Das Erbe der Jedi-Ritter 14 - Wege des Schicksals
Jedi-Kodex ist da sehr deutlich: Wir handeln nicht aus Leidenschaft, sondern aus Gelassenheit.«
Vergere verlagerte auf ihrem Hocker das Gewicht »Jetzt verstehe ich«, sagte sie. »Unsere Differenzen haben damit zu tun, was wir als Ursprung der Gelassenheit betrachten. Ihr glaubt, Gelassenheit ist Abwesenheit von Leidenschaft, aber ich glaube, sie ist eine Folge des Wissens, und vor allem des Wissens über sich selbst.«
»Wenn Leidenschaft der Gelassenheit nicht entgegensteht«, sagte Luke, »wieso drückt es der Jedi-Kodex dann so aus?«
»Weil die Folgen dieser beiden geistigen Verfassungen einander entgegengesetzt sind. Ungezügelte Leidenschaft führt zu Taten, die übereilt, unbedacht und häufig destruktiv sind. Gelassenheit andererseits kann durchaus auch dazu führen, dass man überhaupt nicht handelt − und wenn man es tut, dann führt Gelassenheit zu Taten, die aus Wissen und Überlegung hervorgehen, wenn nicht gar aus Weisheit.« Sie verzog den breiten Mund auf eine Art, die ein Lächeln nahe legte. »Ich bin dran.«
»Ich habe meine Frage noch nicht gestellt.«
»Entschuldigt bitte, aber Ihr habt eine Frage über den Jedi-Kodex gestellt. Ich habe geantwortet.«
Luke seufzte. »Also gut. Obwohl es mir so vorkommt, als mache ich Euch häufig Zugeständnisse.«
»Im Gegenteil. Ihr handelt aus gelassener Selbsterkenntnis.«
Luke lachte. »Wenn Ihr meint.«
»Ganz bestimmt« Vergere strich sich über die zarten Schnurrhaare und dachte über ihre nächste Frage nach. »Ich hatte den Eindruck, dass Ihr bei Eurem letzten Besuch zornig auf mich wart. Ihr glaubtet, ich hätte Eurem Schüler bewusst Schaden zugefügt − was durchaus zutraf −, aber Euer Zorn ließ ein wenig nach, als ich meine Motivation erläuterte.«
»Das ist wahr«, gab Luke zu.
»Meine Frage lautet nun: War dieser Zorn dunkel? War es eine bösartige Leidenschaft, die Euch erfasst hat, von solcher Art, dass die Dunkle Seite Euch in der Folge hätte überwältigen können?«
Luke bedachte seine Antwort sorgfältig. »Das hätte so sein können. Wenn ich diesen Zorn genutzt hätte, um Euch zu schlagen oder Euch anderweitig Schaden zuzufügen, besonders durch die Macht, dann wäre es eine dunkle Leidenschaft gewesen.«
»Junger Meister, ich bin der Ansicht, dass der Zorn den Ihr empfandet, natürlich und nützlich war. Ich habe bewusst Schaden zugefügt − körperliche Schmerzen und seelische Qual, über Wochen hinweg − , und das einem jungen Mann, für den Ihr die Verantwortung übernommen hattet und dem gegenüber Ihr ein gewisses Maß an Liebe empfindet. Selbstverständlich wart Ihr zornig. Selbstverständlich wolltet Ihr mir den dünnen kleinen Hals umdrehen. Wenn Ihr entdeckt, dass jemand einem hilflosen Opfer Schmerz zugefügt hat, ist es nur natürlich, zornig auf diese Person zu sein. Es ist eine ebenso natürliche Emotion wie das Mitgefühl mit dem Opfer.«
Vergere schwieg, und Luke ließ zu, dass das Schweigen andauerte.
Schließlich nickte Vergere. »Also gut, junger Meister. Ihr habt recht, wenn Ihr sagt, dass es dunkel gewesen wäre, in meine Zelle einzudringen und mir mithilfe der Macht Schaden zuzufügen. Aber das habt Ihr nicht getan. Stattdessen hat Euer Zorn Euch dazu gebracht, mit mir zu sprechen und die Gründe für mein Handeln herauszufinden. Bis zu diesem Grad war Euer Zorn nicht nur natürlich, sondern nützlich. Er führte zu größerem Verständnis auf beiden Seiten.«
Sie hielt inne. »Ich werde jetzt eine rhetorische Frage stellen«, sagte sie. »Ihr braucht sie nicht zu beantworten.«
»Danke für die Warnung.«
»Meine rhetorische Frage lautet: Warum war Euer Zorn nicht dunkel? Und die Antwort ist: weil Ihr ihn verstanden habt. Ihr verstandet den Grund für Eure Emotion, und deshalb hatte der Zorn keine Macht über Euch.«
Luke dachte einen Moment nach. »Ihr geht also davon aus«, sagte er, »dass das Verständnis einer Emotion verhindert, dass sie dunkel wird.«
»Blinde Leidenschaft ist die Domäne der Dunkelheit«, sagte Vergere. »Aber eine Emotion, die verstanden wird, ist nicht blind. Deshalb führt der Weg zur Selbstbeherrschung über die Selbsterkenntnis.« Ihre schrägen Augen wurden größer. »Es ist nicht möglich, alle Gefühle zu unterdrücken, und es ist auch nicht wünschenswert. Eine emotionslose Person ist nichts weiter als eine Maschine. Aber es ist tatsächlich möglich, den Ursprung und das Wesen von Gefühlen zu verstehen.«
»Als Darth Vader und der Imperator mich
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