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Das Erbe der Elfen

Das Erbe der Elfen

Titel: Das Erbe der Elfen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrzej Sapkowski
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dank der Akademie Tausende von Erzeugnissen und Wunderdingen hergestellt und verkauft wurden, die in anderen Weltgegenden nicht zu haben waren, deren Herstellung in anderen Weltgegenden als unmöglich oder unzweckmäßig galt. Er ritt vorbei an Gastwirtschaften, Herbergen, Schenken, Kneipen, Buden und tragbaren Bratrosten, die den verlockenden Duft raffinierter, in anderen Weltgegenden unbekannter Speisen verströmten, zubereitet auf anderswo unbekannte Arten mit Zutaten und Gewürzen, die anderswo niemand kannte und verwendete. Das war Oxenfurt, das bunte, fröhliche, lärmende und duftende Städtchen der Wunder, die pfiffige und initiativreiche Leute aus der trockenen und nutzlosen Theorie gemacht hatten, die hin und wieder durch die Mauern der Universität sickerte. Es war auch ein Städtchen der Kurzweil, eines endlosen Festes, eines ständigen Feiertages und unablässiger Ausschweifung. Die Gassen erklangen Tag und Nacht von Musik, Gesang, vom Klirren der Gläser und vom Anstoßen der Humpen, denn bekanntlich macht nichts so viel Durst wie der Prozess des Erwerbs von Wissen. Obwohl eine Anordnung des Rektors den Studenten und Bakkalaurei untersagte, vor Sonnenuntergang zu trinken und zu schlemmen, wurde in Oxenfurt rund um die Uhr getrunken und geschlemmt, denn wenn es etwas gibt, was noch mehr Durst macht als der Prozess des Erwerbs von Wissen, so ist das bekanntlich eine vollständige oder teilweise Prohibition.
    Rittersporn trieb mit Schnalzen seinen schwarzbraunen Wallach an und ritt weiter durch das Gewühl der Menge in den Gassen. Höker, Krämer und wandernde Bauernfänger priesen lauthals Waren und Dienste an und verstärkten noch das Wirrwarr ringsum.
    »Kalmare! Gebackene Kalmare!«
    »Blatternsalbe! Nur bei mir! Unfehlbare, wundertätige Salbe!«
    »Katzen, gute Mäusefänger, unvergleichliche Katzen! Hört doch nur, gute Leute, wie sie miauen!«
    »Amulette! Elixiere! Liebesfilter, Liebestränke und garantiert wirksame Aphrodisiaka! Eine einzige Prise bringt sogar Tote hoch! Wer will, wer hat noch nicht?«
    »Ich reiße Zähne aus, fast ohne Schmerzen! Billig, billig!«
    »Was heißt ›billig‹?«, erkundigte sich Rittersporn, während er an einem Kalmar kaute, der auf einem Holzspieß steckte und zäh war wie eine Schuhsohle.
    »Zwei Heller die Stunde!«
    Der Dichter zuckte zusammen, trieb den Wallach mit der Ferse an. Verstohlen schaute er zurück. Die beiden Individuen, die ihm seit dem Rathaus folgten, blieben bei einem Barbier stehen und taten so, als interessierten sie sich für dessen Preise, die mit Kreide auf ein Brett geschrieben waren. Rittersporn ließ sich nicht täuschen. Er wusste, was sie wirklich interessierte.
    Er ritt weiter. Er kam an dem großen Gebäude des Bordells »Zur Rosenknospe« vorbei, wo, wie er wusste, raffinierte, in anderen Weltgegenden unbekannte oder unpopuläre Dienstleistungen angeboten wurden. Eine Zeitlang kämpfte sein Verstand mit seinem Charakter um die Neigung, das Bauwerk zu betreten. Der Verstand obsiegte. Rittersporn seufzte und schlug den Weg zur Universität ein, bemüht, nicht zu den Schenken hinzuschauen, aus denen der Lärm fröhlicher Unterhaltung drang.
    Ja, was gab es da groß zu sagen – Rittersporn liebte das Städtchen Oxenfurt.
    Er schaute sich abermals um. Die beiden Individuen hatten keinen Gebrauch von den Diensten des Barbiers gemacht, obwohl das zweifellos angebracht gewesen wäre. Sie standen jetzt bei einem kleinen Laden mit Musikinstrumenten und täuschten Interesse für tönerne Okarinas vor. Der Verkäufer riss sich ein Bein aus, pries in der Hoffnung auf einen Verdienst die Ware an. Rittersporn wusste, dass er vergebens hoffte.
    Er lenkte das Pferd zum Philosophentor, dem Haupteingang zur Akademie. Rasch erledigte er die Formalitäten, die darin bestanden, sich ins Besucherbuch einzutragen und den Wallach in den Stall zu geben.
    Hinter dem Philosophentor empfing ihn eine andere Welt. Das Gelände der Lehranstalt fiel aus der üblichen Stadtbebauung heraus, anders als das Städtchen war es kein Schauplatz erbitterten Kampfes um jeden Zoll Boden. Alles war hier fast so, wie es die Elfen hinterlassen hatten. Die breiten, mit buntem Splitt bestreuten Alleen zwischen anmutigen, das Auge erfreuenden kleinen Palais, die durchbrochenen Plankenzäune, Mäuerchen, Hecken, Kanäle, kleinen Brücken, Blumenbeete und grünen Rasenflächen wurden nur an wenigen Stellen von dem einen oder anderen großen, nüchternen Klotz bedrängt, den man

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