Das Erbe der Jedi-Ritter 17 - Wider aller Hoffnung
lagen wie tausend Grabsteine, wusste sie, dass das Yuuzhan-Vong-Mädchen nicht gelogen hatte. Es hatte keinen Sinn, dies noch länger zu leugnen. Ihr Geist war unauflöslich mit dem von Riina verbunden, sie waren ineinander verwachsen wie die Wurzeln von Bäumen − und so war es schon seit Yavin 4 gewesen. Es gab keine Möglichkeit, eine von ihnen zu verletzen, ohne auch der anderen eine Wunde zuzufügen. Sie waren wie siamesische Zwillinge, verbunden an einer Stelle, die kein Chirurgenskalpell je erreichen konnte: in ihrem Geist.
Was sind wir also?, fragte sie. Yuuzhan Vong? Jedi?
Wir sind beides, sagte Riina. Und nichts von beiden. Das müssen wir akzeptieren und dieses hybride Geschöpf annehmen, zu dem wir geworden sind. Wir müssen verschmelzen, Tahiri, und eins werden.
Aber wer wird dieses Geschöpf sein?
Du wirst jemand Neues sein, sagte Riina. Und stark.
Tahiri brachte kein Wort mehr heraus. Ihre Tränen erstickten ihre Gedanken. Sie starrte in die Schatten und suchte nach dem Schuldgeschöpf, das sich dort verbarg. Sollte sie Riina auf diese Art »annehmen«? Indem sie dieses Geschöpf tötete? Würden sie dann gemeinsam aus diesem schrecklichen Albtraum erwachen? Auf einer gewissen Ebene fühlte es sich richtig an, aber auf einer anderen schien es … dunkel. Es fühlte sich falsch an. Und dennoch schien es keine andere Möglichkeit zu geben.
Ein Ruf erklang aus der Dunkelheit. Das Schattengeschöpf, das ihre Schuldgefühle repräsentierte, rief erneut nach ihr. Sie verstand die Worte nicht, aber der Tonfall war deutlich genug.
Meine Schuld ruft nach mir, sagte sie.
Es gibt keinen Grund, dich schuldig zu fühlen!, erklärte Riina energisch.
Meine Liebe ist tot, und ich bin am Leben. Und ich trage den Kuss, den er mit mir teilen wollte, immer noch in mir. Ich sagte ihm, er könne ihn später haben, aber es gab kein Später. Oder?
Glaubst du, dass man dich deshalb anklagt? Das sind nicht die Worte deiner Schuld, Tahiri, das sind deine eigenen Worte!
Woher weißt du, was ich empfinde?
Woher ich das weiß? Hast du denn nicht zugehört, als ich mit dir sprach? Wir haben ein und denselben Geist!
Tahiri wich angewidert vor der Idee zurück, obwohl sie wusste, dass das der Wahrheit entsprach. Sie kämpfte immer noch dagegen an. Ihre Gedanken waren ihrem Yuuzhan-Vong-Zwilling die ganze Zeit zugänglich gewesen!
Du hast dich selbst bestraft, hast uns bestraft, sagte Riina, und das hat nichts mit Anakins Tod zu tun oder damit, dass du diesen Kuss zurückgehalten hast.
Was ist es denn sonst?
Du fühlst dich schuldig, weil du dein Leben weitergeführt hast. Es geht nicht darum, dass du noch lebst, sondern dass du gelernt hast, ohne Anakin zu leben. Es geht darum, dass du geheilt bist, und du denkst, dass das nicht so sein sollte.
Tahiri wollte das abstreiten, aber sie konnte es nicht. Die Wahrheit brannte auf eine Weise in ihr, die sie nicht ignorieren konnte.
Du musst loslassen, Tahiri. Darin liegt keine Schande. Es ist Zeit, mit dem Trauern aufzuhören. Du hast bereits aufgehört, du weißt es nur noch nicht. Das ist alles.
Bitterkeit umwölkte Tahiris Wahrnehmung. Sie hasste Riina dafür, dass sie die Worte ausgesprochen hatte, die die Wahrheit über ihre Gefühle enthüllten. Zornig warf sie das Lichtschwert ins Dunkel. Es wirbelte wild durch die Luft und erhellte die Schatten, beleuchtete die Felsen und Steine des Weltschiffs, in dem sie standen. Und während es durch die Dunkelheit schnitt, konnte sie spüren, wie ihre Trauer leichter wurde und sich verabschiedete − sie spürte so etwas wie ein Erwachen.
Ich weiß jetzt, was ich tun soll, sagte sie. Aber noch während sie es aussprach, erbebte sie bei dem Gedanken an alles, was sie zurücklassen würde. Die Solo-Familie, ihre Pflicht als Jedi, ihre Erinnerungen …
Aber, fragte sie sich plötzlich, wie viel davon gehörte tatsächlich ihr? Anakins Familie war nicht die ihre. Die Jedi-Ritter konnten gut ohne sie weitermachen. Und ihre Erinnerungen schienen ihr nur Schmerz zu bringen. Solange sie nicht der Dunklen Seite anheimfiel, konnte sie all dem mit ruhigem Gewissen den Rücken zuwenden …
Die Zeit des Denkens war vorüber. Langsam und mit einem Gefühl, als fiele sie, streckte sie die Hand aus, und das Lichtschwert kehrte in ihre Hand zurück.
Im gleichen Augenblick schienen sich die Schatten zu teilen. Sie sah klar und deutlich, was sie und Riina verfolgt hatte. Es war kein Gott aus den Eingeweiden eines fremdartigen Geistes, es war
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