Das Erbe der Drachen Teil 1 - Der brennende Traum
obwohl wir jeden Grund dazu hätten. Wir wollen auch in Zukunft Frieden mit Dandoria. Allerdings sagt ein Kodex, dass derjenige einen Schatz besitzt, der ihn findet. Wir wissen, wo er ist, wie man ihn hebt und wir begehren unser Recht. Wenn Ihr uns dieses Recht nehmt, betrachten wir das als Verstoß gegen Ehre und Tradition!«
Darius überlegte nicht lange. »Das können wir nicht tun!« Genauso gut hätte er sagen können: Ihr lügt, König Akish!
» Doch, das könnt Ihr, Minister Darken!« Man schob eine Planke, ungefähr zwei Ellen breit und sechs Fuß lang, über die Reling. Der König lachte hohl, dann wurde neben ihm eine Gestalt in die Höhe gedrängt. Darius stockte der Atem, und er presste einen Fluch zwischen die Zähne.
Man gab der kleinen , gedrungenen Gestalt einen Schlag auf den Rücken, und der Gefesselte hopste vorsichtig nach vorne und starrte mit weit aufgerissenen Augen vor sich ins Wasser. Er konnte sich kaum bewegen. Arme und Beine waren gefesselt.
» Nur einen Stoß mit der Lanze, und er füllt die Mägen der Fische!«, rief der König.
Bei der halbnackten , haarigen Gestalt, lediglich in ein Tuch gewickelt, das seine Blöße verdeckte, handelte es sich um Frethmar Stonebrock.
» Verdammt«, stieß Darius hervor.
» Sie brauchen ihn, um den Schatz zu heben, Minister. Das ist ein Bluff«, raunte der General, als befürchte er, man könne ihn hören.
Frethmar grinste breit , und seine weißen Zähne teilten das bärtige Gesicht. Er rief über das Wasser und war erstaunlich gut zu verstehen: »He, alter Dämon. Verdammt lange nicht gesehen und doch wiedererkannt. Das weiße Haar steht dir gut. Kleine Frage: Warum verwandelst du dich nicht in einen schwarzen Monstergrunzer und trittst diesen Kerlen in den Arsch?«
Das war Frethmar. Im Angesicht des Todes einen bitteren Scherz auf den Lippen.
»Ihr habt zehn Sekunden Zeit, eine Entscheidung zu treffen«, blaffte der König in den Trichter. »Fahrt weg! Wenn wir die Segel Eures Schiffes hinter den Horizont sinken sehen, landen wir in Trugstedt an. Solange warten wir. Entscheidet Ihr Euch anders, stirbt Euer spezieller Freund hier und jetzt. Das, lieber Minister, stellt keinen kriegerischen Akt dar, sondern lediglich eine Unterstreichung unserer Wünsche zur Einhaltung einer alten Tradition.«
» Informationen, die Ihr durch Zwang und Folter erlangt habt!«, rief Darius zurück.
» Geringfügigkeiten, Minister.«
Er hatte Recht. Geringfügigkeiten! In der großen Welt der Politik zählte das nicht.
In Darius’ Kopf überschlugen sich die Gedanken. Er schob die Optionen hin und her.
» Zwei!«
Einer würde sterben, damit viele leben!
»Drei!«
» Ich schlage vor, wir greifen an«, sagte der General.
» Vier!«
» Überlege nicht zu lange!«, rief Frethmar und zuckte auf der wackeligen Planke. »Ich will nicht ersaufen!« Zum ersten Mal schimmerte Panik durch seine Worte.
» Fünf!«
» Nur Stonebrock kann Euch helfen, den Schatz zu finden!«, rief Darius.
Würde ich das für einen Fremden tun? Würde ich zulassen, dass ein Volk besetzt wird, um einen einzigen Mann zu retten?
»Sechs!«
» Bester, alter Freund!«, rief Frethmar. »Ich würde lieber ein Bad an Bord deines Schiffes nehmen, als hier im Salzwasser. Danach juckt die Haut und die Haare werden filzig!«
Johlendes Gelächter auf der Galeone.
»Sieben!«
Ein Mann trat an die Planke, einen Speer in der Hand. Er fuchtelte damit herum . Frethmar versuchte, nicht unfreiwillig ins Wasser zu fallen.
» Acht!«
Er muss sterben, damit viele andere leben können! Alles andere wäre falsch. Ich bin Minister des Königs , und ich darf nicht riskieren, dass auch nur ein Zwerg auf Gidweg sein Leben lässt, weil ich einen Freund rette, falls das überhaupt möglich ist. Akish wird uns nicht angreifen. Das beweist er mit dieser Aktion. Er will keinen Krieg. Noch nicht! Und den gilt es zu verhindern. Vielleicht nicht dauerhaft, aber er macht erst dann Sinn, wenn die Figuren aufgestellt sind!
» Neun!«
» Darius!«, schrie Frethmar. »Ich kann, verdammt noch mal, immer noch nicht schwimmen!«
» Zehn!«
2
John Darken sah seinem Vater verblüffend ähnlich. Zwar hatte er schwarze Haare und noch die schlaksige Anmutung der Jugend, aber seine Augen, seine schmale Nase und das energische Kinn ließen keinen Zweifel daran, wer sein Vater war. Erstaunlicherweise hatte er hinsichtlich seines Aussehens nichts von seiner Mutter geerbt, und nachdem er erfahren hatte, wer
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