Das Erbe der Elfen
keinen Preis mit dir reden wollen, ganz zu schweigen davon, dass er bereit wäre, Geheimdiensten zu helfen. Und einen Haken für ihn hast du nicht.«
»Du irrst dich«, sagte der Spion. »Habe ich. Und nicht nur einen. Aber vorerst genügt mir dieses Hauen und Stechen bei der Eibenbucht. Weißt du, wer die Leute waren, die da an Bord kamen? Das waren keine Leute von Rience.«
»Das ist mir nicht neu«, erklärte der Dichter gelassen. »Ich bin mir sicher, dass das ein paar von den Lumpen waren, an denen es bei der temerischen Wache nicht mangelt. Rience hat nach dem Hexer gefragt, wahrscheinlich für Nachrichten über ihn hübsche Summen versprochen. Es war klar, dass ihm an dem Hexer viel gelegen ist. Also haben ein paar Schlaumeier versucht, sich Geralt zu greifen, ihn in irgendein Loch zu stecken und dann an Rience zu verkaufen, wobei sie die Bedingungen diktiert und möglichst viel herausgeholt hätten. Denn für die Information allein hätten sie wenig oder überhaupt nichts bekommen.«
»Meinen Glückwunsch zu dem Scharfsinn. Dem Hexer, versteht sich, nicht dir, du wärst niemals darauf gekommen. Aber die Sache ist komplizierter, als es dir scheint. Wie sich nämlich zeigt, interessieren sich meine Kollegen, die Leute von König Foltests Geheimdienst, auch für den Herrn Rience. Sie haben den Plan jener, wie du dich ausdrückst, Schlaumeier durchschaut. Sie waren es, die an Bord der Schute kamen; sie wollten sich den Hexer greifen. Vielleicht als Köder für Rience, vielleicht zu einem anderen Zweck. Bei der Eibenbucht hat der Hexer temerische Agenten ins Jenseits befördert, Rittersporn. Ihr Chef ist sehr, sehr böse. Du sagst, Geralt ist abgereist? Ich hoffe, nicht nach Temerien. Von dort kommt er vielleicht nicht wieder.«
»Und das ist dein Haken?«
»Klar doch. Genau das. Ich kann die Sache mit den Temeriern regeln. Aber nicht umsonst. Wohin ist dein Hexer abgereist, Rittersporn?«
»Nach Nowigrad«, log der Troubadour, ohne zu überlegen. »Er will dort Rience suchen.«
»Ein Fehler, ein Fehler.« Der Spion lächelte und tat so, als habe er die Lüge nicht bemerkt. »Siehst du, es ist doch schade, dass er seine Abneigung nicht überwunden und sich mit mir getroffen hat. Ich hätte ihm die Mühe erspart. Rience ist nicht in Nowigrad. Dafür wimmelt es dort von temerischen Agenten. Wahrscheinlich warten sie auf den Hexer. Sie haben schon herausgefunden, was ich seit langem weiß. Nämlich, dass der Hexer Geralt von Riva, wenn man ihn entsprechend befragt, auf eine Vielzahl von Fragen antworten kann. Auf Fragen, die sich allmählich die Geheimdienste aller Vier Königreiche stellen. Die Abmachung ist einfach. Der Hexer kommt hierher in den Lehrstuhl und beantwortet mir diese Fragen. Und dann hat er seine Ruhe. Ich beschwichtige die Temerier und sorge für seine Sicherheit.«
»Um was für Fragen handelt es sich? Vielleicht könnte ich darauf antworten?«
»Mach dich nicht lächerlich, Rittersporn.«
»Trotzdem«, meldete sich plötzlich Philippa Eilhart zu Wort, »vielleicht könnte er es? Vielleicht würde er uns Zeit sparen? Vergiss nicht, Dijkstra, dass unser Dichter bis zum Hals in dieser Affäre steckt, und ihn haben wir hier, den Hexer noch nicht. Wo ist das Kind, mit dem Geralt in Kaedwen gesehen wurde? Das Mädchen mit aschblonden Haaren und grünen Augen? Die, nach der dich Rience damals in Temerien gefragt hat, als er dich festgespannt und gefoltert hat? Was, Rittersporn? Was weißt du von dem Mädchen? Wo hat der Hexer sie versteckt? Wohin ist Yennefer gereist, nachdem sie einen Brief von Geralt erhalten hatte? Wo verbirgt sich Triss Merigold, und welche Gründe hat sie, sich zu verbergen?«
Dijkstra regte sich nicht, doch an dem kurzen Blick, den er auf die Zauberin warf, erkannte Rittersporn, dass der Spion überrascht war. Die Fragen, die Philippa genannt hatte, waren offensichtlich zu früh gestellt worden. Und an die falsche Adresse. Die Fragen machten den Eindruck, als seien sie voreilig und leichtfertig. Das Problem war nur, dass man Philippa Eilhart alles Mögliche vorwerfen konnte – außer Voreiligkeit und Leichtfertigkeit.
»Tut mir leid«, sagte er langsam, »aber auf keine von diesen Fragen kenne ich die Antwort. Ich würde euch helfen, wenn ich könnte. Aber ich kann nicht.«
Philippa schaute ihm geradezu in die Augen. »Rittersporn«, presste sie hervor. »Wenn du weißt, wo sich das Mädchen aufhält, dann sag es uns. Ich verbürge mich dafür, dass es sowohl mir als
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