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Das Erbe der Elfen

Das Erbe der Elfen

Titel: Das Erbe der Elfen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrzej Sapkowski
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auch Dijkstra ausschließlich um ihre Sicherheit geht. Um ihre Sicherheit, die gefährdet ist.«
    »Ich zweifle nicht daran«, log der Dichter, »dass es euch gerade darum geht. Aber ich weiß wirklich nicht, wovon ihr redet. Ich habe das Kind, das euch so sehr interessiert, mein Lebtag noch nicht gesehen. Und Geralt  ...«
    »Geralt«, unterbrach ihn Dijkstra, »hat dich nicht eingeweiht, hat kein Sterbenswörtchen gesagt, obwohl ich nicht daran zweifele, dass du ihn mit Fragen überhäuft hast. Was meinst du wohl, warum, Rittersporn? Hat dieser einfältige Mensch, der Spione verabscheut, vielleicht gespürt, wer du wirklich bist? Lass ihn in Ruhe, Philippa, es ist schade um die Zeit. Er weiß einen Scheißdreck, lass dich nicht von seiner schlauen Miene und dem vielsagenden Lächeln täuschen. Er kann uns auf eine einzige Weise helfen. Wenn der Hexer aus seinem Versteck auftaucht, wird er zu ihm Verbindung aufnehmen und zu sonst niemandem. Er hält ihn, stell dir vor, für einen Freund.«
    Rittersporn hob langsam den Kopf. »In der Tat«, bestätigte er. »Dafür hält er mich. Und stell dir vor, Dijkstra, nicht ohne Grund. Nimm das endlich zur Kenntnis und ziehe die Schlussfolgerungen. Hast du sie gezogen? Also, dann kannst du es jetzt mit Erpressung versuchen.«
    »Na, na.« Der Spion lächelte. »Du bist in diesem Punkt aber empfindlich. Aber nichts für ungut, Dichter. Ich habe nur Spaß gemacht. Erpressung unter Kumpels? Kommt gar nicht in Frage. Und deinem Hexer, glaub mir, wünsche ich nichts Böses, und ich gedenke ihm nicht zu schaden. Wer weiß, vielleicht einige ich mich sogar mit ihm zum beiderseitigen Vorteil? Doch damit es dazu kommt, muss ich mich mit ihm treffen. Wenn er auftaucht, führ ihn zu mir. Ich bitte dich sehr darum, Rittersporn. Ich bitte dich sehr. Hast du verstanden, wie sehr?«
    Der Troubadour lachte auf. »Ich habe verstanden, wie sehr.«
    »Ich würde gern glauben, dass es wirklich so ist. Na, aber jetzt geh. Ori, begleite den Herrn Troubadour zum Ausgang.«
    »Mach’s gut.« Rittersporn stand auf. »Ich wünsche Erfolg bei der Arbeit und im persönlichen Leben. Meine Reverenz, Philippa. Ach, und eines noch, Dijkstra! Die Agenten, die mir nachschleichen. Ruf sie zurück.«
    »Natürlich«, log der Spion. »Das tu ich. Das wirst du mir doch wohl glauben?«
    »Gewiss«, log der Dichter. »Ich glaube es dir.«
     
    Rittersporn hielt sich bis zum Abend im Gebiet der Akademie auf. Die ganze Zeit schaute er sich aufmerksam um, bemerkte aber keine ihm folgenden Spitzel. Und gerade das beunruhigte ihn am meisten.
    Am Lehrstuhl für Minnesang hörte er sich eine Vorlesung über klassische Poesie an. Anschließend schlummerte er süß in einem Seminar über moderne Poesie. Ihn weckten Bakkalaurei, mit denen er bekannt war und die er zum Lehrstuhl für Philosophie begleitete, um an einem langen und stürmischen Disput zum Thema »Wesen und Ursprung des Lebens« teilzunehmen. Noch ehe es dunkel wurde, war die Hälfte der Disputanten blau wie Veilchen, und die Übrigen schickten sich an, handgreiflich zu werden, überschrien einander und machten einen unbeschreiblichen Lärm. All das kam dem Dichter zupass.
    Er verdrückte sich unbemerkt auf den Dachboden, kletterte durch die Luke hinaus und an der Regenrinne hinab aufs Dach der Bibliothek, sprang aufs Dach des Prosektoriums hinüber, wobei er sich um ein Haar ein Bein gebrochen hätte. Von dort gelangte er in den Garten, der an die Mauer grenzte. Inmitten des dichten Stachelbeergebüschs fand er das Loch, das er noch als Student selbst vergrößert hatte. Jenseits des Loches lag schon das Städtchen Oxenfurt.
    Er tauchte in die Menschenmenge ein, huschte dann durch Seitengassen, schlug dabei Haken wie ein von Jagdhunden verfolgter Hase. Als er den Wagenschuppen erreichte, wartete er, im Schatten verborgen, eine gute halbe Stunde. Nachdem er nichts Verdächtiges bemerkt hatte, stieg er die Leiter hinan auf den Boden, sprang aufs Dach des bekannten Bierbrauers Wolfgang Amadeus Ziegenbart hinüber. An die bemoosten Dachschindeln geklammert, kam er schließlich ans Fensterchen der richtigen Mansarde. In der Kammer hinter dem Fenster brannte ein Öllämpchen. Unsicher auf der Dachrinne stehend, klopfte Rittersporn gegen die Bleifassung der Scheiben. Das Fenster war nicht verschlossen, bei dem leichten Schlag ging es auf.
    »Geralt! He, Geralt!«
    »Rittersporn? Warte  ... Komm nicht rein, bitte  ...«
    »Wieso ›komm nicht rein‹? Was heißt

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