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Das Erbe der Apothekerin - Roman

Das Erbe der Apothekerin - Roman

Titel: Das Erbe der Apothekerin - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karla Weigand
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ehe er sich für ein Mädchen entschied – sehr zum Missfallen der Gemeindepriester.
    Die Apothekerin wählte aus ihrem reichhaltigen Sortiment eine Arnikasalbe gegen Prellungen, Quetschungen und Blutergüsse aus; eine dicke Schicht davon trug sie unter dem straffen Verband auf seinem Oberkörper auf, nachdem sie ihn gründlich gewaschen hatte. Eine andere Heilsalbe, hergestellt aus Ringelblumen und gut gegen Hautabschürfungen, war geeignet, seinem lädierten Gesicht Linderung zu verschaffen. Das gebrochene Nasenbein musste allerdings von selbst zusammenwachsen.
    Magdalena fühlte sich auf einmal unwohl, allein in einem Raum mit dem halbnackten Jüngling, der – allem Anschein nach – seine ersten Erfahrungen mit dem weiblichen Geschlecht bereits hinter sich hatte. Vor Verlegenheit wurde sie plötzlich rot, als sie seinen muskulösen Brustkorb bandagierte, und hoffte, er möge ihre Verwirrung nicht bemerken.
    Sie beeilte sich mit dem Verarzten und vermied es, ihrem Patienten in die Augen zu schauen. Auch an den kräftigen Oberarmen und an den Fingerknöcheln hatte Betz Blessuren davongetragen. Unter seinen abgebrochenen Fingernägeln bemerkte sie Hautfetzen. Anscheinend hatte er sich wie ein Wilder gegen die drei Unbekannten gewehrt, die ihn – angeblich – grundlos angegriffen hatten. Bei aller Professionalität, die Magdalena zugute kam, war in dem kleinen Zimmer eine seltsame Spannung zu verspüren, die auch den jungen Burschen nicht kalt zu lassen schien.
    So räusperte sich Betz verlegen, als die junge Frau, mit Blick auf die Blutflecken an seiner Hose, besorgt fragte, ob er etwa auch Wunden am Oberschenkel abbekommen habe.
    »Nein, nein!« wehrte er hastig ab. »Es ist nichts weiter,
Frau Lena.« Er errötete. »Es sind bloß Abschürfungen, die ich mir zugezogen habe, als die Kerle mich auf die Gasse warfen. Die kann ich selber verbinden.«
    »Wie du meinst.« Aber sie glaubte ihm nicht recht – dafür bluteten die Wunden zu stark. Sie beschloss, ihm reichlich Verbandsmaterial mitzugeben, dazu die Ermahnung, die Wunden mit sauberem, abgekochtem Wasser auszuwaschen.
    Als sie ihre Medikamente zusammenpackte, überließ sie ihm ein langes Stück Leinenbinde und Salbe in einem Tiegel. Alles andere verstaute sie in einer Truhe. Dann kramte sie erneut in ihrem Weidenkorb und holte ein Fläschchen hervor.
    »Da sind Tropfen aus dem Extrakt der Weidenrinde«, erklärte sie mit abgewandtem Blick, hatte sich Betz doch immer noch nicht vollständig angekleidet. Das Spiel seiner gut ausgebildeten Muskeln an den Oberarmen zog sie an – und stieß sie zugleich ab. Am liebsten hätte sie seinen Bizeps gefühlt und andererseits war sie enttäuscht darüber, dass ihr Schützling anscheinend über Nacht aufgehört hatte, ein Kind zu sein.
    »Dieses Mittel ist gut gegen die Schmerzen. Nimm jeweils zwanzig Tropfen auf einen Löffel und schlucke sie auf einmal – auch wenn sie gallenbitter sind. Sie werden dir helfen und dir erlauben, zu schlafen. Wenn eine Dosis nicht genügt, nimm ruhig noch eine zweite und wenn nötig, eine dritte; sie werden dir nicht schaden. Und jetzt: Gute Nacht!«
    Der Apothekerlehrling, der sich inzwischen mit Mühe sein Hemd über den dicken Verband gestreift hatte – er würde ihn mindestens drei Wochen lang tragen müssen –, schnappte sich Wams, Jacke und Verbandszeug und wandte sich zur Tür, um seinen Verschlag neben der Treppe, nahe dem Eingangstor, aufzusuchen.

    »Ich danke Euch, Frau Lena«, sagte er leise. »Ich weiß, dass ich Euch enttäuscht habe und es tut mir sehr leid. Ich verspreche Euch, dass so etwas nicht mehr vorkommen wird.« Behutsam zog er die Tür hinter sich zu.
    Magdalena schoss augenblicklich das Blut in den Kopf. »Er hat bemerkt, welche Gedanken mir in den Sinn gekommen sind! Und ich habe richtig gelegen mit meinem Verdacht: Er ist tatsächlich bei einer Hure gewesen, ist mit anderen Freiern in Streit geraten und wurde gnadenlos verprügelt!«
    Im nächsten Moment befiel sie heftiger Ärger über sein Verhalten – und auch eine gewisse Scham darüber, dass ihr das Kopfzerbrechen bereitete. Er hatte keineswegs übersehen, dass sie über seine erwachte Männlichkeit Bescheid wusste und verdächtig sensibel darauf reagierte. Nach einer Weile erst gewann ihre ruhige und überlegte Wesensart wieder die Oberhand.
    »Was soll’s? Wir lebten bisher beide einträchtig unter demselben Dach und arbeiten zusammen im Kloster – und so wird es auch bleiben. Unsere

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