Das Erbe der Elfen
von Riva!«, dröhnte er und musterte den Schiffer. »Ist so einer an Bord?«
»Nein.«
»Ich bin das.« Der Hexer stieg über Taschen und Bündel hinweg und kam näher. »Ich bin Geralt, genannt Geralt von Riva. Worum geht es?«
»Im Namen des Gesetzes seid Ihr verhaftet.« Der Kahlköpfige ließ den Blick über die Menge der Reisenden schweifen. »Wo ist das Mädchen?«
»Ich bin allein.«
»Du lügst!«
»Moment, Moment.« Olsen trat hinter dem Rücken des Hexers hervor, legte ihm die Hand auf die Schulter. »Ruhig, ohne Geschrei. Ihr kommt zu spät, Temerier. Er ist schon verhaftet, und auch im Namen des Gesetzes. Ich habe ihn selber hopsgenommen. Wegen Schmuggel. Wie befohlen bringe ich ihn auf die Hauptwache nach Oxenfurt.«
»Wie das?« Der Kahle runzelte die Stirn. »Und das Mädchen?«
»Hier gibt es kein Mädchen und hat es nie eins gegeben.«
Die Wachleute wechselten unschlüssig und schweigend Blicke. Olsen lächelte breit, zwirbelte den schwarzen Schnurrbart. »Wisst ihr, was wir machen?«, sagte er lachend. »Fahrt mit uns nach Oxenfurt, Temerier. Ihr und wir, wir sind allesamt einfache Leute, woher sollen wir uns im Recht auskennen? Aber der Kommandant der Oxenfurter Hauptwache ist ein gescheiter und erfahrener Mann, der wird zwischen uns entscheiden. Ihr kennt unseren Kommandanten doch, nein? Er nämlich kennt euren, aus der Bucht, bestens. Legt ihm euren Fall dar ... Zeigt den Befehl und die Siegel ... Ihr habt doch einen Befehl mit Siegeln, wie es sich gehört, hm?«
Der Kahle schwieg und schaute den Zöllner finster an.
»Ich habe weder Zeit noch Lust, nach Oxenfurt zu fahren!«, brüllte er plötzlich. »Ich nehme den Vogel auf unser Ufer, und basta! Stan, Vitek! Los, durchsucht mir die Schute! Bringt mir das Mädchen, dalli!«
»Moment, immer mit der Ruhe.« Olsen zeigte sich von dem Gebrüll nicht beeindruckt, presste die Worte langsam und deutlich hervor. »Ihr seid auf der redanischen Seite des Deltas, Temerier. Habt ihr nicht vielleicht etwas zu verzollen? Oder Schmuggelware? Das werden wir gleich feststellen. Wir werden suchen. Und wenn wir etwas finden, werdet ihr euch doch noch fürs Erste nach Oxenfurt bemühen müssen. Und wenn wir wollen, finden wir immer etwas. Jungs! Zu mir!«
»Mein Papa«, quengelte plötzlich Everett los, der wer weiß woher bei dem Kahlköpfigen aufgetaucht war, »ist Ritter! Er hat ein Messer, das ist noch größer!«
Der Kahle packte ihn blitzschnell am Biberfellkragen, riss ihn vom Deck hoch, dass die Mütze mit der Feder herabfiel. Er schlang den einen Arm um den Jungen und hielt ihm mit der anderen Hand den Hirschfänger an die Kehle.
»Zurück!«, blaffte er. »Zurück, sonst schneide ich dem Rotzbengel die Gurgel durch!«
»Evereeeet!«, schrie die Edeldame auf.
»Merkwürdige Methoden«, sagte der Hexer langsam, »wendet die temerische Wache an. Wahrlich, so merkwürdige, dass man nicht glauben mag, dass das wirklich die Wache ist.«
»Maul halten!«, brüllte der Kahlkopf und schüttelte Everett, der wie am Spieß brüllte. »Stan, Vitek, greift ihn euch! Fesseln und in die Barkasse! Und ihr anderen, zurück! Wo ist das Mädchen, frage ich? Her mit ihr, sonst steche ich den Hosenscheißer ab!«
»Stich ihn doch ab«, zischte Olsen, während er seinen Zöllnern ein Zeichen gab und den Dolch zog. »Ja, und, ist das meiner, oder was? Und wenn du ihn abgestochen hast, werden wir uns unterhalten.«
»Misch dich nicht ein!« Geralt warf das Schwert auf Deck, hielt mit einer Handbewegung die Zöllner und Pletscherpers Matrosen zurück. »Ich gehöre euch, Herr falscher Wachmann. Lass das Kind los.«
»Auf die Barkasse!« Ohne Everett loszulassen, zog sich der Kahlkopf zur Bordwand zurück, packte die Leine. »Vitek, fessle ihn! Und ihr alle, nach hinten! Wenn sich jemand rührt, krepiert der Kleine!«
»Bist du verrückt, Geralt?«, blaffte Olsen.
»Misch dich nicht ein!«
»Evereeeet!«
Die temerische Barkasse schwankte plötzlich, ruckte von der Schute weg. Mit lautem Platschen explodierte das Wasser, es schossen zwei lange grüne, schuppige Pfoten hervor, mit Zacken besetzt wie die Fangarme einer Gottesanbeterin. Die Pfoten packten den Wächter mit dem Bootshaken und zogen ihn im Handumdrehen unter Wasser. Der Kahlköpfige heulte wild auf, ließ Everett los, klammerte sich an die Leinen, die von der Bordwand der Barkasse herabhingen. Everett plumpste in das Wasser, das schon rot geworden war. Alle – die auf der Schute und
Weitere Kostenlose Bücher