Das Erbe der Apothekerin - Roman
sollten sich in der Tat auszahlen.
Bereits Mitte November war es Bodman möglich, den Haupttäter Balthasar Fröhlich, wie Balzer mit vollem Namen hieß, in einer anrüchigen Schänke festzunehmen, wo dieser, nichts Böses ahnend, beim Wein saß und gerade dabei war, etliche Mitspieler mit einem präparierten Würfel um ihr Geld zu prellen.
Trotz zahlreicher Gaunereien, die er ungeniert zugab, schien es ihm in den vergangenen Monaten nicht allzu gut
ergangen zu sein. Er wirkte reichlich heruntergekommen und über seine Jahre hinaus stark gealtert. Aber sein unverschämtes Benehmen hatte ihm auch die Zeit nicht zu rauben vermocht.
»Was wollt Ihr denn überhaupt von mir?«
Großmäulig versuchte er sich vor den Soldaten, die ihn gefesselt abführten, aufzuspielen.
»Was ist denn schon dabei, wenn ein unschuldig in Not geratener Ehrenmann sich hin und wieder bei denen bedient, die es doch im Überfluss haben? Soll ich vielleicht verhungern? «
»Das verlangt niemand«, ließ sich einer der Männer zu einer Antwort herab. »Aber wie wär’s denn gewesen, wenn du es einmal mit ehrlicher Arbeit versucht hättest, Kerl? Wir haben gehört, dass du ein Leben lang um jede Tätigkeit einen weiten Bogen gemacht und lieber von gemeinem Diebstahl, Straßenraub und Mord profitiert hast – von den Dingen, die du mit jungen Frauenzimmern angestellt hast, ganz zu schweigen.«
»So ein Blödsinn! Alles nur hinterhältige Lügen!«, wehrte der Gefesselte laut ab. Er wollte sich weiter verteidigen, und schon war es ihm gelungen, dass sich eine kleine Menschenansammlung formierte, die sich auf seine Seite stellte und seine Freilassung forderte.
»Die Kleinen hängt man und die großen Gauner lässt man laufen!«, hörten die Soldaten einen aus der Schar rufen. Da hatte der Anführer des Trupps genug. Barsch gebot er dem Gefangenen, sein Schandmaul zu halten, sonst müssten sie ihm ordentlich eins draufgeben, damit er endlich still sei. Das wirkte, Balzer machte keinen Mucks mehr, und seine Anhängerschaft zerstreute sich so schnell, wie sie sich zusammengefunden hatte.
Balzer Fröhlich saß im Kerker und wartete vor Angst zitternd auf seine Gerichtsverhandlung. Er hatte inzwischen gemerkt, woher der Wind wehte und dass seine Aussichten, sich herauszuwinden, denkbar schlecht waren. Gleich zwei direkt Betroffene sagten gegen ihn aus: Ein junges Weibsbild, mit dem er nach eigener Aussage »nur ein bisschen einvernehmlichen Spaß gehabt hatte«, und ein windiges Bürschchen, das er dazumal leider nicht ernstgenommen hatte – sonst hätte er es wohl kaltgemacht.
Dazu gesellten sich die Erinnerungen der drei Franziskanerfratres, die die Überlebenden des brutalen Überfalls gefunden hatten und außerdem über die beiden Ermordeten Bescheid wussten.
Ein Leugnen der Taten nützte Balzer also nichts. So verlegte er sich vor dem Richter darauf, die Morde seinen beiden Kumpanen anzulasten; nur dass er sich mit dem Mädchen »vergnügt« habe, wollte er jetzt eingestehen.
»Sie hat gern und durchaus freiwillig mitgemacht!«, behauptete er dreist. »Ja, ich war damals noch ein schmucker Kerl! Direkt an den Hals hat sie sich mir geworfen.«
Und dass das Frauenzimmer hochschwanger gewesen sei, habe er nicht bemerkt. »Sonst – das schwör’ ich bei meiner ewigen Seligkeit – hätt’ ich das Mensch doch nie und nimmer angerührt!«
Um von seinen Schandtaten abzulenken, verriet er der Obrigkeit den Aufenthaltsort von Ludwig Fehrenbach. Simon Klein hingegen war laut seinen Angaben bereits tot. »Den hat einer in Altstätten, wo wir Arbeit gesucht haben, hinterrücks erschlagen«, behauptete er.
Nachforschungen des Gerichts ergaben, dass Balzers Angaben bezüglich Simons stimmten. Allerdings mit dem kleinen Unterschied, dass die Strolche keine Arbeit gesucht hatten,
sondern nachts in ein Gehöft eingebrochen und vom Bauern und seinem Sohn überrascht worden waren. Im letzten Augenblick war es Ludwig und Balzer gelungen, durch ein Stallfenster zu entkommen. Aber Simon Klein hatten die Bauersleute erwischt.
Tatsächlich wurde Ludwig Fehrenbach dank Balzers Angaben kurz darauf auch noch geschnappt. Im letzten Augenblick, ehe er sich in Münsterlingen aus dem Staub machen konnte, griffen Bodmans Soldaten zu und brachten ihn nach Konstanz.
Dass beide Kerle sich gegenseitig ihre Verbrechen in die Schuhe schoben, änderte nichts am Urteil: »Ihnen soll auf dem Hinrichtungsplatz vor der Stadt vom Henker der Kopf abgeschlagen werden,
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