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Das Erbe der Elfen

Das Erbe der Elfen

Titel: Das Erbe der Elfen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrzej Sapkowski
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der Reling nicht zu nahe!«
    »Maaaamaaaa!«
    »Everett! Komm sofort her!«
    Der Magister Bakkalaureus richtete sich auf, sah den Hexer durchdringend an. »Ihr scheint tatsächlich zu glauben, dass etwas uns bedroht?«
    »Herr Pitt«, sagte Geralt so ruhig, wie er nur konnte. »Vor zwei Wochen hat etwas zwei Menschen vom Deck einer Schute der Reederei gezogen. Im Nebel. Ich weiß nicht, was es war. Vielleicht war es Eure Hyphydra, oder wie die heißt. Vielleicht war es ein Steingressling. Ich aber glaube, es war ein Sägmaul.«
    Der Gelehrte verzog hochmütig den Mund. »Annahmen«, teilte er mit, »müssen sich auf solide wissenschaftliche Fundamente gründen, nicht auf Hörensagen und Gerüchte. Ich habe Euch gesagt, die Hyphydra, die Ihr hartnäckig Sägmaul nennt, kommt in den Gewässern des Deltas nicht vor. Sie ist vor einem guten halben Jahrhundert ausgerottet worden, übrigens dank der Tätigkeit von Euresgleichen, die bereit sind, alles sofort umzubringen, was nicht nett aussieht, ohne Überlegung, ohne Nachforschungen, ohne Beobachtungen, ohne einen Gedanken an die ökologische Nische.«
    Geralt hatte einen Augenblick lang Lust, offen zu sagen, wo er sich das Sägmaul und seine Nische hinstecken könne, doch er überlegte es sich anders. »Herr Bakkalaureus«, sagte er ruhig. »Eine der von Deck gezogenen Personen war eine schwangere junge Frau. Sie wollte sich die geschwollenen Füße im Wasser kühlen. Theoretisch hätte ihr Kind irgendwann Rektor Eurer Lehranstalt werden können. Was sagt Ihr zu solch einer Herangehensweise an die Ökologie?«
    »Das ist eine unwissenschaftliche, emotionale und subjektive Herangehensweise. Die Natur folgt ihren eigenen Gesetzen, und obwohl diese Gesetze grausam und rücksichtslos sind, gibt es an ihnen nichts zu korrigieren. Das ist der Kampf ums Dasein!« Der Magister beugte sich über die Reling und spuckte ins Wasser. »Aber die Ausrottung ganzer Arten, selbst räuberischer, ist durch nichts zu rechtfertigen. Was sagt Ihr darauf?«
    »Ich sage, dass es gefährlich ist, sich so herüberzubeugen. In der Gegend kann ein Sägmaul sein. Wollt Ihr am eigenen Leibe erfahren, wie das Sägmaul ums Dasein kämpft?«
    Linus Pitt ließ die Reling los, sprang heftig zurück. Er wurde etwas blass, fand aber sofort wieder die Contenance und verzog abermals herablassend den Mund. »Ihr wisst sicherlich viel über diese phantastischen Sägmäuler, Herr Hexer?«
    »Zweifellos weniger als Ihr. Vielleicht sollten wir also die Gelegenheit nutzen? Klärt mich etwas auf, Herr Bakkalaureus, gebt ein wenig Wissen über Wasserraubtiere zum Besten. Ich werde gern zuhören, da wird die Reise nicht so lang.«
    »Macht Ihr Euch über mich lustig?«
    »Auf gar keinen Fall. Ich würde wirklich gern meine Bildungslücken schließen.«
    »Hmmm  ... Wenn Ihr wirklich  ... Warum nicht. Hört also zu. Die Familie 
Hyphydridae
 gehört zur Ordnung der 
Amphipoda
 oder Beidfüßler, sie umfasst vier der Wissenschaft bekannte Arten. Zwei davon leben ausschließlich in tropischen Gewässern. In unserem Klima findet man dagegen, gegenwärtig sehr selten, die kleine 
Hyphydra longicauda
 sowie die etwas größer werdende 
Hyphydra marginata
. Der Biotop beider Arten sind stehende oder langsam fließende Gewässer. Es sind wirklich Raubtiere, die als Nahrung warmblütige Wesen bevorzugen  ... Habt Ihr etwas hinzuzufügen?«
    »Momentan nicht. Ich bin ganz Ohr.«
    »Ja, hmmm  ... In den Büchern kann man auch die Unterart 
Pseudohyphydra
 erwähnt finden, die in den Sumpfgewässern von Angren lebt. Kürzlich jedoch hat der Gelehrte Bumbler aus Aldersberg nachgewiesen, dass das eine völlig separate Art aus der Familie der 
Mordidae
 oder Beißlinge ist. Sie ernährt sich ausschließlich von Fischen und kleinen Amphibien. Sie erhielt den Namen 
Ichthyovorax bumbleri

    »Da hat das Wesen aber Glück.« Der Hexer lächelte. »Es hat schon zum dritten Mal einen Namen erhalten.«
    »Wie das?«
    »Das Geschöpf, von dem Ihr sprecht, ist der Steinbeißer, der in der Älteren Rede die Bezeichnung Cinerea trägt. Und wenn der Gelehrte Bumbler behauptet, er ernähre sich ausschließlich von Fischen, dann folgere ich, dass er niemals in einem See gebadet hat, in dem Steinbeißer leben. In einer Hinsicht hat Bumbler aber recht: Mit dem Sägmaul hat der Steinbeißer ebenso viel gemein wie ich mit einem Fuchs. Wir essen beide gern Ente.«
    »Was für eine Cinerea?«, entrüstete sich Bakkalaureus.

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