Das Erbe der Apothekerin - Roman
Reitstall.«
»Gott sei Dank, Peter! Die Sünde des Stehlens musst du nicht auf dich laden. Ich habe noch genügend Geld, um einen Wagen zu mieten. Hier, nimm!«
»Vergelt’s Euch Gott, Jungfer. Dann mach’ ich mich jetzt auf den Weg. Um Eure Frage von vorhin zu beantworten: Ich stamme aus Meckenbeuren und kenne ganz Oberschwaben wie meine Hosentasche. Und noch etwas: Um Gretel und Liese müsst Ihr Euch nicht sorgen: Die beiden laufen nicht weg!«
Damit ließ Peter Magdalena auf der von der Frühlingssonne beschienenen Lichtung zurück. Die junge Frau legte sich ins hohe, mit Wiesenblumen bestandene Gras; sie konnte erneut von ihrem wunderschönen, starken Geliebten,
von Konrad, ihrem Bräutigam, träumen und von ihrem gemeinsamen Kind, von dem sie nicht einmal wusste, ob es ein Bub oder ein Mädchen sein würde …
Obwohl Magdalena natürlich keineswegs damit gerechnet hatte, von ihrem Vormund, Oheim Mauritz, mit Begeisterung empfangen zu werden, hätte sie sich dennoch niemals ein solches »Willkommen« in ihren allerschlimmsten Alpträumen ausmalen können.
Dieser Mann, der ihr eigentlich bisher stets fremd geblieben war, tobte regelrecht. Sie hatte ihn nicht sehr häufig gesehen; die Verbindung zwischen beiden Brüdern war keine enge. Dazu kam, dass auch Großmutter Elise nicht viel von ihrem Ältesten hielt.
»Ein falscher Kerl ist er, der Mauritz, und ein Faulpelz dazu. Das war schon von jeher so. Statt zu lernen und zu studieren wie sein jüngerer Bruder Georg, hat er es vorgezogen, sich in üblen Häusern herumzutreiben, zu huren und zu saufen. Kein Wunder, dass aus ihm schließlich nur ein ›Dreckapotheker‹ geworden ist, der den Leuten Pillen aus Mäusekot, Eulengewölle und Froschaugen andreht. Dazu lügt er, sobald er den Mund aufmacht. Mir tut Margret, meine rechtschaffene Schwiegertochter, aufrichtig leid.«
Diese bereits vor Jahren schon laut geäußerte Meinung Elises war nicht dazu angetan, in Magdalena irgendwelche ehrerbietigen Gefühle für den Verwandten aufkommen zu lassen.
Wozu er fähig war, hatte er ihr gegenüber bereits bewiesen, aber dass er dermaßen die Contenance verlieren konnte, hätte sie ihm doch nicht zugetraut. Die junge Frau hatte Glück, dass ihr Vormund sie nicht die Treppe hinunterwarf, als sie plötzlich vor ihm auftauchte.
»Aus meinen Augen, du Unwürdige!«, brüllte er und blies
sich dabei mordsmäßig auf. »Du willst mich wohl zum Gespött von ganz Ravensburg machen, was?«
»Aaber, wieso denn, Ooheim?« Magdalena begann im ersten Schreck zu stottern. Sie war nur froh, dass sie dank Peter, der einen ausgezeichneten, sogar gut gepolsterten Wagen ausfindig gemacht hatte, in körperlich bester Verfassung daheim angelangt war. Mit lahmem Kreuz und mit Schmerzen in jedem Knochen wäre sie jetzt nicht in der Lage, in dieser unguten Situation ihrem Onkel Paroli zu bieten.
Gleich darauf erwachte eine unbändige Wut in ihr.
Statt ängstlich zurückzuweichen, trat sie noch einen Schritt näher auf den Wüterich zu. Mit funkelnden Augen und keineswegs leise hielt Magdalena dagegen:
»Was fällt Euch ein, Oheim, Euch hier als Hausherr aufzuspielen? Mein Vater würde sich im Grabe umdrehen, wenn er wüsste, was Ihr mit mir versucht! Ihr wollt mich um mein Erbe prellen und mir die Apotheke, von der Ihr sowieso nichts versteht, stehlen! Schämen solltet Ihr Euch!«
Mauritz Scheitlin lief womöglich noch röter an, als er es sowieso schon war.
»Was war das denn? Ich glaube, ich habe mich soeben verhört! So eine Unverschämtheit muss ich mir in meinem Haus nicht bieten lassen! Na warte, wenn dich die Klosterknechte aufspüren, dann wird dir dein freches Maul schon gestopft werden! Mach, dass du verschwindest, du unseliges Geschöpf!« Drohend baute er sich vor ihr auf.
»Jawohl, ich gehe! Aber zu meinem Bräutigam Konrad! Da könnt Ihr Euch auf etwas gefasst machen, sobald er erfährt, was Ihr mit meinem Erbteil vorhabt.«
»Haha! Da wirst du dich aber wundern! Dein Herr Bräutigam wird dir was husten, haha! Jawohl, lauf nur hin zu ihm!«
Magdalena sah ein, dass sie mit diesem Mann, der sie offenbar
ruinieren wollte, kein vernünftiges Wort würde reden können. Nach einem vernichtenden Blick auf den Usurpator ihres Elternhauses und ihrer Apotheke rief sie ihrem Vormund noch zu:
»Richtet Euch nur darauf ein, bald wieder dort zu sein, von wo Ihr hergekommen seid! In Altdorf nämlich, wo Ihr die Leute in Eurer gewohnten Manier mit Mäusedreck und Froschlaich
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