Das Erbe der Apothekerin - Roman
noch unsichtbarer machen könnte? Mein Herr ist sehr eitel, Ihr versteht?«
Und ob sie das tat! Magdalena überlegte kurz. Wegen des Hustens lohnte sich der Aufwand wohl nicht. Aber die Sache mit den Narben reizte sie. Gut möglich, dass sich da einiges machen ließe. Der Weg war allerdings ziemlich weit – selbst zu Pferd. Andererseits war Seine Eminenz nicht knauserig, wenn es sich darum handelte, für gute Arbeit guten Lohn zu bezahlen.
»Einverstanden, ich komme mit«, entschied sie. »Aber erst muss ich meiner Familie Nachricht geben lassen.«
Dieses Mal kam Magdalena der Weg nicht mehr so lang vor, da sie ihn bereits kannte. Außerdem wusste sie, was sie heute erwartete.
Auch an diesem Abend waren im Innenhof des Guts Knechte und Mägde zugange. Aber die Anspannung und schlecht verhohlene Aufregung, die sie bei ihrer letzten Ankunft gespürt hatte, fehlten zum Glück. Noble Gäste waren augenscheinlich angekommen, deren Reittiere die Dienerschaft versorgte.
»Seine Eminenz erwartet Euch bereits, Donna Maddalena. «
Ohne Umschweife führte der Sekretär die junge Frau zu seinem Herrn, dem Kardinal. Dieses Mal jedoch nicht ins Schlafgemach im Oberstock, sondern in eine ebenerdige riesige Wohnhalle, in der ein gewaltiger Kamin eine angenehme Wärme verbreitete.
Wohlwollend blickte Don Emilio ihr entgegen. Für hübsche Frauen hatte Seine Eminenz zweifelsohne etwas übrig … Sie knickste ehrfurchtsvoll vor ihm und küsste den Ring, den er ihr huldvoll entgegenstreckte. Als sie sich wieder aufrichtete, blickte sie ihm fest in die Augen.
»Wie ich sehe und wie ich anlässlich des feierlichen Umzugs
in der Stadt bereits feststellen konnte, habt Ihr Euch prächtig erholt, Eminenz. Gegen Eure anderen Beschwerden habe ich eine Medizin mitgebracht, die Euch von Husten und Katarrh befreien wird. Was die Narben angeht, die Euch stören, muss ich sie mir erst ansehen, um das richtige Mittel zu finden.«
»Dazu werden wir das Schlafzimmer aufsuchen müssen«, erwiderte der Kardinal. »Denn ich werde dazu einen Teil der Kleidung ablegen müssen. Aber das kann warten. Wie Ihr sehen könnt, Donna Maddalena, habe ich Gäste. Und alle sind hungrig und wollen zu Tisch. Und ich auch«, lachte er. »Darf ich Euch dazu bitten? Ich benötige eine Tischdame.«
»Oh! Welch überaus große Ehre, Eminenz!« Magdalena errötete. Ihrer einfachen Kleidung wegen war sie etwas verlegen. Hätte sie davon gewusst, hätte sie sich entsprechend gekleidet.
»Leider bin ich überhaupt nicht passend angezogen«, stammelte sie und fühlte sich unbehaglich.
Aber der hohe Geistliche wehrte ab: »Ihr seid sehr gut gekleidet, Donna Maddalena. Dieser Empfang ist vollkommen zwanglos, nur ein bescheidenes Essen unter guten Freunden. Man wird Euch einen Raum zeigen, in dem Ihr Euch ein bisschen frischmachen könnt.«
Der Kardinal winkte eine Dienerin herbei, die vor der schönen Apothekerin knickste, einen Gruß murmelte und sie hinausgeleitete.
Als Magdalena ihre Haube abgenommen, sich die blonden Haare gekämmt sowie Gesicht und Hände gewaschen hatte, besah sie sich in einem Spiegel, den das Mädchen ihr vorhielt.
Gar nicht so übel, befand sie. Beim Verlassen des Salons hatte sie einen unauffälligen Blick auf die Ankömmlinge geworfen
– besonders auf die weiblichen. Im Vergleich zu den anderen schnitt sie in der Tat nicht schlecht ab. Seine Eminenz hatte außerdem wirklich nicht untertrieben: Es schien kein großes Fest, das er da geplant hatte. Vermutlich würde sie nicht allzu unpassend auffallen.
Magdalena zählte sechs Personen, die bereits um den Tisch saßen und ihr voller Neugier entgegenblickten: Zwei Prälaten und ein weltlicher Edelmann, in dem Magdalena Ritter Bodman erkannte, mit ihren jeweiligen Begleiterinnen. Die männlichen Gäste waren alle im Alter des Kardinals, die Damen allesamt erheblich jünger. Sofort beschlichen sie Zweifel, ob es sich tatsächlich um ehrenwerte »Damen« handelte …
Aber das sollte ihre Sorge nicht sein. Der Kardinal hatte ihr galant seinen Arm gereicht und führte sie zu ihrem Stuhl. Dann stellte er seine Gäste einander vor. Als er ihre Tätigkeit erwähnte, erlebte die junge Frau die angenehme Überraschung, dass sich keiner der Tischgemeinschaft erstaunt zeigte. Jeder hatte schon auf die eine oder andere Weise von ihr gehört oder sogar Arzneien von ihr erhalten.
Einer der Geistlichen, der Abt eines benachbarten Klosters, erlaubte sich den Scherz zu fragen, ob der Koch Seiner
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