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Das Erbe der Elfen

Das Erbe der Elfen

Titel: Das Erbe der Elfen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrzej Sapkowski
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Tiefe.
    Geralt ergriff eine Leine, die ihm geradewegs übers Gesicht fiel. Ein Bootshaken verletzte ihn schmerzhaft an der Seite, als er ihm unter den Gürtel geschoben wurde. Er fühlte einen Ruck, wurde emporgezogen, von vielen Händen gehalten, wälzte sich über die Reling und fiel auf die Decksplanken, verströmte Wasser, Schlick, Tang und Blut. Ringsum drängten sich Passagiere, die Besatzung der Schute und die Zöllner. Der Zwerg mit den Fuchspelzen und Olsen schossen, über die Bordwand gebeugt, Pfeile ab. Everett, nass und grün von Wassermoos, klapperte in den Armen der Mutter mit den Zähnen, heulte und erklärte allen, dass er es nicht gewollt hatte.
    »Herr Geralt!«, brüllte ihm Pletscherper ins Ohr. »Ihr lebt doch?«
    »Mist  ...« Der Hexer spuckte Wasserpflanzen aus. »Ich bin für das alles schon zu alt  ... zu alt  ...«
    Neben ihnen ließ der Zwerg die Sehne los, und Olsen schrie freudig auf. »Glatt ins Gekröse! Wa-ha-ha! Ein schöner Schuss, Herr Kürschner! He, Boratek, gib ihm etwas Geld zurück! Mit diesem Schuss hat er sich einen Zollnachlass verdient!«
    »Wartet  ...«, krächzte der Hexer und versuchte vergebens, auf die Füße zu kommen. »Schießt sie nicht alle ab, zum Teufel! Ich brauche jemanden lebendig!«
    »Wir haben noch einen übrig gelassen«, versicherte der Zöllner. »Den Glatzkopf, der sich mit mir angelegt hat. Gleich fischen wir ihn heraus. Gebt Bootshaken her!«
    »Eine Entdeckung! Eine große Entdeckung!«, schrie Linus Pitt, der an der Bordwand auf und ab sprang. »Eine völlig neue, der Wissenschaft unbekannte Art! Ein absolutes Unikat! Ach, wie dankbar ich Euch bin, Herr Hexer! Diese Art wird fortan in den Büchern verzeichnet sein als  ... als 
Geraltia maxiliosa pitti

    »Herr Bakkalaureus«, stöhnte Geralt, »wenn Ihr mir wirklich Dank erweisen wollt  ... dann soll dieses Mistvieh doch 
Everetia
 heißen.«
    »Auch schön«, stimmte der Gelehrte zu. »Ach, was für eine Entdeckung! Was für ein einmaliges, wunderbares Exemplar! Sicherlich das einzige, das im Delta lebt  ...«
    »Nein«, sagte Pletscherper plötzlich finster. »Nicht das einzige. Seht!«
    Ein an ein nahes Inselchen anschließender Teppich von Seerosen erzitterte, begann heftig zu wogen. Sie sahen Wellen, dann einen großen, länglichen Körper, der an einen durchgefaulten Baumstamm erinnerte, welcher rasch seine zahlreichen Extremitäten bewegte und mit den Scheren klapperte. Der Kahlkopf schaute sich um, schrie gellend auf und schwamm, brachte mit Armen und Beinen das Wasser zum Schäumen.
    »Was für ein Exemplar, was für ein Exemplar«, notierte Pitt eilends, aufs Äußerste erregt. »Greifextremitäten am Kopf, vier Paar Kieferbeine  ... starker Schwanzfächer  ... scharfe Scheren  ...«
    Der Kahle schaute abermals zurück, schrie noch durchdringender. Die 
Everetia maxiliosa pitti
 aber streckte die Greifextremitäten am Kopf aus und schlug kräftiger mit dem Schwanzfächer. Der Kahle wühlte beim verzweifelten und hoffnungslosen Fluchtversuch das Wasser auf.
    »Möge ihm das Wasser leicht sein«, sagte Olsen. Die Mütze nahm er aber nicht ab.
    »Mein Papa«, verkündete Everett zähneklappernd, »kann schneller schwimmen als dieser Herr!«
    »Bringt das Kind hier weg«, knurrte der Hexer.
    Das Ungeheuer öffnete die Scheren, klappte mit den Kiefern. Linus Pitt wurde blass und wandte sich ab.
    Der Kahlköpfige schrie kurz auf, schluckte Wasser und verschwand unter der Oberfläche. Im Wasser begann ein dunkles Rot zu wogen.
    »Mist.« Geralt setzte sich schwerfällig auf dem Deck auf. »Ich bin dafür schon zu alt  ... entschieden zu alt  ...«
     
    Was gab es da groß zu sagen – Rittersporn liebte das Städtchen Oxenfurt einfach.
    Das Gebiet der Universität war von einem Mauerring umgeben, dafür zog sich um die Mauer ein weiterer Ring – der große, lärmende, atemlose, regsame und geschwätzige Ring des Städtchens. Des hölzernen, bunten Städtchens Oxenfurt mit den engen Gassen und den spitzen Dächern. Des Städtchens Oxenfurt, das von der Akademie lebte, von den Schülern, Dozenten, Gelehrten, Forschern und ihren Gästen, das von der Wissenschaft lebte, von dem, was den Erkenntnisprozess begleitet. Denn aus den Abfällen und Splittern von Theorien entstanden im Städtchen Oxenfurt Praxis, Geschäft und Gewinn.
    Der Dichter ritt langsam eine schmutzige, volkreiche Gasse entlang, vorbei an Werkstätten, Geschäften, Läden und Lädchen, in denen

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