Das Erbe der Lens
Problemen. Er analysierte und überprüfte seine Schlußfolgerungen und versuchte, sich darüber klarzuwerden, was er unternehmen konnte, wenn sein Versuch fehlschlug.
5
Autor Kinnison kämpfte mannhaft mit seinem Raumepos und leistete fast ebensoviel wie der wirkliche Whyte, der als temperamentvoller Schriftsteller bekannt war. Abgesehen von seinen zahlreichen Gesprächen mit Personen aller Gesellschaftsschichten nahm er oft an literarischen Zusammenkünften teil, die er dazu benutzte, lautstark über die Schwierigkeiten zu klagen, die er mit den Personen seiner Roman hatte. Mit kurzhaarigen Frauen und langmähnigen Männern diskutierte er über die Perversität einer Öffentlichkeit, die die Schriftsteller zur Kommerzialisierung ihres einzigartigen Genius zwang. Er sympathisierte vor allem mit einer beleibten Autorin von Kriminalromanen, deren unrealistischer und doch sehr populärer Held, ein Freier Lens-Träger, zehn Romane und eine Auflage von zwanzig Millionen Exemplaren überlebt hatte.
Sie vertraute ihm an, daß ihre eigentliche Stärke das Schreiben von Theaterstücken wäre und daß sie nicht zu den gewöhnlichen Schriftstellerinnen gerechnet werden könnte. Immerhin hatte sie eine Reihe von Freien Lens-Trägern
recht gut
gekannt, so daß ihre Romane in jeder Einzelheit dem
wahren
Leben entsprachen!
Es gelang Kinnison also, seiner Rolle auch auf diesem Gebiet gerecht zu werden und sich seiner eigentlichen Aufgabe in Ruhe zu widmen – der Aufgabe, herauszufinden, was die Boskonier planten, und wie sie auf Radelix vorgehen wollten.
Zuerst beschäftigte er sich eingehend mit dem Präsidenten des Planeten. Das war nicht einfach und kostete Zeit, aber er schaffte es. Vorsichtig drang er in den Geist des Mannes ein und forschte nach den Spuren eines künstlichen Eingriffs. Vergeblich. Dann wandte er sich der Vergangenheit des Präsidenten zu, ohne jedoch auf verdächtige Momente zu stoßen. Es schien alles in Ordnung zu sein, so daß seiner ersten Hypothese der Boden entzogen wurde. Invasion und Sabotage erfolgten also von außerhalb. Aber wie?
Den ersten Flugblättern folgten weitere, und die Texte nahmen an Schärfe zu. Scheinbar materialisierte das Papier in der Stratosphäre – doch obwohl man sehr darauf achtete, waren keine Schiffe festzustellen. Aber das war im Grunde nicht verwunderlich, denn mit Hilfe seines trägheitslosen Antriebs konnte sich jedes Schiff entfernt haben, ehe das Papier die Atmosphäre erreichte. Vielleicht hatte man die Flugblätter auch mit Spezialgeschossen oder sogar durch einen Hypertunnel herabbefördert. Die Methode war im Grunde unwichtig – nur die Ergebnisse zählten, die nach den Feststellungen der Lens-Träger in keinem Verhältnis zu den offensichtlichen Ursachen standen. Die Flugblätter hatten natürlich eine gewisse Wirkung, doch eine derart schnelle Auflösung der öffentlichen Ordnung konnte nicht allein auf diese Art von Propaganda zurückzuführen sein.
Überall bildeten sich Gruppen und Bewegungen, deren Ziele vom Absolutismus bis zur Anarchie reichten. Es entstanden kultische Vereinigungen, die die freie Liebe, das Ende der Welt und andere extreme Ziele predigten. Die Autorenvereinigung wurde von der neuen Bewegung natürlich heftiger ergriffen als andere Organisationen gleicher Größe, denn ein Großteil ihrer Mitglieder neigte zu ausgesprochen extremen Auffassungen. Die Vereinigung entwickelte sich allerdings nicht zu einer einheitlich radikalen Gruppe, sondern zerfiel in ein Dutzend kleiner Fraktionen.
Kinnison schloß sich einem dieser revolutionären Klubs an, nahm an einer der ersten Versammlungen teil und machte sich in aller Ruhe daran, die Gehirne seiner Genossen zu studieren. Er verfolgte die Veränderungen, die in diesen Gehirnen vorging, und stellte schließlich auch fest, wer dafür verantwortlich war. Als er selbst an die Reihe kam, machte er sich auf den Kampf mit einem mächtigen Geist gefaßt. Es hätte ihn nicht sonderlich überrascht, wenn er es plötzlich wieder mit einem entarteten Arisier zu tun gehabt hätte, der sich in einer Hypnosezone verbarg. Mit dem, was er tatsächlich feststellte, rechnete er allerdings nicht – er stieß auf einen ganz gewöhnlichen radeligianischen Therapeuten. Der Mann war nicht ungeschickt, hatte jedoch den geistigen Kräften einen Lens-Trägers nichts entgegenzusetzen. Es bereitete Kinnison keine Schwierigkeiten, sich das Wissen des Radeligianers anzueignen und ihn davon zu überzeugen, daß sich
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