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Das Ende meiner Sucht

Das Ende meiner Sucht

Titel: Das Ende meiner Sucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Olivier Ameisen
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Milligramm. Diese Dosierungen entsprechen bei einem durchschnittlichen männlichenErwachsenen 0,5 bis 1 Milligramm pro Kilogramm Körpergewicht, deutlich unter den 1 bis 3 Milligramm pro Kilogramm Körpergewicht, bei denen Baclofen den Konsum von Alkohol unterdrückt, und den 1 bis 5 Milligramm pro Kilogramm Körpergewicht, bei denen es in Tierversuchen den Konsum anderer Suchtmittel unterdrückt hat. Der Grund für die Begrenzung auf 30 Milligramm täglich in den Alkoholstudien sei, so haben Giovanni Addolorato et al. geschrieben, dass diese Dosis »die vom Hersteller empfohlene therapeutische Minimaldosierung zur Vermeidung von Nebenwirkungen« darstellt. 8
    Die beiden potenziell beeinträchtigenden Nebenwirkungen von hoch dosiertem Baclofen sind Schläfrigkeit und Muskelschwäche, aber sie halten in der Regel nicht länger als einen oder zwei Tage an und sind immer vollständig reversibel. Ich erlebte eine unangenehme Schläfrigkeit bei 270 Milligramm Baclofen pro Tag, bei niedrigeren Dosierungen jedoch nur mildere Formen. Bei meiner Erhaltungsdosis von 120 bis 160 Milligramm pro Tag tritt keine Schläfrigkeit auf. Und Muskelschwäche habe ich unter Baclofen nie erlebt.
    Ich bin zwar die erste Person, für die eine vollständige Unterdrückung der Sucht durch dosisabhängiges Baclofen dokumentiert ist, aber nicht die einzige. Dr. Bucknams Patient Herr A. hat das Gleiche erlebt und ebenso der Patient, über den Dr. Hallberg im Minnesota Public Radio berichtet hat. In der Ausgabe vom Juni 2007 der Zeitschrift Journal of Clinical Psychopharmacology schilderten Roberta Agabio et al. den Fall eines alkoholabhängigen Patienten, dessen Craving mit nur 75 Milligramm Baclofen pro Tag unterdrückt wurde. Im Hôpital Paul Guiraud in Paris behandelt mein Freund Dr. Renaud de Beaurepaire zwei Alkoholpatienten, die bislang auf keine der üblichen Therapien ansprachen, erfolgreich mit hoch dosiertem Baclofen.
    In Genf hat Pascal Gache bisher bei 17 Patienten hoch dosiertes Baclofen angewendet. Zwölf Patienten wurden über einen Zeitraum von einem Jahr nachbeobachtet. Zwei Patienten fielen aus demBehandlungsprogramm heraus, offenbar weil ihnen die Motivation fehlte, ihr Trinken in den Griff zu bekommen. Zehn Patienten durchliefen das gesamte Behandlungsprogramm, und neun erreichten eine Unterdrückung ihres Craving und anderer Symptome der Alkoholabhängigkeit mit täglichen Dosierungen zwischen 75 und 300 Milligramm, das heißt, innerhalb der Grenzen, in denen sich die Neurologen ohne Probleme seit den 1960er Jahren bewegen.
    Bemerkenswert ist, dass neun von zehn Patienten eine das Craving unterdrückende Dosierung fanden, die keine anhaltende Schläfrigkeit oder andere störende Nebenwirkungen verursacht. Weder Placebo noch eine andere Medikation hat derartige Ergebnisse gebracht. Und wie ich gelangten auch diese Patienten in wenigen Wochen zu der wirksamen Dosis. Hoch dosiertes Baclofen besitzt anscheinend die einzigartige Fähigkeit, schlagartig und mühelos zu Abstinenz zu führen.
    In dieser Hinsicht ist es wichtig anzumerken, dass Patienten häufig Naltrexon, Acamprosat und Topiramat absetzen, weil sie so wenig Wirkung verspüren. Weil es bei der oralen Einnahme von Naltrexon das Problem der mangelnden Compliance gab, wurde eine injizierbare Form entwickelt. Im Gegensatz dazu werden die positiven Effekte von Baclofen beinahe sofort spürbar durch Muskelentspannung und ein Gefühl von Wohlbefinden, was die Therapietreue steigern sollte.
    Eine Patientin von Dr. Gache, die Frau, die ihm den Bericht in Top Santé gezeigt hatte, besuchte mich in Paris. »Ich kann gar nicht glauben, was mir passiert ist«, sagte sie und fragte: »Darf ich Sie Sigmund nennen?«
    »Wieso Sigmund?«
    »Wegen Sigmund Freud.«
    »Nun, ich bin kein besonderer Fan von Freud, deshalb wäre es mir lieber, wenn Sie mich Olivier nennen.«
    Sie fuhr fort: »Menschen aus aller Welt kamen zu Sigmund Freud nach Wien. Ich bin nach Paris gekommen, um Sie zu sehen.Ich war so oft in Entzugskliniken. Alles fiel auseinander. Ich habe als Mutter nicht mehr funktioniert. Jetzt führe ich wieder ein normales Leben.«
    Ihr Besuch und ihre Worte bewegten mich sehr, und genauso war es, als mich Herr A. und seine Frau bei einem Ferienaufenthalt in Paris im Sommer 2007 unbedingt besuchen wollten. Da mein Bericht im Internet verfügbar ist, dürfte es noch eine Reihe weiterer Patienten geben, die von ihren Ärzten Baclofen bekamen und echte und anhaltende Erleichterung

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