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Das Erbe der Lens

Das Erbe der Lens

Titel: Das Erbe der Lens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edward E. Smith
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ob es wirklich einen unbekannten Besucher gegeben hatte, der sich, wie die Boskonier annehmen mußten, im Feuer der Projektoren in seine Atome aufgelöst hatte. Trotzdem wartete Nadreck ab, bis die erhöhte Alarmbereitschaft in der Station wieder aufgehoben war.
    Dann begann er aktiv zu werden.
    Zuerst ging er äußerst langsam vor. Um einen Millimeter in der Stunde bewegte er seinen Spezialbohrer voran, der mit besonders eingestellten Schutzschirmen synchronisiert war, und arbeitete sich auf diese Weise durch einen Verteidigungsschirm nach dem anderen. Schließlich gelangte er in die Kommandokuppel. Der Stützpunkt war nur klein, und seine Mannschaft bestand aus Onlo-Flüchtlingen, die zum Großteil sehr wild und zügellos waren. Um die Onlonianer während der langen Dienstzeiten unter Kontrolle zu behalten, stand dem Kommandanten des Stützpunkts ein Psychotherapeut zur Seite, dessen Vollmachten fast unbeschränkt waren. Dieser Umstand und die Tatsache, daß alle Boskonier zusammen in einer Kuppel lebten, erleichterten Nadreck seine Aufgabe sehr.
    Die Psychologe trug natürlich wie alle anderen Männer einen Multiplex-Gedankenschirm, doch das kümmerte Nadreck wenig. Kinnison hatte solche Schirme mehr als einmal unschädlich – nicht nur mit eigenen Händen, sondern auch mit Hilfe verschiedener Tiere. Nadreck verschaffte sich die Unterstützung einer quasi-vierdimensionalen Lebensform, die einen dreidimensionalen Wesen nicht begreiflich ist, und war bald in den Geist des Onlonianers vorgedrungen.
    Der Psychologe kannte die Schwächen seiner Leute. Es war seine Pflicht, diese Schwächen zu beobachten und zu kontrollieren und jeden seiner Pfleglinge so zu beeinflussen, daß die täglichen Reibereien auf eine Minimum reduziert wurden. Unter Nadrecks Einfluß änderte er seine Methode völlig. Neid, Haß und Furcht wuchsen und wurden Besessenheit. Die Grenzen der Vernunft verwischten sich.
    Es ist unmöglich, all die Leidenschaften des Bösen aufzuzählen, die in dieser Kuppel zum Ausbruch drängten und von Nadreck rücksichtslos gefördert wurden. Wie der Spieler eines satanischen Instrumentes berührte er hier und da einen empfindlichen Nerv, und brachte die gesamte Mannschaft – mit Ausnahme des Kommandanten – gleichzeitig zum Rasen, ohne daß ein Zeichen seines Einflusses sichtbar wurde.
    Einer der Onlonianer stolperte und stieß seinen Nachbarn an, in dessen Augen der kleine Zusammenstoß zu einem tödlichen Angriff wurde. Ein versteckter Projektor flammte auf. Der Schütze leerte seine ganzes Magazin, um gleich darauf von einem Dritten niedergestreckt zu werden. Jetzt war die Katastrophe nicht mehr aufzuhalten. Mit Waffen aller Art gingen die Onlonianer aufeinander los. Wie Nadreck feststellte, dauerte das blutige Ereignis genau achtundneunzig Sekunden – vom ersten Zusammenstoß bis zum Tod des letzten Onlonianers.
    Als das Gemetzel vorüber war, verließ der onlonianische Kommandant seine abgeschirmte Zentrale und sah sich um. Er stand vor einem Rätsel. In seiner Verwirrung war er eine leichte Beute für den palainianischen Lens-Träger, der in seinen Geist eindrang und nicht ganz unerwartet feststellte, daß das Wesen nur wenig wußte.
    Nadreck ließ ein kleines Gerät im Büro des Kommandanten zurück, nahm seinen Gefangenen mit an Bord und begann unterwegs mit einer sorgfältigen Analyse des boskonischen Geistes, der jedoch offenbar von einem Meister behandelt worden war, denn Nadreck konnte nicht die geringste Spur eines fremden Eingriffs feststellen. Es fand sich nicht der geringste Hinweis auf das Kodewort, das das interessante Wissen freigab – der Boskonier wußte nur, daß er seinen Stützpunkt gegen jeden Eindringling zu halten hatte und daß das Raumboot solange wie möglich frei im All herumirren und von Zeit zu Zeit einen bestimmten Lockimpuls ausstrahlen sollte, der jeden Gegner in die Irre führen mußte.

    Der Gefangene schien nichts von Kandron oder Onlo oder Thrale zu wissen, von Boskone ganz zu schweigen, doch Nadreck ließ sich von seinem Ziel nicht abbringen. Jede Falle ließ sich irgendwie gegen den Fallensteller richten. Er wartete jetzt auf einen Funkimpuls des Gerätes, das er im Stützpunkt zurückgelassen hatte und wollte bis dahin die Planeten des Systems erforschen.
    Während er noch damit beschäftigt war, setzte sich Karen Kinnison mit ihm ihn Verbindung, die zu den wenigen warmblütigen Lebewesen gehörte, die er wirklich respektierte.
    »Bist du beschäftigt, Nadreck?«

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