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Das Erbe der Braumeisterin - Thomas, C: Erbe der Braumeisterin

Das Erbe der Braumeisterin - Thomas, C: Erbe der Braumeisterin

Titel: Das Erbe der Braumeisterin - Thomas, C: Erbe der Braumeisterin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Thomas
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Kloster. Nein, es gab keinen Tag wie diesen, obwohl Veit nie geklagt hatte. Im Gegenteil, immer hatte er es so aussehen lassen, als sei er wohlauf, und er war mit beschämender Leichtigkeit über alle Strapazen hinweggegangen. Er hatte die schlimmsten Schmerzen ausgehalten und den Verlust seines Augenlichts ertragen, ohne je mit Gott zu hadern oder in Schwermut zu verfallen. Dennoch erkannte Johann weit klarsichtiger als sonst, dass – und dies galt auch für Veit – zwischen dem, was ein Mensch zeigte, und dem, was er fühlte, ein Spalt klaffen konnte. Er sah es daran, wie Veit dort saß. Wie er die von Blütenduft geschwängerte Luft einsog. Wie seine Hand auf dem Knie lag, entspannt und offen. Er wirkte wie ein Mensch, der vom Leben mehr bekommen hatte, als er sich erhofft hatte, völlig im Einklang mit sich selbst.
    »Und du?«
    Veits unvermittelte Frage riss Johann aus seinen Gedanken. »Du meinst, ob es mir gut geht? Aber sicher.«
    »Wie soll es mit dir und Madlen weitergehen?«, wollte Veit wissen.
    »Darüber habe ich mir noch nicht allzu viele Gedanken gemacht.« Johann merkte selbst, wie durchsichtig diese Lüge klang, und rang sich zu einer genaueren Erklärung durch. »Mir ist durch den Kopf gegangen, dass ich auch ohne mein Erbe weiterleben kann. Immerhin habe ich Madlen das ihre bewahren können. Außerdem gibt es üblere Schicksale, als noch ein wenig länger mit ihr das Bett zu teilen, sofern sie mich lässt.«
    »Siehst du es so? Als Episode? Und sie als ein Bettschätzchen?«
    » Sie sieht es so«, versetzte Johann leicht gereizt. »Sie will nichts weiter von mir als das . Vielleicht noch das Rechnen und Schreiben und den verdammten Rauchfang. Sie nimmt sich, was sie will und was sie braucht, und schmiedet Pläne für die Zeit, wenn ich weg bin. Und zwischendurch weint sie um ihren toten Mann. Ihren richtigen Mann.«
    »Du bist ein Idiot.«
    »Was soll das heißen?«
    »Dass du ein Idiot bist. Du bist blinder als ich, und das will schon etwas heißen.«
    »Möchtest du mir das vielleicht näher erklären?«
    »Nein, das möchte ich nicht. Ich gebe dir lieber anheim, es selbst herauszufinden, getreu dem Motto, dass Selbsterkenntnis der erste Weg zur Besserung ist. Und jetzt solltest du ins Haus gehen, damit ich in Ruhe die Linsen verdauen kann.«
    Grollend gehorchte Johann, er stapfte durch den Garten zurück auf den Hof. Hannibal war bereits für die Nacht angekettet, er sprang schweifwedelnd auf, als Johann zu ihm trat, um ihm den Kopf zu tätscheln. »Selbsterkenntnis«, murmelte er. »Was zum Henker soll ich bei mir selbst erkennen, was ich nicht schon weiß?«
    Hannibal wuffte kurz, als wolle er ausdrücken, dass er es auch nicht wusste. Johann vergewisserte sich, dass das Tor zur Einfahrt und die Vordertür des Schankhauses geschlossen waren, dann ging er ins Haus.
    Irmla döste unter der Treppe, Cuntz war in seiner Kammer verschwunden. Alles Tagwerk war verrichtet. Es blieb nichts weiter zu tun, abgesehen von dem, worauf er schon seit Stunden brannte.
    Als er Veit gesagt hatte, dass sie bloß das eine von ihm wolle, war das buchstäblich nur die halbe Wahrheit gewesen, denn im Grunde war er selbst es, der sich danach verzehrte.
    Er zwang sich, gemächlich die Stiege hochzusteigen, doch er konnte nicht verhindern, dass sein Herz schon auf der ersten Stufe anfing zu hämmern. Sie wartete bereits auf ihn. Den Betschemel hatte sie zur Seite geschoben, in eine Ecke, wo er nicht ständig darüber stolperte. Ginge es nach ihm, hätte sie das Ding ganz verschwinden lassen können, doch er wusste, wie wichtig ihr das Beten war, sie tat es andauernd, vor allem, wenn sie glaubte, gesündigt zu haben, was sie nach ihrem Dafürhalten jede Nacht tat. Die Frage war, ob sie weniger Gewissensbisse gehabt hätte, wenn er sie nicht dazu verleitet hätte, sich ebenso zügellos wie er selbst dem gemeinsamen Liebesspiel hinzugeben. Sie war nicht unerfahren, und sie hatte ganz zweifellos Spaß am Ehebett. Doch bei aller natürlichen Leidenschaft hatte sie einiges noch nicht gekannt, und es erfüllte Johann mit einer gewissen rohen Befriedigung, dass er derjenige war, der es ihr beibrachte und sie damit zu höchsten Wonnen brachte, auch wenn es sie hinterher reute, weil sie es für sündig hielt.
    Als er ins Zimmer trat, war sie dabei, sich auszukleiden. Er wollte protestieren und sie bitten, es ihm zu überlassen, denn er liebte es, sie auszuziehen, doch dann sah er fasziniert, dass sie sich nicht einfach nur

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