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Das Erbe der Elfen

Das Erbe der Elfen

Titel: Das Erbe der Elfen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrzej Sapkowski
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in späteren Zeiten, nach den Elfen, errichtet hatte. Überall war es sauber, ruhig und würdevoll – jegliche Art von Handel und bezahlten Dienstleistungen war hier verboten, ganz zu schweigen von Kurzweil und leiblichen Freuden.
    Durch die Parkalleen schritten die Schüler, in Bücher und Pergamente vertieft. Andere, die auf den Bänken und Rasenflächen saßen, legten einander die Hausaufgaben dar, diskutierten oder spielten diskret Gerade-Ungerade, Ziegenbock, Misthaufen oder andere Intelligenz erfordernde Spiele. Würdevoll und gemessenen Schrittes spazierten hier auch Professoren einher, in Gespräche und Dispute vertieft. Es waren junge Bakkalaurei unterwegs, den Blick auf die Hinterteile der Studentinnen geheftet. Rittersporn stellte mit Freude fest, dass sich seit seiner Zeit an der Akademie nichts verändert hatte.
    Der Wind kam vom Delta her und brachte einen Hauch von Meer mit und den etwas stärkeren Gestank von Schwefelwasserstoff aus Richtung des imposanten Gebäudes des Lehrstuhls für Alchimie, das über dem Kanal aufragte. In den Büschen des an die Dormitorien der Studenten anschließenden Parks zwitscherten graugelbe Grünfinken, und auf einer Pappel saß ein Orang-Utan, der sicherlich aus dem Tiergehege beim Lehrstuhl für Naturgeschichte entlaufen war.
    Ohne Zeit zu verlieren, marschierte der Dichter zügig durch das Labyrinth von kleinen Alleen und Hecken. Er kannte das Universitätsgelände wie die eigene Westentasche, was kein Wunder war – er hatte vier Jahre lang hier studiert und danach ein Jahr lang am Lehrstuhl für Minnesang und Poesie Vorlesungen gehalten. Die Dozentur hatte man ihm angetragen, als er das Abschlussexamen mit Auszeichnung bestanden und die Professoren verblüfft hatte, bei denen er während des Studiums den Ruf eines Faulpelzes, Herumtreibers und Idioten erworben hatte. Später dann, als er mehrere Jahre lang mit der Laute durchs Land gereist war und sein Ruhm als Minnesänger weit und breit anwuchs, begann die Akademie mit Nachdruck, sich bei ihm um Besuche und Gastvorlesungen zu bemühen. Rittersporn ließ sich meist nicht lange bitten, denn die Neigung zum Herumschweifen kämpfte in ihm fortwährend mit dem Hang zu Bequemlichkeit, Luxus und ständigen Einnahmen. Wie auch, keine Frage, mit seiner Sympathie für das Städtchen Oxenfurt.
    Er schaute sich um. Die beiden Individuen, die weder Okarinas noch Schalmeien oder Lauten erworben hatten, folgten ihm mit einigem Abstand, wobei sie aufmerksam die Baumwipfel und die Häuserfassaden betrachteten.
    Sorglos vor sich hin pfeifend, änderte der Dichter die Marschrichtung und ging auf das kleine Palais zu, das den Lehrstuhl für Medizin und Arzneikunde beherbergte. Die Allee, die dorthin führte, wimmelte von Studentinnen in den charakteristischen hellgrünen Gewändern. Rittersporn schaute sich gründlich um, suchte bekannte Gesichter.
    »Shani!«
    Die ziemlich junge Medizinstudentin mit den dunkelroten, gleich unter den Ohren abgeschnittenen Haaren hob den Blick vom Anatomieatlas, stand von der Bank auf. »Rittersporn!« Sie lächelte und blinzelte mit den fröhlichen braunen Augen. »Eine Ewigkeit hab ich dich nicht gesehen! Komm, ich stell dich meinen Freundinnen vor. Sie vergöttern deine Gedichte  ...«
    »Später«, murmelte der Barde. »Schau unauffällig hinüber, Shani. Siehst du die beiden dort?«
    »Spitzel.« Sie rümpfte das Stupsnäschen, schnaufte und ließ Rittersporn nicht zum ersten Mal über die Leichtigkeit staunen, mit der die Schüler Fahnder, Spitzel und Zuträger erkannten. Die Aversion der Studenten gegen die Geheimdienste war sprichwörtlich, wenngleich nicht besondern rational. Das Gelände der Universität war exterritorial und heilig, die Studenten und Dozenten waren immun – die Dienste schnüffelten zwar, wagten es aber nicht, den Akademikern lästig zu fallen.
    »Sie folgen mir seit dem Markt«, sagte Rittersporn und tat so, als umarme er die Medizinstudentin und poussiere mit ihr. »Tust du mir einen Gefallen, Shani?«
    »Kommt darauf an.« Das Mädchen bewegte den hübschen Hals hin und her wie ein erschrockenes Reh. »Wenn du wieder in eine dumme Sache hineingeraten bist  ...«
    »Nein, nein«, beruhigte er sie rasch. »Ich will nur eine Nachricht übermitteln, und selber kann ich das nicht mit dieser Scheiße, die sich mir an die Absätze geklebt hat  ...«
    »Soll ich die Jungs rufen? Ich brauche nur zu schreien, und sofort bist du die Spitzel los.«
    »Gib Ruhe. Willst du,

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