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Das Erbe der Apothekerin - Roman

Das Erbe der Apothekerin - Roman

Titel: Das Erbe der Apothekerin - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karla Weigand
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Dünken Euch die Geschäfte meines Sohnes Konrad etwa minderwertiger, Jungfer?« Die Miene eines der reichsten und bedeutendsten Handelsherren Ravensburgs blieb unbeweglich.
    Was in Christi Namen war nur los? Weshalb verhielt der Alte sich so seltsam? Immerhin war sie mit seinem Sohn verlobt, erwartete ein Kind von ihm und würde den alten Grießhaber bald zum Großvater machen. Weshalb begrüßte er sie nicht, sondern starrte ihr nur merkwürdig teilnahmslos ins
Gesicht – so, als sei sie eine völlig Fremde, auf deren Bekanntschaft er gar keinen Wert legte?
    »Das wollte ich damit nicht sagen, Schwiegervater. Aber ich denke, man kann es doch verstehen, dass es eine Braut, die nach wochenlanger Abwesenheit nach Hause kommt, danach verlangt, erst ihren Bräutigam zu begrüßen.«
    Ihr Lächeln war nun ebenfalls erstorben; beinahe ängstlich starrte sie dem großen, etwas beleibten Mann ins Gesicht.
    »Jungfer! Ich denke, es ist an der Zeit, einiges zu klären.«
    »Wenn Ihr es sagt«, entgegnete Magdalena verzagt. Es dünkte sie seltsam, dass Albrecht Grießhaber kein einziges Mal ihren Namen aussprach – beinahe so, als kenne er ihn nicht. Auf seine Bitte hin ließ sie sich in einem Sessel nieder, während der alte Kaufmann sich nun seinerseits das Bett seines Sohnes zum Sitzplatz auserkor.
    »Ihr habt die Wörter ›Braut‹ und ›Bräutigam‹ benützt, Jungfer Magdalena Scheitlin. Jedoch sind in diesem Haus solche Begriffe zurzeit nicht angebracht. Es gibt den jungen Ehemann Konrad Grießhaber, und es gibt seine Ehefrau Renata, verwitwete Feucht.«
    Als Magdalena dazwischenfahren wollte, hob der Handelsherr gebieterisch die Hand. »Lasst mich ausreden, Jungfer!«
    Erschrocken verstummte das junge Mädchen. Noch verstand sie nicht ganz, was sie da soeben gehört hatte. Es schien ihr gar zu ungeheuerlich! Ihr Verlobter sollte also den Bund einseitig gelöst und umgehend eine andere zur Frau genommen haben … Und ausgerechnet diese unansehnliche, vertrocknete Witwe Renata Feucht, die ihre besten Jahre längst hinter sich hatte – sollte sie denn jemals gute gehabt haben.
    Sie war mindestens fünfzehn Jahre älter als Konrad, aber dafür die Erbin einer riesigen Weinhandlung, die ihren vergorenen Rebensaft bis in die Niederlande und sogar nach
Schweden verkaufte, und außerdem die Besitzerin mehrerer Weinberge in Oberschwaben und am Bodensee.
    »Nachdem mein Sohn nach dem bedauerlichen Tod Eures Vaters von Eurem Oheim und Vormund erfahren musste, dass Ihr gar nicht daran denkt, jemals wieder nach Ravensburg zurückzukehren – weil Ihr, ohne dass Ihr es für nötig befandet, ihn als Euren Beinahe-Ehemann wenigstens zu befragen, vollkommen überstürzt den Schleier genommen habt –, da hat er sich entschlossen, Euch aus seinem Herzen zu reißen und eine Frau zu ehelichen, die seiner wert ist.«
    Magdalena saß da wie ein Häuflein Elend. Sie war vollkommen am Boden zerstört. Was faselte der Mann denn da?
    »Was habe ich? Den Schleier genommen?«, flüsterte sie nach einer Weile wie benommen.
    »Nun, etwa nicht? Im Augenblick habt Ihr ihn zwar gerade abgelegt, aber seht Euch das Ordenskleid an, das Ihr tragt! Das sagt ja wohl alles. Euer Oheim hat sich bei mir beklagt, dass er dem Kloster das Dreifache dessen an Mitgift anbieten musste als für Personen Eures Standes eigentlich üblich ist. Aber da Ihr es so brandeilig hattet, für immer in den Konvent einzutreten, und das unter Umgehung der nötigen Vorbereitungsjahre, musste er für diese Sonderregelung, die Ihr Euch so inbrünstig gewünscht habt, tiefer in die Tasche greifen.
    Doch aus Liebe zur Tochter seines Bruders – der ihn übrigens auf dem Sterbebett noch gebeten hat, die Munt über Euch zu übernehmen – hätte er noch viel mehr für Euch getan. So hat er es mir selbst erzählt.«
    »Ja, natürlich! Wenn mein Oheim Euch das erzählt hat, dann muss es ja wohl stimmen, nicht wahr! Ich kann Euch aber beim Seelenheil meines Vaters schwören, dass ich in keinem einzigen Augenblick auch nur daran gedacht habe, für immer in ein Kloster zu gehen! Dafür liebe ich Euren
Sohn Konrad viel zu sehr. Ich habe natürlich keines der notwendigen Gelübde abgelegt. Mauritz Scheitlin hat das nur erfunden, um mich als Erbin der beträchtlichen väterlichen Hinterlassenschaft auszuschalten.«
    Das Mädchen hatte mit so viel Wärme, ja Leidenschaft gesprochen, dass der ältere Mann sich der Wahrhaftigkeit ihrer Aussage nicht zu entziehen vermochte. Der Handelsherr

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