einschließlich Rauchen untersucht werden sollte.
Viele sedativ-hypnotische Drogen wirken über GABA. Was Baclofen von allen mit einer Ausnahme unterscheidet, ist, dass es am GABA B -Rezeptor im Gegensatz zum GABA A -Rezeptor wirkt. Alkohol, Barbiturate, Topiramat, Vigabatrin und Benzodiazepine wie Valium wirken allesamt am GABA A -Rezeptor. Die einzige andere bekannte Substanz außer Baclofen, die am GABA B -Rezeptor wirkt, ist Gamma-Hydroxybutyrat (GHB).
GHB kommt natürlich in kleinen Mengen im menschlichen Körper und in vielen anderen Organismen vor. Natürlich oder endogen wirkt GHB an vielen Stellen im Gehirn, unter anderem an einem kürzlich entdeckten GHB-Rezeptor. Synthetisches oderexogenes GHB war viele Jahre in Europa ein in der Geburtshilfe ziemlich geläufiges Anästhetikum und Schlafmittel. Unter dem Handelsnamen Alcover wird es in Italien zur Behandlung von Alkoholismus eingesetzt. In den meisten anderen Ländern wird die Indikation sehr streng gestellt, weil es ein erhebliches Missbrauchspotenzial hat. Es macht leicht abhängig und wurde als Vergewaltigungsdroge verwendet.
Die geringen Mengen von endogenem GHB müssen im Körper eine notwendige Funktion erfüllen. Welche das ist, weiß man noch nicht, aber mir scheint es wahrscheinlich, dass sie mit den sedativhypnotischen Effekten von GHB zusammenhängt und deshalb mit der Fähigkeit des Körpers, zu entspannen und sich von Stress zu erholen. In einem unabhängig begutachteten, kürzlich in Alcohol and Alcoholism veröffentlichten Aufsatz (siehe Anhang) habe ich die Hypothese aufgestellt, dass einer Suchtmittelabhängigkeit ein durch GABA B vermitteltes dysphorisches Syndrom infolge GHB-Mangel zugrunde liegen könnte. Ein biologischer Mangel an GHB würde demnach als Verlust der sedativen Wirkung erlebt mit der Folge von Angst, Muskelverspannung, Schlaflosigkeit und/oder Depression. Alkohol und andere Drogen würden demnach dazu führen, diese unangenehmen Zustände zu »korrigieren«. Die Tatsache, dass die sedativ-hypnotischen Wirkungen von GHB am GABA B -Rezeptor registriert werden, könnte erklären, warum Baclofen, die einzige andere Substanz, die an diesem Rezeptor wirkt, bei Sucht und der zugrunde liegenden Dysphorie hilfreich sein kann. Nach Veröffentlichung dieses Aufsatzes sagten mir Giancarlo Colombo, der GHB-Forscher Fabio Caputo, George Koob, Michel Le Moal, Jerry Posner und Dave Roberts, der Gedankengang interessiere sie sehr und sie fänden es wert, dem weiter nachzugehen.
Ich diskutierte die mögliche Bedeutung eines GHB-Mangels bei Alkoholismus auch in einem ebenfalls unabhängig begutachteten Aufsatz in The American Journal of Drug and Alcohol Abuse, der ein Kommentar zu einem Aufsatz von Felice Nava et al. über den Einsatzvon GHB in der Behandlung von Alkoholabhängigkeit war. (Siehe Anhang.)
In einer Antwort auf meinen Aufsatz schrieb Dr. Nava in seinem Namen und dem seiner Ko-Autoren einschließlich Gian Luigi Gessa, der in der Suchtmedizin für seine Forschungen zu GHB, Baclofen und verwandten Themen hohes Ansehen genießt, mein Kommentar sei »sehr anregend«: »Im Licht der … Belege [dass GHB und Baclofen am GABA B -Rezeptor wirken] und unserer jüngsten Forschungen weist Dr. Ameisen zu Recht darauf hin, dass Alkoholismus eine Krankheit sein könnte, für die ein GHB-Mangel im Gehirn charakteristisch ist … Da … Baclofen sowohl bei Tieren wie bei Menschen die Aufnahme verschiedener Drogen einschließlich Alkohol unterdrückt, können wir … vermuten, dass endogenes GHB nicht nur bei Alkoholismus eine Schlüsselrolle spielt, sondern auch bei mehreren anderen Formen der Drogenabhängigkeit.« Dr. Nava folgerte: »Wenn [Ameisens] Hypothese sich bestätigen lässt, wird es gelingen, die Rolle von endogenem GHB zu erhellen«, was der medizinischen Wissenschaft noch nicht gelungen ist, seit Henri Laborit in den 1960er Jahren in Verbindung mit GABA die Erforschung von GHB begann. 11
Wie ich geschildert habe, weckte Baclofen ursprünglich mein Interesse, weil ich überzeugt war, dass meine lebenslangen Muskelverspannungen ein wichtiges Symptom der Angst waren, die zu meiner Alkoholabhängigkeit geführt hatte. Neuere Forschungen lassen vermuten, warum die muskelrelaxierende Wirkung von Baclofen über den GABA B -Rezeptor womöglich so großes Potenzial für die Suchttherapie besitzt.
Die Gehirnforschung zu Abhängigkeit hat sich auf die
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