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Das Erbe der Apothekerin - Roman

Das Erbe der Apothekerin - Roman

Titel: Das Erbe der Apothekerin - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karla Weigand
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Es beinhaltete die Verdammung der hussitischen Artikel sowie die Anordnung, Hussens sämtliche Schriften zu verbrennen und diejenigen der Häresie anzuklagen, die seinen Lehren anhingen.
    Man degradierte den Magister in aller Öffentlichkeit, indem man ihn des Kreuzes, das er um den Hals trug, und seiner priesterlichen Gewänder beraubte, ihm das Haupthaar schor und ihn in ein graues Büßergewand hüllte. Zum Schluss setzte man ihm einen papierenen Hut auf, auf dem zwei rote Teufel und das Wort »Erzketzer« aufgemalt waren.
    Dann verkündete der Bischof laut: »Das Heilige Konzil hat Johannes Hus aller geistlichen Würden und Rechte beraubt. Wir übergeben ihn damit dem weltlichen Gericht.«
    Der König selbst sagte kein Wort. Aber der Pfalzgraf rief Hans Hagen, den Vogt von Konstanz, herbei und befahl ihm: »Übernehmt nun den Häretiker! Er ist nach des Königs und meinem Befehl zu verbrennen.«
    Ritter Bodman und die Stadtsoldaten führten daraufhin den Magister hinaus und brachten ihn auf eine Wiese jenseits
der Stadtmauer, wo die öffentlichen Hinrichtungen stattfanden. Die hochwürdigen Prälaten und die erlauchten weltlichen Würdenträger ersparten sich das grausige Finale. Stattdessen war das Volk zugegen, Männer, Weiber und selbst Kinder hatten sich in großen Mengen eingefunden.
    Auch Bernhard und Magdalena sowie Doktor Julius Zängle waren darunter. Aber sie waren nicht von Genugtuung erfüllt, sondern trugen Trauer und Wut im Herzen. Für die meisten Gaffer jedoch war eine Verbrennung ein herrliches Schauspiel; es herrschte, wie bei solchen Anlässen üblich, regelrechte Volksfeststimmung.
    Der Henker band Hus an einen Pfahl, um ihn herum wurden Holz, Reisig und Stroh aufgeschichtet. »Zündet den Teufel an!«, schrien etliche inmitten der erregten Menge, während von anderen zu hören war: »Ja, lasst den Ketzer endlich schmoren!«
    Hus richtete sein Gesicht gen Himmel und betete laut und andächtig, wobei er seinen Geist in Gottes Hände befahl. Julius Zängle war von dieser unerschütterlichen Frömmigkeit so stark beeindruckt, dass er laut nach einem Beichtvater für den Verurteilten verlangte.
    Magdalena blieb beinahe das Herz stehen vor Furcht, als sie miterlebte, wie ihr Vetter sich unerschrocken an einen feisten Pfaffen wandte, der nahebei in seidenem Gewand auf seinem Pferd saß.
    Der Priester lehnte es jedoch kühl ab, dem Todgeweihten die Beichte abzunehmen: »Es handelt sich schließlich um einen Ketzer!«, wehrte er mit allen Anzeichen frommer Empörung dieses Ansinnen ab.
    Eine allerletzte Formalität stand noch aus. Aber schon galoppierte der Reichsmarschall von Pappenheim heran. Soldaten mussten ihm erst gewaltsam den Weg freimachen, so
dicht stand die Menge um den Scheiterhaufen herum. Der Marschall überbrachte des Königs letzte Aufforderung zum Widerruf. Hus weigerte sich erwartungsgemäß, worauf Pappenheim die Hand hob und der Nachrichter die lodernde Fackel an das Reisig hielt.
    »Der Schwere der Häresie und seiner Verstocktheit wegen«, wurde dem Reformator die Gnade verwehrt, vom Henker vor dem Verbrennen erdrosselt zu werden.
    Jan Hus sang bis zuletzt geistliche Lieder. Solange sein Atem reichte, konnten die Zuschauer hören, wie er den Herrn Jesus Christus bat, er möge sich seiner erbarmen. Magdalena vermochte schließlich nicht mehr, ihre Tränen zurückzuhalten, sollten die Umstehenden doch denken, was sie wollten! Nach einer Weile schlugen Hus die prasselnden Flammen ins Gesicht. Das Feuer loderte mächtig, denn um das Ganze zu beschleunigen – und damit dem Verurteilten noch längere Qualen zu ersparen – hatte der Henker flüssiges Pech auf das Holz geschüttet.
    Magdalena stockte vor Entsetzen fast der Atem, als sie sah, wie der Reformator, dessen Körper bereits völlig hinter der Feuersbrunst verschwand, sein Haupt ruckartig hin- und herbewegte –, als mache er einen letzten verzweifelten Versuch, seine Haut zu retten. Seine immer schwächer werdenden Schmerzensschreie wurden schließlich vom Prasseln des Feuers übertönt und vom Rauch erstickt.
    Allmählich entfernten sich die Zuschauer vom Ort des grausigen Geschehens, denn ein äußerst ekelerregender Gestank begann sich zu verbreiten.
    »Es riecht nicht nur nach verbranntem Fleisch, sondern auch nach Aas«, murmelte Zängle und verzog angewidert das Gesicht. Magdalena nickte. »Anscheinend haben sie unter dem Scheiterhaufen ein totes Tier vergraben, um dem Volk
zu suggerieren, es sei Hus, der die

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